focus europa 90 v.Fr. 02.06.06

ID 12825
 
Nachrichten und Interview mit Hans- Christian Ströbele
Nachrichten:
Einigung der UN- Vetomächte über Iran- verhandlungspaket
Hungerstreik in Guantanamo
Studierendenstreiks in BRD
Audio
13:53 min, 13 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 02.06.2006 / 12:41

Dateizugriffe:

Klassifizierung

Beitragsart: Anderes
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Serie: Focus Europa
Entstehung

AutorInnen: benedikt strunz
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 02.06.2006
keine Linzenz
Skript
Hallo und guten Tag, auch wenn man es am Wetter nicht bemerken würde: es ist Freitag der 2 Juni 2006. Ihr hört Focus Europa. Das nachrichten und Informationsmagazin von Radio Dreyeckland aus Freiburg.

Aus aktuellem Anlass beschäftigen wir uns in der kommenden Viertelstunde noch einmal mit der BND- Spitzelaffäre. Hierzu gibt es ein Interview mit dem Grünen Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium Hans- Christian Ströbele. Zunächst aber wie immer die Nachrichten:


SOUND:


Wien: Die fünf Veto- Mächte der United Nations und Deutschland haben sich bei einem mehrstündigen Treffen am gestrigen Donnerstag in Wien auf ein gemeinsames Verhandlungspaket im Atomstreit mit Iran geeinigt. Nach dem Einvernehmen der sechs Außenminister solle der iranischen Staatsführung im Gegenzug zu einem Stopp der Irananreicherung umfassende Zugeständnisse gemacht werden. Nach unbestätigten Informationen soll Iran im Gegenzug zur Aufgabe seiner Atomaktivitäten der Bau eines so genannten Leichtwasser- Reaktors angeboten werden. Alle an dem Kompromiss beteiligten Außenminister äußerten sich positiv über das Angebot. Für den Fall einer Weigerung drohen die Außenminister mit Sanktionen. Bis zum Beginn des G- 8- Gipfels soll Iran Stellung zu dem Angebot nehmen.

Guantanamo / Kuba: Nach Berichten der dpa weitet sicher der Hungerstreik der Guantanamo- Häftlinge aus. Demnach verweigerten in dem amerikanischen Gefangenenlager derzeit etwa 84 Männer die Nahrungsaufnahme, insgesamt werden in Guantanamo etwa 500 Menschen festgehalten. Die Häftlinge protestieren mit ihrem Streik, der für viele bereits seit einem knappen Jahr anhält gegen ihre Haftbedingungen und ihre Festsetzung überhaupt. Derzeit lässt die Lagerleitung 32- Streikende zwangsernähren. Da es sich bei den in Guantanamo Gefangenen um Terroristen handeln würde, verweigert die US- Regierung den meisten Häftlingen nach wie vor eine Gerichtsverhandlung. Viele von ihnen sind seit der Errichtung Guantanamos in 2002 ohne Anklage oder anwaltlichen Kontakt inhaftiert. Nach den Spekulationen von Menschenrechtsorganisationen soll es in dem Gefangenenlager zu systematischen Misshandlungen kommen.

Berlin: Weitgehend ungeachtet der Mainstream- Presse gewinnen die Studierendenproteste in der Bundesrepublik an Fahrt. So kam es am vergangenen Mittwoch in mehreren deutschen Städten zu wütenden, teilweise gewalttätigen Protesten gegen die Einführung von Studiengebühren. In Hamburg etwa blockierten rund 100 Menschen die Gleise des Hauptbahnhofs, 3000 Menschen demonstrierten in Gießen. In Frankfurt am Main gelang es der Polizei bereits zum dritten mal in den vergangenen zwanzig Tagen nicht, Demonstrierende von der Besetzung der Autobahn abzuhalten. Nach Angaben eines Polizeisprechers wurden die Beamten von den rund 1000 Autobahnbesetzern mit Eiern, Tomaten, Flaschen und Holzlatten beworfen. Ein Ende der Proteste scheint derzeit nicht absehbar meint Christian Berg, Vorsitzender des freien Zusammenschlusses der Studierendenschaften (FZS), gegenüber Radio Dreyeckland:




Wer eigentlich kontrolliert die Kontrolleure? Und: Ist diese Kontrolle auch ausreichend? So ließe sich mit knappen Worten ein Fazit unter die BND- Skandale der vergangenen zeit ziehen. Da waren Nachrichtendiesntmänner im Irak stationiert, und gaben auch kriegesrelevante Informationen an das us- amerikanische Militär weiter, da bespitzeln BND- Agenten Journalisten und kaufen sie dazu ein, Kollegen auszuspionieren. Und nun gestern gab der BND vorm Innenausschuss letztlich auch zu, dass er im Fall Al- Masri nicht ganz die Wahrheit gesagt hätte. Zumindest einer seiner Mitarbeiter sei bereits lange Zeit über dessen Entführung informiert gewesen, er hätte nur versäumt diese Information auch weiterzugeben. Grund genug sich einmal die Frage zu stellen, ob man den BND nicht einmal wieder an die kurze Leine nehmen sollte.


Herr Ströbele, sie sind einer der offiziellen parlamentarischen Kontrolleure des Bundesnachrichtendienstes. Haben sie in letzter Zeit das Gefühl ihrer Aufgabe gerecht zu werden?
Betrachtet man sich gestern den Auftritt des BND- Präsidenten Ernst Uhrlaus vor dem Innenausschuss, oder wirft einen Blick in den jüngst veröffentlichten BND- Bericht, dann wird man den Eindruck nicht los, dass der Nachrichtendienst das Parlament und insbesondere das parlamentarische Kontrollgremium nicht sonderlich ernst nimmt. Ist das auch ihr Eindruck?
Muss hier der Gesetzgeber handeln?
Wie müsste denn eine adäquate Kontrolle aussehen? Reichen dazu überhaupt die Kompetenzen des PKG?
Betrachten wir uns noch einmal die Ergebnisse des in der letzten Wochen veröffentlichten BND- Berichts zur so genannten Spitzelaffäre. Der Bericht stellt fest: Ja, es gab in mehreren Fällen eine rechtswidrige systematische Überwachung von Journalisten. Und ja: es gab in mehreren Fällen eine rechtswidrige Kooperation mit Journalisten. Wer trägt hierfür die politischen Konsequenzen?
Verständlicher weise wehrt sich die Bundesregierung gegen den Vorwurf, über illegale Observationen von Journalisten informiert gewesen zu sein. Im Fall al Masri ist das ja ganz ähnlich. Welche Version halten sie für glaubhafter. Agiert hier ein von seinem Dienstherren, dem Bundeskanzleramt nicht zu kontrollierender Geheimdienst. Oder werden Verantwortlichkeiten hier systematisch in der Hierarchie weiter nach unten gereicht?
Bleiben wir noch einmal bei der Frage der Spitzelaffäre. Reichen die dienstrechtlichen Konsequenzen, die die Bundesregierung aus der Affäre gezogen hat?
Was müsste ihrer Meinung nach geschehen? Wie sicher ist denn das Zustandekommen eines solchen Ausschusses?
Herr Ströbele: Es gibt Augenblicke, da bringt ein Tropfen das Fass zum Überlaufen. Ab welchem Zeitpunkt ziehen sie für sich denn die Konsequenz zu sagen. Stopp! Ich steige aus dem parlamentarischen Kontrollgremium aus. Das OPKG ist im Grunde nur eine Legitimationsbasis für den BND ohne echte Befugnisse?



So das war es schon wieder mit Focus Europa. Dem Nachrichten- und Informationsmagazin von Radio Dreyeckland aus Freiburg. Die nächste Ausgabe von uns gibt es am kommenden Montag den 5. Juli 2006. Bis dahin wünsche ich euch ein trockenes Wochenende. Am Mikrophon für euch war Benne.