Focus Europa 43 vom 29.3.2006

ID 12117
 
Nachrichten:
- Demonstrationen gegen Beschneidung von Arbeitnehmerrechten (Frankreich, Großbrittannien, Deutschland, Brüssel)

- Weltsozialforum in Karatschi

- Wahlen in Israel

- Nahe Einigung im Atomstreit im Sicherheitsrat


Beiträge:

- Ausschreitungen in weißrussland Interview mit Elisabeth Schroeter

- Europäische Digitale Bibliothek
Audio
15:26 min, 14 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 29.03.2006 / 12:38

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Klassifizierung

Beitragsart: Magazin
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Internationales, Arbeitswelt, Jugend, Kultur, Politik/Info
Serie: Focus Europa
Entstehung

AutorInnen: Manu Wipperfürth, Nico Storz, Victoria
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 29.03.2006
keine Linzenz
Skript
Paris, London, Berlin – In vielen Ländern Europas weiteten sich am gestrigen Dienstag die Streiks und Demonstrationen gegen Arbeitsmarktreformen aus. In Frankreich gingen Millionen Menschen gegen den Contrat Premiere Embauche auf die Straße. Alle 5 großen französischen Gewerkschaften hatten zum Streik aufgerufen. In vielen Städten lagen öffentliche Dienste wie Verkehr und Müllabfuhr lahm. Hunderdtausende erwachsene Arbeitnehmer hatten sich den Studenten- und Schülerprotesten angeschlossen. Es war der bisher vierte und größte Aktionstag in Frankreich. Die Gewerkschaften lehnten derweil Verhandlungen mit Premierminister de Villepin ab. Dieser hatte die Akzeptanz des CPE zur Vorraussetzung für Gespräche gemacht.
Auch in Großbrittannien gingen gestern über 1.5 Millionen Menschen in Streik. Insbesondere im Norden und in Schottland legten streikende Arbeitnehmer ganze Städte lahm. Sie protestierten damit gegen die drohenden Rentenkürzungen der Regierung. Die Studenten hatten sich allerdings noch nicht im großen Stil solidarisiert.
In Deutschland begann in der Nacht auf heute die Streikwelle in der Metallindustrie. Während Ärzte am letzten Freitag und Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst schon seit Monaten streiken, endete in der Metallbranche heute die Friedenspflicht. In der Nacht gab es Warnstreiks bei Daimler, Ford und anderen Betrieben. In Saarlouis fand kurz nach Mitternacht eine zentrale Kundgebung statt. Die Arbeiter fordern eine Beteiligung am Aufschwung in der Metallindustrie.
Am kommenden Samstag wollen zudem die schlecht bezahlten Praktikanten in Brüssel auf die Straße gehen, die immer mehr die Aufgaben von bezahlten Arbeitnehmern übernehmen.
Inzwischen erkannte auch EU-Prässident Barosso die europäische Dimension der nationalen Proteste. Er forderte auf dem EU-Gipfel unlängst die französische Spitze zum Durchhalten auf.



Karatschi

Das Weltsolzialforum in Asien geht heute zu ende. In die pakistanische Hafenstadt karatschi waren über 20.000 Beobachter und Delegierte aus etwa 58 Ländern angereist. Die Probleme, die im Mittelpunkt standen waren vor allem regionaler Art. Pakistan gehört nach Afghanistan und Irak zu den Ländern, die am meisten unter dem von Bush ausgerufenen "Krieg gegen den Terror" leiden. In den letzten Jahren seien hunderte, wenn nicht tausende von Menschen einfach verschwunden, so der pakistanische Menschenrechtskommissar Rehmann. Die Hoffnungen auf eine Verbesserung der Lage in Pakistan sind aber gering. Es sei vor allem wichtig gewesen, die Aktivisten an einen Tisch zu bekommen, so der pakistanische Autor Tariq Ali.
Kritik erfuhren außerdem die professionellen NGOs. In einem Interview mit dem alternativen US-Radiosender Democracy Now kündigte die indische Schriftstellerin und Aktivistin Arundhati Roy an, die Einladung zum WSF nicht anzunehmen, weil ihr die Dominanz der professionellen NGOs zu groß sei.
Das nächste Europäische Sozialforum findet Anfang Mai in Athen statt. dort sollen vor allem der Kampf gegen die US-Besatzung im Irak, der drohende Iran-Krieg und die EU-Verfassung debattiert werden.



Tel Aviv – In Israel hat die Kadima-Partei die Parlamentswahlen klar für sich entschieden. Sie erhielt 28 von insgesamt 120 Sitzen. Auf den zweiten Platz kam die Arbeiterpartei mit 20 Sitzen. Sie ist möglicher Koalitionspartner inder künftigen Regierung. Danach folgen die ultraorthodoxe Schas-Partei mit 13 Sitzen und die nationalistische Gruppe Israel Beitenu mit 12 Sitzen. Der große Verlierer, der rechts-konservative Likud Block, kam auf 11 Sitze. Bei der letzten Wahl war der Likud mit 38 Sitzen noch die stärkste Fraktion. Die Wahlbeteiligung war mit rund 63% relativ gering.
Die siegreiche Kadima Partei wird polititsch zwischen Likud und Arbeiterpartei angesiedelt. Sie wurde von dem früheren Soldat und Gruppenoffizier Ariel Sharon 2005 ins Leben gerufen, nachdem dieser aus dem Likud-Block ausgetreten war. Nach Sharons Schlaganfall übernahm Ehud Olmert den Parteivorsitz.



New York – Eine Einigung im Atomstreit mit dem Iran steht wahrscheinlich kurz bevor. Ein gestern von Großbrittannien und Frankreich vorgelegter Resolutionsentwurf könnte noch heute im Sicherheitsrat abgestimmt werden. Darin wurde der Iran weiterhin zur Aufgabe seines Atomprogramms aufgefordert. Jedoch gab es einige Umformulierungen. So solle das Atomprogramm nicht mehr als „internationale Bedrohung“ gewertet werden, um schwere Sanktionen zu verhindern. Mit diesem Schritt soll die Zustimmung Russlands und Chinas erreicht werden, die jedoch noch fraglich ist.