focus europa nr.199

ID 14488
 
news: energieverschwendung in der eu, neuwahl in katalonien, jahrestag zur ermordung theo van gogh,
frauenrechte in der türkei
beitrag: vertreibung von roma in slowenien (radio corax)
Audio
14:42 min, 13 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 02.11.2006 / 12:29

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Klassifizierung

Beitragsart: Magazin
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Internationales, Politik/Info
Serie: Focus Europa
Entstehung

AutorInnen: franz, anke
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 02.11.2006
keine Linzenz
Skript
Die Verantwortung der EU-staaten in punkto Klimawandel lässt trotz der im Kyotoprotokoll beschlossenen Verpflichtung, die Treibhausgase bis 2012 um 8 % zu reduzieren ,zu wünschen übrig.
Die englische Umweltorganisation „Energy saving trust“ hat vorige Woche eine Liste europäischer Energieverschwender erstellt, die allerdings nur die fünf größten Staaten erfasst. Danach gehört Großbritannien zu den größten Energieverschwendern, gefolgt von Italien, Frankreich Spanien und Deutschland.
Selbst als Schlusslicht kann Deutschland in anbetracht von Klimawandel allerdings ebenfalls keine beruhigenden Zahlen vorweisen: auch wenn Briten angeblich doppelt so häufig unnötig Elektrogeräte laufen lassen, so wurden 2006 in Deutschland bspw. schon mehr als 3 Millionen neue Autos zugelassen, die Lufthansa meldet allein für September diesen jahres über fünf Millionen Fluggäste.
Premier Blair erklärte indes vergangenen Dienstag, sein Land werde sich an die Spitze der globalen Umweltbewegung setzen. In diesem Zusammenhang steht wohl auch eine neulich geschmiedete Öko-Allianz mit dem kalifornischen Gouverneur Arnold Schwarzenegger.
Auch der buckinghampalace scheint voll und ganz seiner Verantwortung nachzukommen: künftig wird der Wohnsitz von Königin Elisabeth auch bei Nacht angestrahlt.

Am heutigen Donnerstag, den 2. 11 jährt sich der Mord an dem niederländischen Regisseur Theo van Gogh durch einen radikalen Islamisten zum zweiten mal. Der in Den Haag geborene Schriftsteller Ian Buruma erklärte in einem interview mit der Tageszeitung Taz den radikalen Islam als etwas besonderes, aber keine totalitäre Gefahr. Die Reaktionen auf den Mord an van gogh seien hysterisch gewesen. Gleichzeitig warnte er vor der Ausgrenzung normaler Muslime. Eine Gefahr bedeute der radikale islam allenfalls für die länder des nahen ostens, aber nicht für europa so buruma. Seine literarische reportage über den Mord an Theo van gogh „murder in amsterdam“ erscheint im Frühjahr auf deutsch.

Bei der Neuwahl des Parlaments der spanischen Region Katalonien hat die gemäßigte Nationalistenpartei CiU die meisten Stimmen erreicht. Ausgelöst wurde die Neuwahl durch einen Streit über ein neues Autonomiestatut, infolgedessen die CiU die Koalition verließ. Laut vorläufigem Endergebnis der Wahl kommt die CiU mit 48 von 135 Sitzen auf zwei Mandate mehr als bei der vergangenen Wahl im Jahr 2003. Die regierenden Sozialisten erhalten dagegen fünf Mandate weniger als zuvor und damit 37 Sitze. Die radikalen Nationalisten von der ERC stellen 21 Abgeordnete, die Grünen zwölf. Sozialisten, ERC und Grüne bildeten bislang ein Bündnis. Bei der Wahl waren mehr als 5,3 Millionen Wahlberechtigte zur Abgabe ihrer Stimmen aufgerufen. Katalonien ist mit sieben Millionen Einwohnern die zweitgrösste spanische Region.
Die Mehrheit der Katalanen wünschen sich einer Umfrage zufolge eine große Koalition aus Sozialisten und CiU. Eine solche Lösung käme nach Presseberichten auch der Regierung in Madrid gelegen. Der spanische Ministerpräsident Zapatero könnte dann erreichen, dass die CiU-Abgeordneten im gesamtspanischen Parlament seinem Minderheitskabinett zu einer stabilen Mehrheit verhelfen.

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In der Türkei tut sich was –zumindest bezüglich der Frauenrechte. Zurzeit sind Frauenrechte und Anti-Gewaltkampagnen en vogue in der Türkei. Regierung und das Amt für Religiöse Angelegenheiten sprechen sich dezidiert gegen innerfamiliäre Gewalt aus. Viele Kommunen sind an Frauenhäusern interessiert und Blätter wie das sozialdemokratische Boulevardblatt "Milliyet" setzen sich werbewirksam für junge Mädchen ohne Schulausbildung ein und die konservative Boulevardzeitung Hürriyet führt seit einem Jahr eine Kampagne gegen häusliche Gewalt. Ein Grund für den Aktionismus in Sachen Frauenrechte sei der gewünschte EU-Beitritt der Türkei und die damit verbundene internationale Aufmerksamkeit. Die meisten der rund 80 Frauenorganisationen in der Türkei begrüßen die Schritte. Verlassen möchten sich die Frauen auf die möglichen Segnungen der EU indes nicht.
Zwar sind die Gesetze in der Türkei seit einigen Jahren wohlwollend den Frauen gegenüber; so sind Frauen und Männer in der Türkei seit 2002 gleichermaßen "Familienoberhäupter" und berechtigt, über den Wohnort der Familie oder die Schule der Kinder zu entscheiden; allerdings sieht die Praxis etwas anders aus. So wissen die meisten Opfer von Gewalt nichts von ihren Rechten. Besonders in den ländlich-konservativen Gebieten herrschen teilweise immer noch streng-patriarchalische Gesellschaftsstrukturen, die zu Lasten von Mädchen und Frauen gehen.

Die türkischen Frauenbewegungen kämpfen indes weiter für bislang unerfüllte Forderungen. So wird immer noch die Abschaffung des großen Ermessensspielraumes der Richter verlangt, da dieser zu unverhältnismäßig milden Bestrafungen der Täter führen kann. Weiterhin wird gegen den weitverbreiteten Analphabetismus unter Frauen angekämpft. Trotz allgemeiner Schulpflicht sind 18,9% der Mädchen und Frauen in der Türkei Analphabetinnen.

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Hunderte Einwohner im slowenischen Ambrus haben am vergangenen Wochenende versucht, eine Roma-Siedlung am Dorfrand zu stürmen. Hindern konnte sie daran nur eine Hundertschaft Polizisten. Die Roma mußten mehrere Nächte im Wald übernachten und befinden sich nun in einem Flüchtlingslager mit unhaltbaren hygienischen Zuständen. Menschenrechtsorganisationen verurteilen diesen Zwischenfall scharf. Zu Wort kommt nun der Augenzeuge und Fotograf Borut Peterlin. Gesprochen hat mit ihm Stefan Tenner von Radio Corax.