Krisenherd Naher Osten – warum die Situation dort immer gefährlicher wird

ID 93047
 
Der Nahe Osten ist eine Weltgegend, die seit Jahrzehnten immer wieder durch Krisen und Kriege von sich reden macht. Auch zur Zeit: In Syrien wird seit acht Jahren Krieg geführt. Ausserdem verschärfen sich bedrohlich die Spannungen in der Region, etwa zwischen Israel und Syrien. Und immer häufiger ist von einem möglichen Krieg gegen den Iran die Rede. Die Sendung bringt Ausschnitte aus einem Referat, das der Journalist Andreas Zumach - er ist Korrespondent für Zeitungen und Rundfunk mit Sitz in Genf - im November bei einer Veranstaltung in München gehalten hat. Zumach gab darin einen Überblick über die derzeitige Lage im Nahen Osten.
Audio
37:36 min, 34 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 08.01.2019 / 21:25

Dateizugriffe: 56

Klassifizierung

Beitragsart: Gebauter Beitrag
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: Harald Will
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 08.01.2019
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
LORA-Sendung 7.1.19 Nahost

Bei uns geht es heute um eine Weltgegend, die seit Jahrzehnten immer wieder durch Krisen und Kriege von sich reden macht: Der Nahe Osten. Auch zur Zeit gibt es dort krisenhaften Entwicklungen und es wird Krieg geführt. Es brennen viele Lunten, sagt der Journalist Andreas Zumach:

Zuspielung 1 Zumach-Opening
Mod. Live:
Der Journalist Andreas Zumach. Er ist Korrespondent für Zeitungen und Rundfunk mit Sitz in Genf. Im November hielt er ein Referat bei einer Veranstaltung der Evangelischen Stadtakademie München und der Petra-Kelly-Stiftung - unter dem Titel „Der Nahe Osten – Ein Pulverfass mit brennenden Lunten“. Wir bringen heute Ausschnitte aus diesem Referat. Zumach gibt darin einen Überblick über die derzeitige Lage im Nahen Osten. Und die ist wahrlich besorgniserregend: In Syrien wird seit acht Jahren Krieg geführt. Ausserdem verschärfen sich bedrohlich die Spannungen in der Region, etwa zwischen Israel und Syrien. Und immer häufiger ist von einem möglichen Krieg gegen den Iran die Rede.
Unser Thema in dieser Sendung: Krisenherd Naher Osten – warum die Situation dort immer gefährlicher wird

Am Mikrofon HW.

Wir beginnen unseren Nah-Ost-Rundblick in Syrien. Die Kämpfe dort dauern an, aber für das meiste Aufsehen in der letzten Zeit hat eine Ankündigung von US-Präsident Trump gesorgt. Er gab am 19. Dezember bekannt, dass die etwa 2000 in Syrien stationierten US-Soldaten von dort abgezogen werden. Einen Zeitplan dafür gibt es bisher allerdings nicht. Trumps Begründung für den Abzug: Der Kampf gegen den IS in Syrien sei gewonnen, da brauche man die Soldaten nicht mehr. Andreas Zumach hält die Behauptung, der IS sei besiegt, für grundfalsch – wie gleich zu hören sein wird. Zunächst ging er in seinem Referat aber auf die generelle Lage in Syrien ein.

Zuspielung 2 Zumach Syrien

Mod. Live:
Einen der wichtigsten Akteure im Krieg in Syrien hat Andreas Zumach vorhin nur kurz erwähnt: Russland. Seit 2015 sind in Syrien reguläre russische Einheiten im Einsatz, sie unterstützen die Truppen von Präsident Assad. Russland setzt in Syrien auch Jagdflugzeuge, Bomber und Aufklärungsdrohnen ein. Bei den Bombenangriffen der russischen Flugzeuge wurden nicht nur Stellungen von syrischen Rebellengruppen getroffen, sondern sehr oft auch Wohnviertel. Die Folge: zahlreiche Opfer unter der Zivilbevölkerung. Dass die Russen das Regime von Assad durch eine so massive Intervention stabilisieren und ihm das Überleben sichern, hat ganz handfeste machtpolitische Gründe – und Tradition. Schon zu Zeiten der Sowjetunion bekam Syrien Wirtschafts- und Militärhilfe. Im Gegenzug gestand die damalige Regierung in Damaskus der Sowjetunion zu, syrisches Territorium für eine Marinebasis zu nutzen. Damit sicherte Moskau seiner Flotte den Zugang zum Mittelmeer. Auch Andreas Zumach verwies darauf bei seinem Referat in der evangelischen Stadtakademie - als im Publikum die Frage gestellt wurde, welche Interessen denn hinter dem russischen Eingreifen in Syrien stünden.

Zuspielung 3 Zumach Russland/Syrien

Mod. Live:

Im Krieg in Syrien haben jede Menge ausländische Mächte ihre Hände im Spiel: Die USA, Russland, die Türkei, der Iran und Saudi-Arabien. Und es gibt noch einen Staat, der von außen militärisch eingreift, aber das allenfalls indirekt eingesteht: Israel. In der letzten Zeit hat die israelische Luftwaffe immer wieder Ziele in Syrien angegriffen. Im Visier dabei: iranische Einheiten in Syrien und Stellungen der Hisbollah-Miliz auf syrischem Territorium. Erst an den Weihnachtstagen gab es wieder einen israelischen Angriff. Dabei sollen Waffenlager der Iraner und der Hisbollah getroffen worden sein. Zur Rechtfertigung für die Attacken erklärt die Regierung von Premierminister Netanjahu, die Aktivitäten des Iran und der Hisbollah seien eine Gefahr für Israel. Man werde eine Ausdehnung des iranischen Einflusses in der Region nicht zulassen, so Netanjahu. Mit den Angriffen verstärkt sich allerdings die Gefahr einer direkten Konfrontation zwischen Israel auf der einen Seite, und Syrien und dem Iran auf der anderen Seite. Auch Andreas Zumach ist besorgt, dass sich der Konflikt ausweitet.

Zuspielung 4 Zumach Iran

Mod. Live:
US-Präsident Donald Trump ist kein Freund internationaler Abkommen. Das hat er schon mehrmals bewiesen. Zum Beispiel mit dem Ausstieg aus dem Klimavertrag von Paris. Letzthin erklärte er, die USA würden auch das INF-Abkommen kündigen, also den Vertrag über das Verbot atomarer Mittelstreckenwaffen. Und zuvor hatte er schon eine andere wichtige Vereinbarung quasi in die Tonne getreten, die in mühsamer, jahrelanger Arbeit ausgehandelt worden war: Das Atom-Abkommen mit dem Iran. Es soll verhindern, dass sich der Iran die Möglichkeit verschafft, Kernwaffen zu bauen. Trump behauptet, das Abkommen sei ein miserabler Deal, es sei klar, dass man damit eine iranische Atombombe nicht verhindern könne. Schon im Wahlkampf drohte er mit Kündigung des Abkommens. Im Mai des gerade abgelaufenen Jahres machte Trump dann seine Drohung wahr, zugleich verhängte er neue Sanktionen gegen den Iran. Die Behauptung des US-Präsidenten, der Atom-Vertrag sei ein schlechter Deal, wird von Experten eindeutig zurückgewiesen. Und Andreas Zumach ist überzeugt, dass Trumps Begründung für die Kündigung nur vorgeschoben ist.

Zuspielung 5 Zumach Iran 2

Mod. Live:

Es gibt eine ganze Reihe von Staaten, die im Nahen Osten um Einfluss ringen. Zu ihnen gehört auch Saudi-Arabien. Das saudische Königreich ist eine bedeutende Regionalmacht. Mit dem Iran konkurriert es um die Vorherrschaft in der Region. Die Saudis haben gegenüber dem Iran einen Vorteil: Sie genießen seit Jahrzehnten Unterstützung aus den USA und anderen westlichen Ländern. Dabei wird im Westen geflissentlich über eines hinweggesehen: die katastrophale Menschenrechts-Lage in Saudi-Arabien. Dort wird oft die Todesstrafe verhängt, bei der Zahl der Hinrichtungen liegt Saudi-Arabien auf Platz zwei hinter China. Es gibt andere grausame Bestrafungsarten wie Stockschläge und Steinigungen. Und schließlich: Wer sich in Saudi-Arabien als Oppositioneller outet, lebt gefährlich. Er wandert ins Gefängnis. Oder er wird umgebracht wie der Journalist Jamal Kashoggi, der im saudischen Konsulat in Istanbul auf grausame Art getötet wurde. Der Mord an Kashoggi nötigte die westlichen Regierungen zwar, scharfen Protest bei den Saudis einzulegen. Aber man wüsste doch gerne, ob dem Protest noch mehr folgt. Andreas Zumach stellt deshalb die Frage:

Zuspielung 6 Zumach Saudi-Arabien

Mod. Live:
Saudi-Arabien ist also kein ganz einfacher Verbündeter für die USA. Aber für Präsident Trump sind die Saudis als Alliierte und als Auftraggeber für Rüstungsgeschäfte einfach zu wichtig. Der zweite Partner, den Trump nahezu vorbehaltlos unterstützt, ist die israelische Regierung. Das zeigt unter anderem seine Entscheidung, die US-Botschaft in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen. In Israel wurde diese Entscheidung bejubelt, weil die USA damit deutlich machen, dass sie den Anspruch der Israelis auf Jerusalem als Hauptstadt offen unterstützen. International gab es dagegen scharfe Kritik. Und die Palästinenser fühlten sich brüskiert, denn sie betrachten Ost-Jerusalem als ihre Hauptstadt. Aber für die Palästinenser hat man in Washington offensichtlich kein offenes Ohr mehr. Die Nah-Ost-Politik der USA hat Präsident Trump faktisch an seinen Schwiegersohn Jared Kushner delegiert. Und von dem ist nichts Gutes zu erwarten, meint Andreas Zumach.

Zuspielung 7 Zumach Israel/Palästina

Mod. Live:
Soweit der Journalist Andreas Zumach. Wir brachten Ausschnitte aus einem Vortrag, den er im November bei einer Veranstaltung der Evangelischen Stadtakademie München und der Petra-Kelly-Stiftung hielt.

Verantwortlich für die Sendung und am Mikrofon HW.


Kommentare
10.01.2019 / 14:50 Tagesredaktion freeFM, free FM, Ulm
wurde gesendet
Gespielt in der Ulmer Freiheit bei Radio freeFM in Ulm am 10.01.18 um 15:00.
 
18.01.2019 / 17:15 Kai J., Radio T
Gesendet am 20.01.19 um 13 Uhr im Radio T Chemnitz UKW 102,70 MHz
Vielen Dank!