Liste der Pogrome ab 1991 - Chronologie des rassistischen Pogroms in Mannheim Schönau - Geschichte von Pogromen ab 1880 und vorher

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...Im Krisenjahr 1923 kam es zwischen dem kommunistischen Aufstand in Hamburg und dem Hitlerputsch in München am 5. November zu einem von völkischen Agitatoren vor einem Arbeitsamt ausgelösten Pogrom gegen ostjüdische Einwanderer in Berlin. Die Polizei sah erst stundenlang zu, während Tausende im Scheunenviertel wüteten, um dann ihre Knüppel gegen den jüdischen Selbstschutz zu schwingen.

Bei den heute in der Geschichtsschreibung als Reichspogromnacht titulierten antijüdischen Ausschreitungen vom 9. November 1938 handelt es sich dagegen nur bedingt um ein echtes Pogrom. Denn die von der SA organisierten Angriffe auf jüdische Bürger sowie ihre Läden und Synagogen wurden von der Bevölkerung weit weniger als von der Naziführung erhofft aufgegriffen....

Zum ersten deutschen Pogrom nach 1945 kam es im September 1991 in der sächsischen Stadt Hoyerswerda. Die tagelange Randale wurde zum Fanal für eine deutschlandweite Welle rassistischer Gewalttaten, die vor 25 Jahren im August 1992 in einem weiteren Pogrom gipfelte. Tausende Menschen applaudierten, als Neonazis in Rostock-Lichtenhagen die Zentrale Aufnahmestelle für Asylsuchende attackierten und ein Wohnheim für vietnamesische Arbeiter in Brand setzten. Unter Berufung auf diese Gewalttaten stimmte der Bundestag im folgenden Jahr für die faktische Abschaffung des Grundrechts auf Asyl.

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Upload vom 26.08.2017 / 21:29

Dateizugriffe: 1880

Klassifizierung

Beitragsart: Magazin
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, SeniorInnen, Arbeitswelt, Kinder, Jugend, Kultur, Politik/Info
Serie: grund.funk
Entstehung

AutorInnen: grundfunk
Radio: bermuda, Mannheim im www
Produktionsdatum: 26.08.2017
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Pogrome zeichnen sich durch eine Massendynamik aus - bei gleichzeitigem Stillhalten staatlicher Kräfte

Rotlicht: Pogrom
Von Nick Brauns
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Pogrom in Deutschland. Rostock-Lichtenhagen vor 25 Jahren


Der Begriff Pogrom ist russischen Ursprungs. So kann »Grom« mit »Donner« übersetzt werden, das Verb »gromit« bedeutet »zerschlagen« oder »gewaltsam zerstören«. Anfangs wurde der in andere Sprachen übernommene Begriff Pogrom zur Umschreibung der Judenmassaker im zaristischen Reich genutzt. Doch auch im hebräischen Sprachgebrauch steht Pogrom heute allgemein für »Unruhen, Mord- und Gewalttaten, organisiert und gerichtet gegen ethnische oder gesellschaftliche Gruppen«.

Unterschieden werden muss ein Pogrom von Razzien und Massakern staatlicher Kräfte, aber auch von der gegen einzelne gerichteten Lynchjustiz und gezielten Anschlägen. Pogrome zeichnen sich durch eine Massendynamik aus. Die »Pogromhelden«, die häufig einer im Hintergrund agierenden rechtsextremen Organisation angehören, können sich der schweigenden oder aktiven Unterstützung der Volksmenge bei gleichzeitigem Stillhalten staatlicher Kräfte sicher sein. Ärmeren Bevölkerungsschichten bietet sich zudem die Gelegenheit der Linderung ihrer Not durch Plünderung oder Ausschaltung von wirtschaftlichen Konkurrenten. Für die Herrschenden haben Pogrome, die sich gegen zuvor als »Sündenböcke« für Missstände ausgemachte ethnische oder religiöse Minderheiten richten, die soziale Funktion, gesellschaftlichen Unmut in eine reaktionäre Richtung zu kanalisieren.

So kam es in Russland nach der »den Juden« angelasteten Ermordung von Zaren Alexander II. durch Revolutionäre in den 1880er Jahren zu Pogromen durch Kosakenverbände. Gegen die anwachsende sozialrevolutionäre Bewegung setzte der Zarismus weiter auf die antisemitische Karte, so beim Pogrom im bessarabischen Chisinau am Ostersonntag 1903 oder nach der Revolution von 1905 bei den Ausschreitungen der berüchtigten »Schwarzen Hundertschaften«. Zu Ende des Ersten Weltkrieges kam es in vielen Ländern Osteuropas zu Pogromen als Element des gegenrevolutionären »Weißen Terrors«. Insbesondere die türkische Geschichte ist durchzogen von Pogromen. Diese richteten sich im Osmanischen Reich gegen Armenier, 1955 gegen die griechische Minderheit in Istanbul sowie 1978 in Maras und 1993 in Sivas gegen die alevitische Religionsgemeinschaft.

Im Krisenjahr 1923 kam es zwischen dem kommunistischen Aufstand in Hamburg und dem Hitlerputsch in München am 5. November zu einem von völkischen Agitatoren vor einem Arbeitsamt ausgelösten Pogrom gegen ostjüdische Einwanderer in Berlin. Die Polizei sah erst stundenlang zu, während Tausende im Scheunenviertel wüteten, um dann ihre Knüppel gegen den jüdischen Selbstschutz zu schwingen. Bei den heute in der Geschichtsschreibung als Reichspogromnacht titulierten antijüdischen Ausschreitungen vom 9. November 1938 handelt es sich dagegen nur bedingt um ein echtes Pogrom. Denn die von der SA organisierten Angriffe auf jüdische Bürger sowie ihre Läden und Synagogen wurden von der Bevölkerung weit weniger als von der Naziführung erhofft aufgegriffen.

Nach der für weite Teile der DDR-Bürger mit sozialen Härten verbundenen kapitalistischen Wiedervereinigung setzten die Herrschenden auf das von Bild und Co. präsentierte Feindbild »Flüchtling«. Zum ersten deutschen Pogrom nach 1945 kam es im September 1991 in der sächsischen Stadt Hoyerswerda. Die tagelange Randale wurde zum Fanal für eine deutschlandweite Welle rassistischer Gewalttaten, die vor 25 Jahren im August 1992 in einem weiteren Pogrom gipfelte. Tausende Menschen applaudierten, als Neonazis in Rostock-Lichtenhagen die Zentrale Aufnahmestelle für Asylsuchende attackierten und ein Wohnheim für vietnamesische Arbeiter in Brand setzten. Unter Berufung auf diese Gewalttaten stimmte der Bundestag im folgenden Jahr für die faktische Abschaffung des Grundrechts auf Asyl.


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...Geschichtliche Beispiele
Siehe auch: Liste von Pogromen und Rassenunruhen
Judenfeindlichkeit in der Weltchronik von Hartmann Schedel (1493)
Farbige Lithografie aus dem Jahr 1904 zur Situation der Juden im Russischen Reich
Opfer des Pogroms in Jekaterinoslaw 1905, heute Dnipro/Ukraine, überwiegend jüdische Kinder
Pogrom 1941 in Bukarest[7]

Eine systematische Untersuchung, ob und inwieweit quellenmäßig greifbare Vorgänge in der Antike mit dem Begriff Pogrom in Verbindung gebracht werden können, ist wegen vielfältiger historiographischer Fragen nicht greifbar.

Für das europäische Mittelalter sind insbesondere die Pogrome von 1096 (Erster Kreuzzug), 1146 (Zweiter Kreuzzug) und um 1189 (Dritter Kreuzzug) zu nennen, bei denen die Kreuzzugspropaganda auf den mittelalterlichen Antijudaismus zurückgriff. Im moslemischen Al-Andalus war es bereits 1066 zu dem Massaker von Granada gekommen.[8] ...


Der Pogrom von Istanbul im Jahre 1955 richtete sich gegen eine christliche, überwiegend griechischstämmige Minderheit in der türkischen Metropole; einige Historiker sehen einen Einfluss der damaligen Regierung und einen Zusammenhang mit dem Zypern-Konflikt. Pogrome in der Türkei richteten sich auch gegen die alevitische Bevölkerung, so das Pogrom von Kahramanmaraş vom 19. bis 26. Dezember 1978 oder das Pogrom von Çorum am 4. Juli 1980...
Eine konservativ-islamische Revolte gegen die jungtürkische Regierung mündete im Christenpogrom von Adana, Kilikien, Türkei. Dabei wurden im April 1909 20.000 bis 30.000 Armenier umgebracht.[10]

Monument des Aufstands im Warschauer Ghetto in Yad Vashem

Beim Völkermord an den Armeniern wurden in der Türkei mit Duldung des deutschen Kaiserreichs wegen Bagdadbahn zum Abtransport des irak Öls, zwischen 1915 und 1921 je nach Quelle zwischen 300.000 und 1,5 Millionen Menschen getötet....


https://de.wikipedia.org/wiki/Pogrom

Kommentare
30.08.2017 / 13:04 johanna, Radio Dreyeckland, Freiburg
senden wir heute
um 20h, danke!