SchülerInnenregister Hamburg- und Bundesweit

ID 14280
 
Eine Recherche über die anstehende Implementierung eines SchülerInnenregisters in Hamburg förderte weitere Ergebnisse zu Tage. So sollen nicht nur alle Hamburger SchülerInnen erfasst, sondern es sollen gezielt illegalisierte SchülerInnen erfasst werden.
Politisch mindestens genauso brisant ist die Vorbereitung eines bundesweiten Registers aller SchülerInnen in der BRD. Markant an diesem bundesweiten Register ist, dass bei allen SchülerInnen soziale und politische Orientierungen erfasst werden sollen.
Audio
06:39 min, 20 MB, oga
vorbis, 425 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 19.10.2006 / 15:28

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Klassifizierung

Beitragsart: Kommentar
Sprache:
Redaktionsbereich: Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: Nachmittagsmagazin für subversive Unternehmungen
Radio: FSK, Hamburg im www
Produktionsdatum: 13.10.2006
keine Linzenz
Skript
Für MigrantInnen in Hamburg stehen weitere Verschärfungen der Gesetze an. In der Hansestadt ist die bestehende MigrantInnen Praxis schon außerordentlich scharf, so ist es keine Ausnahme, dass Menschen nachts in ihren Wohnungen von der Polizei aufgesucht werden. Sie werden in Gewahrsam genommen und umgehend abgeschoben.

Hamburger SchülerInnenregister
Zunächst zum Hamburger SchülerInnenregister. Nach dem Tod durch Vernachlässigung eines siebenjährigen Mädchens wurde festgestellt, dass es keine vollständige Überwachung aller Kinder im Schulpflichtigen Alter gibt, ob diese wirklich zur Schule gehen. Damit wird die Einführung des SchülerInnenregisters von staatlicher Seite legitimiert. Bei der genauen Betrachtung der schon eingeleiteten Maßnahmen ergibt sich aber ein anderes Bild. Die individuellen Erhebungskategorien der SchülerInnen sind: Namen, Meldeadresse und der Aufenthaltsstatus. Mit dem Abfragen des Aufenthaltsstatus` ergibt sich eine politische Dimension, die so nicht sichtbar war. In Hamburg leben mehr als hundert Kinder illegal. Diese Kinder gehen aber zur Schule, in den Kindergarten und erhalten ärztliche Fürsorge. Mit dem neuen Register und der einhergehenden Abgleichung mit dem Einwohnermelderegister ist dies nicht mehr möglich. Die bisherige solidarische und halblegale Praxis von SchulrektorInnen, illegalisierten Kindern Zugang zu elementarer Bildung zu geben wird unmöglich. Nun müssen illegalisierte Familien befürchten, dass mit dem Schulbesuch ihres Kindes ihr Aufenthaltsstatus bekannt wird und ihre Abschiebung droht. Mit dem Bekanntwerden dieses Registers und der Solidarisierung einer Schulklasse mit einer von akuter Abschiebung bedrohten Mitschülerin und deren Familie steigt auch der Druck auf die Hamburger Bürgerschaft. So gibt es selbst von Teilen der CDU Forderungen nach Änderungen der Flüchtlingspolitik. So scheint in Hamburg das Klima für Verbesserungen in der Flüchtlingspolitik gut zu sein, es fehlt nur noch die Bewegung, welche diese Forderungen stärker artikuliert.

Bundesweites SchülerInnenregister
Doch nicht nur Hamburger SchülerInnen müssen mit einer stärkeren Überwachung rechnen. Die Kultusminister Konferenz beratschlagte die Einführung eines bundesweiten SchülerInnenregisters. Das bedeutet die Erfassung aller SchülerInnen in der BRD in einer zentralen Datei. Begründet wird die massive Datensammlung mit der angeblichen Möglichkeit, Analysen über das gesamte Bildungssystem, sowie die Entwicklung einzelner SchülerInnen, zu bieten. Um dies zu ermöglichen sollen verschiedene Daten erhoben werden: z.B. Schulform, Wahlfächer, Versetzung, Informationen über die Familie (wie z.b. die zu Hause gesprochene Sprache sowie sozioökonomische Daten). Mit den eben genannten Kategorien lassen sich aber lange nicht die Ergebnisse herbeiführen, um die Qualität und die Missstände des Bildungssystems zu messen. Im Gegensatz zur Pisa Studie werden hier keine Stichproben untersucht um Rückschlüsse auf die Grundgesamtheit (also alle SchülerInnen) zu bekommen, sondern es wird die Grundgesamtheit, mit einer für diese angeblichen Ziele zu geringen Anzahl und Qualität von Erhebungskategorien erfasst. Damit steht der vorgegebene Sinn, der Evaluation des Bildungssystems, zur Disposition. Einleuchtender wird dieses Register wenn die Ergebnisse der Recherche von www.heise.de beachtet werden. Diese zitieren aus einem internen Bericht der KMK: (http://www.heise.de/tp/r4/artikel/23/236...)

Die Zielsetzung der Bildungsberichterstattung geht jedoch über die Messung von schulischen Lernergebnissen deutlich hinaus. Im Interesse einer Gesamtbilanzierung von Bildungsergebnissen (die wiederum Grundlage für die Prognose weiterer Bildungsverläufe und Erträge wäre) wird dringend empfohlen, das Erhebungsprogramm auszuweiten auf Dispositionen für eine selbstständige Aufgabenbewältigung und für selbstreguliertes Lernen sowie auf selbst- bzw. (bei jüngeren Kindern) durch Bezugspersonen berichtete Orientierungen und Fähigkeiten im Bereich sozialer Kompetenzen. Bei älteren Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen sollten darüber hinaus informations- und kommunikationstheoretische Kompetenzen und die Bereitschaft zu politischem und sozialem Engagement erfasst werden.

Diese Rechercheergebnisse geben dem bundesweiten SchülerInnenregister eine große politische Brisanz. Mit dem Erfassen des politischen und sozialem Engagement scheint die Intention der Bildungsevalution gänzlich passe. Soziales/politische Engagement könnte zwar eine Indikator für weitreichende Kompetenzen sein, die zu einem Bildungserfolg führen bzw. erklären. Andererseits ist damit eine sehr kritische Ebene staatlicher Erfassung erreicht. Am wichtigsten ist wohl, dass staatliche Institutionen und gerade die Schule als Ort Identiärer Prägung, keine Befugnis haben ihre SchülerInnen ideologisch zu durchleuchten. Den SchülerInnen werden mit einer ständigen Kontrolle ihrer Wert- und Datenstrukturen unterzogen. Denn solche eine Erfassung wird in der Praxis zu einer Kontrolle gegenüber den SchülerInnen bzw. zu Handel bestimmt von sozialer Erwünschtheit der SchülerInnen gegenüber den LehrerInnen führen. Mit dieser Kartei könnten der Zugang zu bestimmten Schulen geregelt werden, sodass SchülerInnen von vornherein aussortiert werden. Eine Andere Möglichkeit wären polizeiliche Zugriffe auf diese Datei. Damit wäre eine Datensammlung, die sonst nur von Geheimdiensten/höheren Polizeiinstituionen erhobenen wird, für viele nutzbar.

Hier noch ein paar Links zu diesem Thema:
http://www.abendblatt.de/daten/2006/10/1...
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/23/236...
http://www.abendblatt.de/daten/2006/09/3...
http://www.datenschutz.de/news/detail/?n... (Linksammlung zum Thema SchülerInnenverzeichnis)

Kommentare
21.10.2006 / 13:31 Walter Kuhl, Radio Darmstadt
Sendefähig?
Ich hätte den Beitrag gerne in meiner sendung kapital-Verbrechen am 23.10.2006 gesendet, aber in der vorliegenden Form ist er einfach nicht sendefähig. Einmal abgesehen davon, daß die nachträgliche "Komprimierung" zu einem scheußlichen Sound geführt hat, handelt es sich bei dem verlesenen Text eher um Leseübung. Und das kann und will ich meinen Hörerinnen und Hörern nicht zumuten. Ich weiß auch, wie schwierig es ist, fremde Texte vorzulesen. Aber wenn man verstanden werden will und seine wichtige Botschaft vermitteln will, dann muß man (oder frau) sich halt auch Mühe geben.