Unruhige Zeiten – steht das internationale System vor dem Kollaps?

ID 81944
 
Die Sendung beschäftigt sich mit einer immer drängenderen Frage: Wie lange kann das herrschende politisch-ökonomische System noch bestehen bleiben, das Probleme wie Klimawandel, Umweltzerstörung und zunehmende soziale Ungerechtigkeit hervorbringt? Inzwischen gibt es viele, die eine fundamentale Krise der herrschenden Ordnung diagnostizieren – auch der Mann, der in der Sendung ausführlich zu Wort kommt: Fabian Scheidler, Autor des Buches „Das Ende der Megamaschine“. Bei der internationalen Münchner Friedenskonferenz im Februar hielt Scheidler eines der Referate. Die Sendung bringt seinen Vortrag und Ausschnitte einer Diskussionsveranstaltung mit Scheidler bei der Friedenskonferenz.
Audio
45:22 min, 42 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 15.03.2017 / 22:36

Dateizugriffe: 8

Klassifizierung

Beitragsart: Gebauter Beitrag
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: Harald Will
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 15.03.2017
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Mod. Live:

Uns beschäftigt heute eine Frage, die sich immer drängender stellt: nämlich, wie lange das herrschende politisch-ökonomische System noch bestehen bleiben kann. Die Frage stellt sich angesichts der vielen Probleme, die wir auf dieser Welt haben - Klimawandel, Umweltzerstörung und zunehmende soziale Ungerechtigkeit. Eben diese Probleme bringt die herrschende Weltordnung hervor. Inzwischen gibt es viele, die eine fundamentale Krise dieser Ordnung diagnostizieren – auch der Mann, der in dieser Sendung ausführlich zu Wort kommt:

Zuspielung 1 (Scheidler, kurzer Ausschnitt)

Mod. live:

Der da von einer systemischen Krise spricht, ist Fabian Scheidler, freier Autor und Journalist. Er arbeitet für Printmedien und Fernsehen und auch für das Theater, außerdem ist er Mitbegründer des Internet-Fernsehmagazins Kontext TV, das regelmäßig Sendungen zu Fragen globaler Gerechtigkeit produziert.

Bei der internationalen Münchner Friedenskonferenz im Februar hielt Scheidler eines
der Referate. Wir senden zunächst seinen Vortrag, danach Ausschnitte aus einer Diskussionsveranstaltung der Friedenskonferenz, bei der Scheidler auf einige Punkte seines Referats genauer eingegangen ist.
Der Titel dieser Sendung: „Unruhige Zeiten – steht das internationale System vor dem Kollaps?“. Am Mikrofon HW.

„Das Ende der Megamaschine“ heißt ein Buch, das Fabian Scheidler geschrieben hat. Darin beschäftigt er sich mit den Zerstörungskräften, die heute die Zukunft der Menschheit infrage stellen. Er analysiert dazu das politisch-ökonomische Weltsystem, in dem Mensch und Natur einer radikalen Ausbeutung unterworfen sind. Der Ausdruck „Megamaschine“ ist eine Metapher für dieses Weltsystem. In Anlehnung an sein Buch überschrieb Fabian Scheidler den Vortag bei der Münchner Friedenskonferenz mit dem Titel „Risse in der Megamaschine - Systemisches Chaos und Wege zu einer gerechteren Weltordnung“

Zuspielung 2

Fabian Scheidler hat vorhin eine wichtige Frage gestellt: Wem nützt die herrschende politisch-ökonomische Ordnung? Scheidler hat die Antwort indirekt schon gegeben: Es gibt sehr viele Menschen auf dieser Welt, denen diese Ordnung nicht nützt, sondern massiv schadet. Auf einer Veranstaltung wie der so genannten Münchner Sicherheitskonferenz, zu der sich hochrangige Politiker, Militärs und Vertreter der Rüstungsindustrie jedes Jahr treffen, werden die negativen Auswirkungen der herrschenden Weltordnung nicht kritisch thematisiert. Dort wird diese Ordnung als ein Hort von Freiheit und Liberalität gepriesen. Fabian Scheidler weist demgegenüber darauf hin, welche Bedrohungen dieses angeblich so liberale und freiheitliche System für die Menschheit geschaffen hat:

Zuspielung 3

Mod.live:

Unser Thema heute:
„Unruhige Zeiten – steht das internationale System vor dem Kollaps?“.
Auch die wirtschaftliche Ordnung auf der Welt verändert sich. Die Gewichte verschieben sich, was die ökonomische Stärke der verschiedenen Regionen betrifft. Der Aufstieg Chinas als Wirtschaftsmacht ist eines der bekanntesten Beispiele dafür. Mit der Verschiebung der ökonomischen Gewichte ist aber auch eine verschärfte Konkurrenz zwischen den einzelnen Mächten verbunden. In der Vergangenheit wurde solche Konkurrenz oft mit militärischen Mitteln ausgetragen. Und auch heutzutage besteht die Gefahr, dass Mächtige glauben, mit Krieg ihre ökonomischen Ziele erreichen zu können. In dieser Situation, so Fabian Scheidler, stellt sich die Frage:
Wie soll Europa agieren, soll es sich stärker bewaffnen, um im Konzert der militärischen Großmächte vorne mitzuspielen? Oder sollte es eine andere Haltung einnehmen?

Zuspielung 4


Mod.live:

Dem Kapitalismus ist schon oft der Untergang vorausgesagt worden. Aber bisher hat er immer überlebt. Weil der Kapitalismus unglaublich anpassungsfähig ist – sagt Fabian Scheidler. Er setzt jedoch hinzu: Das herrschende Wirtschaftssystem stößt an seine Grenzen, ökologisch und auch ökonomisch. Denn es kann ohne endlose Expansion nicht existieren – und damit ist es auf Crashkurs mit dem Planeten. Wenn aber der Kapitalismus nicht überlebensfähig ist, dann stellt sich die Frage nach der Alternative. Eine solche Alternative könnte die so genannte Gemeinwohl-Ökonomie sein. Was man darunter versteht, erläuterte Fabian Scheidler in der Diskussionsveranstaltung am Tag nach seinem Referat bei der Friedenskonferenz. Zuerst wiederholte er noch einmal in Kurzform seine Analyse der gegenwärtigen Situation:

Zuspielung 5

Mod.live:
Die Diskussion über bestehende Strukturen zu führen – das könnte auch dabei helfen, Gegenmodelle zum herrschenden System zu entwickeln. Der Kollaps dieses Systems ist unvermeidlich, meint Fabian Scheidler wie schon gehört. Wenn das so ist, dann sind Strategien gefragt, mit denen die negativen Auswirkungen eines Zusammenbruchs vermieden oder zumindest gemildert werden können. Scheidler ist in diesem Punkt optimistisch. Überall auf der Welt, meint er, sind längst Millionen Menschen dabei, Auswege aus der destruktiven Logik der endlosen Kapitalanhäufung zu suchen, Möglichkeiten für eine Transformation der Weltökonomie zu entwickeln. Die Frage ist allerdings, wie schnell sie damit Erfolg haben können:

Zuspielung 6

Mod.live:
Wenn es gelingen soll, dem Widerstand gegen die bestehenden politischen und ökonomischen Machtverhältnisse Geltung zu verschaffen, dann müssen die Kräfte gebündelt werden, die alternativen Bewegungen müssen viel stärker zusammen arbeiten. Eine Forderung, die bei einschlägigen Diskussionsveranstaltungen immer wieder kommt. So richtig sie ist, so schwer ist sie umzusetzen. Die bisherige Erfahrung zeigt, dass die verschiedenen Bewegungen nur selten wirksam kooperieren und stattdessen eher nebeneinander her laufen wie Fabian Scheidler vorhin kritisiert hat. Es geht aber nicht nur darum, viel stärker als bisher an einem Strang zu ziehen. Es geht auch darum, den eigenen Forderungen viel mehr Resonanz in der Öffentlichkeit zu verschaffen. Fabian Scheidler meint, dass es dafür gute Möglichkeiten gibt:


Zuspielung 7


Mod.live:
Es kann gut sein, dass Fabian Scheidler hier recht hat. Zumindest ist augenfällig, dass die Friedensbewegung große Schwierigkeiten hat, junge Leute für ihre Ziele anzusprechen. Etwas besser hat es die Umweltbewegung geschafft, Aktive aus der jungen Generation zu gewinnen. Ein Grund dafür dürfte die Tatsache sein, dass der Klimawandel vor allem die Zukunft der jungen Menschen bedroht. Wenn es nicht gelingt, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, dann stehen gewaltige Umbrüche im Klimasystem bevor. Und die können zur Zerstörung unserer Lebensgrundlagen führen. Eine Gefahr die real ist. Fabian Scheidler wendet sich dennoch dagegen, den baldigen Weltuntergang zu prophezeien.

Zuspielung 8

Mod.live:
Eine internationalistische Bewegung ist die Voraussetzung dafür, dass man die herrschende Weltordnung positiv umgestalten kann - davon ist Fabian Scheidler überzeugt. Er betont das, weil seiner Meinung nach umfassende Veränderungen auf der Welt unvermeidbar sind. Entscheidend wird sein, sagt Scheidler, wie diese Veränderungen aussehen werden: Ob sie zu weiterer Massenverelendung und zu einem Ruin des Planeten führen oder ob es gelingt, neue Formen des Wirtschaftens und der politischen Organisation auf den Weg zu bringen. Bleibt die Frage: Wie stark sind die Kräfte, die auf eine positive Veränderung hinwirken können, bzw. wie stark können sie werden? Fabian Scheidler rät dazu, hier nicht allzu pessimistisch zu sein.

Zuspielung 9

Mod.live:
Soweit der Autor und Journalist Fabian Scheidler. Wir brachten in dieser Sendung sein Referat bei der Münchner Friedenskonferenz und Ausschnitte aus der Diskussion mit ihm. Verantwortlich für die Sendung und am Mikrofon: HW

Das eingangs erwähnte Buch von Fabian Scheidler trägt den Titel: „Das Ende der Megamaschine - Geschichte einer scheiternden Zivilisation“
Es ist im Promedia-Verlag, Wien erschienen und kostet 19,90 Euro.