Panzer, Pistolen und Patronen – wie die deutsche Industrie an Waffenexporten verdient

ID 80725
 
Rüstungsexporte sind ein milliardenschweres Geschäft für die einschlägige Insdustrie in Deutschland. Wie sehr dieses Geschäft blüht, das wurde deutlich bei einem Vortrag von Jürgen Grässlin im Münchner Gewerkschaftshaus. Grässlin ist bundesweit bekannt geworden als Autor kritischer Publikationen zur Rüstungsindustrie und zum Waffenhandel. Die Sendung bringt Ausschnitte aus seinem Vortrag.
Audio
44:44 min, 41 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 04.01.2017 / 15:35

Dateizugriffe: 5

Klassifizierung

Beitragsart: Gebauter Beitrag
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: Harald Will
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 04.01.2017
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Lora-Sendung 2.1.17 Waffenexport



Wir befassen uns heute mit einem todbringenden Geschäft, das bestens floriert: Mit dem Rüstungsexport. Dass dieses Geschäft so gut läuft, liegt auch an der Unterstützung, die deutsche Rüstungsfirmen von der etablierten Politik bekommen:

Zuspielung (Grässlin- Vortrag, kurzer Auschnitt)

Mod. live:
Jürgen Grässlin, einer der Bundessprecher der DFG-VK. Im November war er Referent bei einer Veranstaltung im Münchner Gewerkschaftshaus zum Thema Waffenexporte. Wir bringen heute Ausschnitte aus seinem Vortrag.

Der Titel unserer Sendung: „Panzer, Pistolen und Patronen – wie die deutsche Industrie an Waffenexporten verdient“. Am Mikrofon in der nächsten Stunde HW.

Der Handel mit Waffen und anderer Militärausrüstung ist milliardenschwer. Allein in den ersten sechs Monaten des gerade abgelaufenen Jahres wurden in Deutschland Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter im Wert von rund vier Milliarden Euro erteilt. Die Zahlen für das gesamte Jahr 2016 liegen noch nicht vor.
Wie sehr das Geschäft mit Rüstungsexporten blüht, das wurde bei Jürgen Grässlins Vortrag im Gewerkschaftshaus sehr deutlich. Und auch, wie breit die Angebotspalette der einschlägigen Industrie ist:


Zuspielung Grässlin (Man unterscheidet …...)



Mod.live:

Früher hat die Bundesregierung einmal im Jahr über den Umfang der deutschen Rüstungsexporte informiert. Unter der jetzt amtierenden großen Koalition von CDU-CSU und SPD werden die Informationen häufiger gegeben. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel von der SPD hatte nach dem Antritt der Regierung angekündigt, dass es zweimal jährlich Zahlen zur Ausfuhr von Waffen und anderen Rüstungsgütern geben werde. Daran hat sich die Regierung gehalten. Die Frage ist allerdings: Wie stichhaltig sind die Angaben der Regierung, wenn es um die Details geht? Jürgen Grässlin meldet da deutliche Kritik an.

Zuspielung Grässlin (Wir haben einen Rüstungsxportbericht ….)


Mod.live:

„Panzer, Pistolen und Patronen – wie die deutsche Industrie an Waffenexporten verdient“, das ist heute unser Thema.
Bundeswirtschaftsmininister Gabriel ist offenbar sehr bewusst, dass Rüstungsexporte ein heißes Thema sind. Deshalb versprach er 2013, kurz nach seinem Amtsantritt, die Export-Kontrollen für Rüstungsgüter sehr restriktiv zu handhaben. Von diesem Versprechen hat sich Gabriel weit entfernt, weswegen er sich von der Opposition scharfe Kritik anhören musste. Von den Grünen z.B. hieß es, Zitat: "Diese Bundesregierung schreibt ihre verheerende Bilanz der Verantwortungslosigkeit fort und genehmigt enthemmt Waffen in alle Welt". Zitat Ende. Wobei anzumerken wäre, dass die Rüstungsexporte zu Zeiten grüner Regierungsbeteiligung auch nicht gerade restriktiv gehandhabt wurden, wie wir von Jürgen Grässlin gleich hören werden. Grässlin kritisiert aber nicht nur die Grünen:

Zuspielung Grässlin (Alle Regierungen ….)


Mod.live:

Im Münchner Norden, im Stadtteil Allach, sitzt einer der wichtigsten deutschen Rüstungsbetriebe, die Firma Krauss-Maffei-Wegmann. Sie baut vor allem Panzer und gepanzerte Fahrzeuge. Ihr Vorzeigeprodukt ist der Kampfpanzer „Leopard“. Auf der Webseite der Firma heißt es über den Panzer, Zitat: „Der Leopard ist das Synonym weltweit führender Kampfpanzertechnologie. Seine nahezu 50-jährige Geschichte ist eine Erfolgsstory ohnegleichen. Als schlagkräftige Antwort auf die vielseitigen Bedrohungen der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, bildet er das Rückgrat moderner, visionärer und durchsetzungsfähiger Streitkräfte rund um den Globus.“ Zitat Ende. Auch Jürgen Grässlin widmete sich bei seinem Vortrag im Münchner Gewerkschaftshaus dem „Leopard“. Grässlin zeigte ein Foto des Panzers, seine Erläuterungen dazu hörten sich aber ganz anders an als die Marketingsprüche der Münchner Panzerbauer.

Zuspielung Grässlin (Dieses Gerät ….)


Mod.live:

Bei den Rüstungsexporten gibt es einen Bereich, der kaum beachtet wird, weil sich die Geschäfte im Schatten der großen Waffendeals z.B. mit Panzern, Fregatten oder U-Booten abspielen. Es geht um so genannte Kleinwaffen. Dazu gehören z.B. Maschinenpistolen und Sturmgewehre. Der Gesamtwert der Ausfuhrgenehmigungen für solche Waffen lag im ersten Halbjahr 2016 bei gut 11 Millionen Euro. Das ist eine vergleichsweise kleine Summe. Dennoch darf der Handel mit Handfeuer-Waffen, wie sie etwa die deutsche Firma Heckler & Koch herstellt, nicht unterschätzt werden. Denn, so heißt es im Rüstungs-Exportbericht der Bundesregierung wörtlich : "In internen und regional grenzüberschreitenden Konflikten werden die meisten Todesfälle durch den Einsatz von Kleinen und Leichten Waffen verursacht". Jürgen Grässlin weist ebenfalls darauf hin, welch fatale Konsequenzen es hat, wenn solche Waffen in Konflikt- und Kriegsgebiete geliefert werden.

Zuspielung Grässlin (Diese Waffensysteme ...)

Mod.live:
Jürgen Grässlin hat sich in vielen Publikationen kritisch mit den Themen Rüstungsindustrie und Waffenhandel befasst. Sein neuestes Buch, das er zusammen mit zwei anderen Autoren geschrieben hat, beschäftigt sich mit einem Fall von illegalem Waffenexport. Verantwortlich für diesen Export: Die vorhin schon erwähnte Firma Heckler & Koch. Sie hat ihren Sitz in Oberndorf am Neckar, das liegt etwa auf halbem Weg zwischen Tübingen und Freiburg. Das Unternehmen produziert Handfeuerwaffen, z.B. das Sturmgewehr G36, und liefert seine Produkte in die ganze Welt. Auch nach Mexiko. Dorthin kamen vor einigen Jahren insgesamt 10 000 Sturmgewehre und Maschinenpistolen von Heckler & Koch. Knapp die Hälfte der Waffen soll in verschiedenen Unruheprovinzen Mexikos gelandet sein. Obwohl die Lieferung in diese Provinzen von den deutschen Kontroll-Behörden nicht erlaubt worden war. Ans Licht kam der Skandal nur, weil sich ein Angestellter von Heckler & Koch unter konspirativen Umständen bei Jürgen Grässlin meldete.

Zuspielung Grässlin (Im Jahr 2009….)

Mod.live:
Das war der Stand im November, als Jürgen Grässlin seinen Vortrag in München hielt. Inzwischen ist klar: Grässlin und seine Mitautoren werden wegen ihrer Recherchen zu den illegalen Waffenlieferungen nicht vor Gericht erscheinen müssen. Das zuständige Amtsgericht in München hat nämlich die Anklage der Staatsanwaltschaft nicht zugelassen. In der Begründung für die Nichtzulassung der Anklage wird darauf verwiesen, Juristen der Rundfunkanstalten und des Verlags hätten die Veröffentlichungen vorher geprüft. Das Gericht ist also ganz offenbar davon überzeugt, dass die Autoren ihre Sorgfaltspflicht nicht verletzt haben und sie sich deshalb auch nicht strafbar gemacht haben.


Kurz vor Weihnachten verbreitete die Terrormiliz „Islamischer Staat“ ein Aufsehen erregendes Video: Zu sehen sind darauf Kämpfer des IS, die einen erbeuteten Panzer begutachten. Das Besondere daran: Die IS-Kämpfer inspizieren einen Panzer aus deutscher Produktion, einen Leopard-2. Erbeutet hatten sie ihn im Norden Syriens, und zwar von der türkischen Armee. Die kämpft in Syrien schon seit mehreren Monaten. Nicht nur gegen den IS, sondern auch gegen Kurden, um deren Position in Syrien zu schwächen. Zur Standard-Ausrüstung der türkischen Armee gehört seit Jahren auch der Leopard-Panzer. Wenn Exemplare dieses Typs nun in die Hände des IS fallen, so zeigt das: Es ist nicht zu kontrollieren, wo einmal gelieferte Waffen am Ende bleiben. Auch Jürgen Grässlin weist auf dieses Problem hin:

Zuspielung Grässlin (Was passiert mit Waffen ….)

Mod.live:
Im Dezember war Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen zu Besuch in Jordanien. Bei dieser Gelegenheit übergab die Ministerin drei Schützenpanzer vom Typ „Marder“ an die jordanische Armee. Insgesamt 50 „Marder“ soll Jordanien bekommen. Die Panzer sind laut von der Leyen für die Grenzsicherung vorgesehen. Das Geld für die Panzerlieferungen stammt aus der sogenannten Ertüchtigungs-Initiative der Bundesregierung: Damit werden ausgewählte Partnerstaaten aufgerüstet. wie eben Jordanien. Die so genannte Ertüchtigungs-Initiative ist eine Konsequenz aus den Erfahrungen, die die Bundesregierung mit dem Afghanistan-Einsatz gemacht hat. Auslandseinsätze der Bundeswehr wie dieser können tödlich sein für deutsche Soldaten. Deswegen hat man in Berlin nach einer Alternative gesucht, sagt Jürgen Grässlin.

Zuspielung Grässlin (In Zukunft macht man es so ….)

Mod.live:
Es liegt aber bei vielen Waffenlieferungen nicht nur permanenter Rechtsbruch vor, wie Jürgen Grässlin sagt. Mit den Rüstungsexporten wird auch der Mehrheitswille der deutschen Bevölkerung missachtet. Der richtet sich eindeutig gegen den Handel mit Waffen und anderem Militärmaterial. Und insofern bewegt sich Jürgen Grässlin als Kämpfer gegen die Rüstungsexporte durchaus im gesellschaftlichen Mainstream.

Zuspielung Grässlin (Steht vor Euch ….)

Mod.live:
Soweit Ausschnitte aus einem Vortrag, den der Buchautor Jürgen Grässlin im November im Münchner Gewerkschaftshaus gehalten hat. Sein neuestes Buch trägt den Titel „Netzwerk des Todes - die kriminellen Verflechtungen von Waffenindustrie und Behörden“. Es ist erschienen im Heyne-Verlag und kostet 17 Euro.