GlobaLE 2018

ID 90192
 
AnhörenDownload
Wir sprachen mit Maik Nagler von der GlobaLE, dem globalisierungskritischen Filmfestival in Leipzig über die lange Geschichte des Festivals, die Finanzierung und das diesjährige Programm.
Audio
39:23 min, 90 MB, mp3
mp3, 320 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 25.07.2018 / 16:09

Dateizugriffe: 1207

Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich:
Entstehung

AutorInnen: Redaktion Filmriss
Radio: RadioBlau, Leipzig im www
Produktionsdatum: 25.07.2018
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Hinterfragen

Die »Globale Leipzig« regt seit mehr als einer Dekade zum Nachdenken an und hofft auf Hilfe

Im alten E35 in der Wittenbergerstraße sitzen vor allem junge Leipziger gebannt vor einem weißen Tuch, das als improvisierte Leinwand dient. Darauf flimmert der Dokumentarfilm »Flowers of Freedom« von Mirjam Leuze über den Zyanid-Skandal in einer Goldmine im kirgisischen Dorf Barskoon. Die Reihen sind gefüllt. Es ist Oktober. Der Ofen bollert. Trotzdem bleiben alle bis weit nach Abspann, um Dr. Hartmut Heidenreich von der Kampagne »Bergwerk Peru« zuzuhören, wie er über die Zustände in den Minen spricht.

Seit 14 Jahren zeigt die »Globale« globalisierungskritische Filme in Leipzig und lädt zur Diskussion. »Wir wollen informieren und aufklären und Leute auch dazu motivieren, selbst aktiv zu werden«, sagt Mike Nagler, der das Festival leitet. 2003 fanden sich in Berlin eine Handvoll Studenten zusammen und riefen die »Globale« ins Leben. Unter den Initiatoren waren auch Leute aus Lateinamerika, die aus der Idee schließlich ein globales Festival machten, als sie wieder zurück nach Kolumbien oder Brasilien gingen und die Idee der »Globale« mitnahmen. Seitdem gibt es Festivals in Rio de Janeiro und Bogota, aber auch an vielen Orten in Deutschland, wo es oftmals auf vier fünf Tagen im Jahr konzentriert läuft.

Leipzig ist fast von Anfang an dabei, berichtet Nagler. »Ins Leben gerufen wurde es hier von einer Gruppe aus dem Umfeld von Attac Leipzig und dem Eine Welt e.V. 2004.« Man verwarf die Idee eines konzentrierten Festivals zugunsten des ganzjährigen Programms. »Die Globale Leipzig läuft teilweise ein Vierteljahr oder ein halbes. Sie lief auch schon mal das ganze Jahr durch.« So gibt es neben den etwa 43 Filmabenden von August bis November auch immer wieder »Globale«-Veranstaltungen etwa in Zusammenarbeit mit der Uni Leipzig.

Wichtig ist dabei die Präsenz außerhalb der üblichen Orte für Film: »Wir wollen die erreichen, die Vorurteile haben, gegen Flüchtlinge etwa, oder die sich einfach für solche Dinge nicht interessieren und sich sonst nie einen Film über Landgrabbing in Westafrika anschauen würden. Deshalb versuchen wir an andere Orte zu gehen, Stadtteile und Parks, wo es so etwas sonst nicht gibt.« Auch deshalb finden die Filmveranstaltungen immer bei freiem Eintritt statt.

Das Ziel ist die politische und ökonomische Bildung auf einer niedrigschwelligen Ebene. »Da geht es uns auch darum, Themen zu finden, die die Leute ansprechen, um darüber ins Gespräch zu kommen, auch darüber, was man machen kann. Wenn es lokal vor Ort Initiativen gibt, die sich damit beschäftigen, ist das umso besser. Wir verstehen uns da als Plattform, als Multiplikator.«

Der Sinn der Globale ist es, auch dorthin zu gehen, wo es weh tut. »2012 herrschte in Wahren eine Debatte über die Errichtung eines Flüchtlingsheims. Dort hatte sich eine Bürgerinitiative dagegen gegründet. Da war es unser Ziel, Vorurteile abzubauen und die Leute zusammen zu bringen.«

Auf einer Wiese mitten in Wahren, umgeben von Wohnhäusern wurde die Culture Clash-Komödie »Almannya« gezeigt. »Als wir nachmittags da ankamen und aufbauten, hingen an allen Bäumen Zettel, auf denen in Großbuchstaben Dinge wie »haut ab« und »zeigt euer Kino irgendwo in Connewitz« stand. Wie haben nie herausgefunden, wer die da hingehängt hat und unsere Leinwand trotzdem aufgebaut. Es waren auch eine ganze Reihe Leute aus Wahren dort und es war ein schöner Abend, bei dem sich viele an der Diskussion beteiligt haben.«

Gerade fand mal wieder ein Generationswechsel bei der Globale statt. Zwanzig motivierte Mitarbeiter planen bis zum Start im August das diesjährige Programm – ehrenamtlich neben Job und Familie. Getragen wird das Festival von Förderern wie dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit oder Brot für die Welt. Bei jeder Veranstaltung geht zudem die Spendendose rum, deren Erlös aber nur marginal zu den Kosten beiträgt, die für Film- und Raummiete anfallen. Mehr als 20.000 Euro sind das in diesem Jahr. Weil sich die Initiatoren im vergangenen Jahr mit dem Studentenrat überworfen haben und es von einem anderen Sponsor eine Rückforderung von Fördersummen von 2015 gibt, klafft derzeit ein Loch in der Finanzplanung, das die Initiatoren zu einem Spendenaufruf zwang. Jetzt hoffen sie auf Unterstützung der zahlreichen Freunde des Festivals.

Das Programm soll aber wie geplant ab August umgesetzt werden. Zu sehen sind dann etwa der Dreiteiler »Die Schlacht um Chile« über den Tod von Allende, »Life Sarabaa Illegal« der Geflüchtete auf dem Weg von Westafrika nach Europa begleitet, aber auch regionale Produktionen wie Tom Lemkes Porträt eines verschwindenden Dorfes in Sachsen-Anhalt, »Land am Wasser«.

Lars Tunçay

> globale-leipzig.de

Kommentare
25.07.2018 / 21:09 MittwochsRedaktion, coloRadio, Dresden
gesendet in ›Politik am Mittwoch‹ am 25.07.2018
sehr interessant, danke!
 
25.07.2018 / 23:38 alex, Radio Corax, Halle
nagler..
Mike Nagler hat sich an der Organisierung der sogenannten „Montagsmahnwachen für den Frieden“ in Leipzig beteiligt und ist dort immer wieder als Redner aufgetreten. Diese Friedensmahnwachen waren auch eine Plattform für RechtsextremistInnen, sogenannte „Reichsbürger“ und rechtsoffene VerschwörungstheoretikerInnen.
 
28.07.2018 / 11:20 Lars, Filmriss, Radio Blau, Leipzig
GlobaLE
Die GlobaLE ist ein wichtiger Teil der Leipziger Kulturszene. Darum - und ausschließlich darum – geht es hier.
 
29.07.2018 / 20:44 Lars, Filmriss, Radio Blau, Leipzig
Nagler...
https://alexithymian.blogspot.com/2016/08/mike-nagler-stellungnahme.html