Klassenkampf von oben - Betriebsräte im Visier - Konferenz gegen BR-Mobbing

ID 79455
Begrüßung und Programm Wolfgang Alles Aktionskomitee (Hauptteil)
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Begrüßung und Programm
http://www.gegen-br-mobbing.de/
3. Konferenz „BR im Visier” – Pressemitteilung

„Betriebsräte im Visier – Bossing, Mobbing Co.”
bundesweite Konferenz am 15. 10. 2016 im Gewerkschaftshaus Mannheim


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An der Konferenz werden vor allem von Bossing und Mobbing betroffene Betriebs- und Personalräte aus verschiedenen Branchen teilnehmen.

Die gewachsene Aggressivität gegenüber aktiven Mitgliedern von Interessenvertretungen ist ungebrochen. Unternehmen gingen und gehen mit rabiaten Methoden gegen Betriebsräte und aktive GewerkschafterInnen vor. Ziel ist nach wie vor die Ausschaltung der betroffenen Kolleginnen und Kollegen. Juristische Angriffe gegen gewerkschaftlich Aktive bis hin zur Verdachtskündigung und psychische Schädigung bis hin zur Zerstörung ihrer Persönlichkeit sind zwei Seiten ein- und derselben Medaille.

Die Entschließung der zweiten Konferenz „Betriebsräte im Visier” hat hierzu am 17. Oktober 2015 festgestellt:
„Es fehlt ein konsequenter bundesweiter Widerstand gegen derartige Formen des Klassenkampfs von oben. […] Wir rufen deshalb im Sinne des Mannheimer Appells vom 11. Oktober 2014 dazu auf, die Grund- und Menschenrechte von Gewerkschaftsmitgliedern und Betriebsräten entschlossen zu verteidigen!”

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04:25 min, 3784 kB, mp3
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Klassifizierung

Beitragsart: Reportage
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Internationales, SeniorInnen, Arbeitswelt, Kinder, Jugend, Kultur, Politik/Info
Serie: sonar -aktuell-
Entstehung

AutorInnen: grenzenlos Reinhard
Radio: bermuda, Mannheim im www
Produktionsdatum: 15.10.2016
Folgende Teile stehen als Podcast nicht zur Verfügung
Klaus Stein IG Metall
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Alfred Kobel work-watch Köln
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Verena zu Dohna-Jaeger, IG Metall Bildungsarbeit
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Stephan Weis-Will Mann Mobila XXL ver.di
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CC BY-NC-SA
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Skript
https://www.jungewelt.de/2016/10-11/007.php

»Angriffe werden koordinierter und professioneller«

Um aktive Betriebsräte loszuwerden, setzen Unternehmen auf Prozesse. Unterstützt werden sie von spezialisierten Kanzleien. Gespräch mit Wolfgang Alles

Interview: Johannes Supe

Von wegen Betriebsfrieden: Immer mehr Unternehmen gehen aggressiv gegen Arbeitervertretungen vor. Das Thema werden Sie am Wochenende auf der mittlerweile dritten Konferenz unter dem Namen »Betriebsräte im Visier« erörtern. Welche Methoden nutzen die Chefs, um unliebsame Beschäftigte loszuwerden?

Es werden rabiate Mittel eingesetzt, häufig holen sich Unternehmen Hilfe von entsprechenden Beratungsfirmen oder spezialisierten Anwaltskanzleien. Wo noch kein Betriebsrat besteht, wird versucht, seine Gründung zu verhindern. Wo bereits einer vorhanden ist, werden bisweilen regelrechte Drehbücher geschrieben, um ihn loszuwerden. Die Betriebsräte werden in ihrer Arbeit behindert, man enthält ihnen Informationen vor. Die aber sind die Grundlage für die Beschäftigtenvertretung. Die nächste Stufe besteht dann darin, einzelne, besonders aktive Betriebsräte zu attackieren. Man versucht, sie von der Belegschaft zu isolieren. In der Regel folgt eine ganze Reihe von Arbeitsgerichtsprozessen, oft durch verschiedene Instanzen. Die wirtschaftliche Existenz von Aktiven und von deren Familien soll vernichtet werden.
st die Stellung der Betriebsräte nicht besonders abgesichert?

Die meisten Prozesse verlieren die Unternehmer am Ende tatsächlich. Doch es ist ein Mythos, dass Betriebsräte gegen alle Willkürakte geschützt wären. Die bereits von mir angesprochenen Kanzleien raten Unternehmern, zum Mittel der Verdachtskündigung zu greifen. Es wird zum Beispiel behauptet, dass ein Betriebsrat seine Reisekosten nicht korrekt abgerechnet hat. Vor Gericht muss der Beschuldigte aber nachweisen, dass die Kündigung nicht rechtens ist. So werden die Kollegen und Kolleginnen erst mal aus dem Betrieb befördert.

Sie selbst sind engagierter Gewerkschafter, beschäftigen sich seit Jahren mit diesen Vorgängen. Können Sie uns einen besonders drastischen Fall schildern, der Ihnen begegnet ist?

Sehr viele. In einem Fall geht es um einen Kollegen, der bei einem weltweit bekannten Konzern tätig ist. Einem Zweigunternehmen dieses Konzerns gelang es hier in Deutschland, ein der IG Metall nahestehendes Gremium zu zerschlagen. Der Kollege, um den es hier geht, wurde in fast 100 Arbeits- und Landesarbeitsprozesse hineingetrieben. Entgeltbestandteile wurden ihm nicht gezahlt, weil der Konzern bestritt, dass die ihnen zugrundeliegende Betriebsratsarbeit rechtens war. Auch Überstunden wurden nicht vergolten. Das alles führte soweit, dass der Kollege Anfang des Jahres einen Selbstmordversuch unternahm, der zum Glück scheiterte.

Können Sie sagen, zu welchem Zeitpunkt dieses verschärfte Vorgehen gegen Arbeitervertretungen begonnen hat?

Zunächst werden diese Methoden nicht überall praktiziert. Und auch in früheren Zeiten gingen einige Unternehmen gegen Betriebsräte vor. Aber in den vergangenen sechs Jahren nahm die Zahl der Angriffe zu. Wir erleben sie beispielsweise im Einzelhandel wie auch im Bankenbereich, also in Branchen, die ver. di zuzuordnen sind. Aber auch in Industriebetrieben, die von der IG Metall organisiert werden, gibt es solche Vorfälle. Die IG BCE (Bergbau, Chemie, Energie) und die NGG (Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten) sind ebenfalls mit solchen Angriffen konfrontiert. Diese werden zudem koordinierter und professioneller.

Schon im vergangenen Jahr beschäftigte sich die von Ihnen mitausgerichtete Konferenz mit dem Thema. Damals kamen die Teilnehmer zu dieser Einschätzung: »Es fehlt ein konsequenter bundesweiter Widerstand gegen derartige Formen des Klassenkampfs von oben.« Sind die Gewerkschaften mittlerweile weiter?

Von Seiten der Gewerkschaften wurde zunächst angenommen, dass es sich hier um Einzelfälle handelt. Man dachte, dass die sogenannte Sozialpartnerschaft noch immer grundsätzlich funktioniere. Seitdem hat es eine positive, aber noch lange nicht ausreichende Entwicklung gegeben. Der vergangene Gewerkschaftstag der IG Metall, der im Oktober 2015 stattfand, nahm einen Antrag gegen das Betriebsrats-Mobbing an. Das gleiche gilt für ver.di. Auch bei der IG BCE gibt es nun eine Art Richtlinie, um mit dem Thema besser umgehen zu können.