Focus Europa Nr. 203 am 8.11.06

ID 14550
 
Interview mit vadim damier zu anarchosyndikalistische Bewegung in Russland,
Nachrichten: Gaza-schlimm, Bundeswehr-hier-und-dort, Stoiber-gegen-türkei
Audio
15:52 min, 15 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 08.11.2006 / 12:31

Dateizugriffe:

Klassifizierung

Beitragsart: Magazin
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Internationales, Arbeitswelt, Jugend, Politik/Info
Serie: Focus Europa
Entstehung

AutorInnen: han/vic
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 08.11.2006
keine Linzenz
Skript
Gaza-Stadt

Die Palästinenserführung hat nach dem Tod von mehr als 20 Menschen bei israelischen Militäreinsätzen eine Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrates gefordert. Palästinenserpräsident Abbas sprach von einem Massaker der Besatzungsmacht. Die Situation eskaliert mal wieder. Die Organisation der islamischen Staaten erklärte in Mekka, Israel habe Kriegsverbrechen begangen. Ein Hamas-Führer rief zu neuen Anschlägen in israelischen Städten auf. Bei einem Angriff auf ein Haus in Bet Hanun im Gaza-Streifen starben heute früh mindestens 18 Palästinenser. Mehr als 20 wurden verletzt. Die örtlichen Behörden erklärten, es habe sich bei den Opfern um Zvilisten gehandelt. Weitere fünf Palästinenser wurden im Westjordanland getötet. Der israelische Verteidigungsminister Perez stoppte die Artillerieangriffe auf den Gazastreifen bis auf weiteres und wies die Armee an, die Vorgänge in Beit Hanun zu überprüfen. Erst gestern hatte die Armee erklärt, ihr größter Einsatz im Gazastreifen seit gut einem Jahr in Beit Hanun sei beendet. Ziel der Operation war es nach Darstellung der Regierung in Jerusalem, ständige Raketenangriffe auf Israel zu unterbinden. Unterdessen erklärte der palästinensische Ministerpräsident Hanija von der Hamas, die Gespräche über eine Regierung der nationalen Einheit mit der Fatah von Palästinenserpräsident Abbas würden ausgesetzt.



Berlin

In Berlin ist das Kabinett zusammengekommen, um über die Verlängerung des Bosnien-Einsatzes der Bundeswehr bis November 2007 zu beraten. Zugleich soll aber das deutsche Kontingent verkleinert werden. Verteidigungsminister Jung hat bereits angekündigt, die Soldaten schrittweise abziehen zu wollen. Derzeit sind rund 850 deutsche Soldaten in Bosnien-Herzegowina stationiert.
Es könnte aber in Zukunft vermehr zu einem militärischen Engagement der Bundeswehr kommen. Der Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-amerikanischen Beziehungen, Voigt, rechnet nach den Kongresswahlen in den USA mit Veränderungen nicht nur in der Irak-Politik. Die Republikaner von Präsident Bush verloren nach zwölf Jahren ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus. Den Demokraten sind nach dem jetzigen Stand der Auszählung mehr als die Hälfte der 435 Mandate sicher. Der SPD-Politiker Voigt sagte im Deutschlandfunk, dass die Forderungen an die Deutschen, militärisch und politisch aktiv zu werden, zunehmen könnten. Dies betreffe unter anderem wirtschaftliche Entlastungen bei der Stabilisierung in Afghanistan und im Irak. Voraussichtlich werde man auch ein verstärktes militärisches Engagement fordern, etwa mit Kampftruppen im Süden Afghanistans oder in der sudanesischen Krisenregion Darfur. Für beides sehe er allerdings derzeit im Bundestag keine Mehrheit, betonte Voigt.


Brüssel-Ankara-Berlin

Die Europäische Union soll im Dezember entscheiden, ob die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zumindest teilweise auf Eis gelegt werden. Bis zum Gipfeltreffen der EU- Staats- und Regierungschefs soll die finnische Ratspräsidentschaft noch einmal versuchen, Ankara im Streit über die Anerkennung des EU-Mitglieds Zypern zum Einlenken zu bewegen. Diese Empfehlung ist nach Angaben von Diplomaten in einem kritischen Bericht enthalten, den die Kommission am heutigen Mittwoch vorlegt.
In dem "Fortschrittsbericht" kritisiert EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn ein Nachlassen der Reformbemühungen der türkischen Regierung. Ankara müsse sich den rechtstaatlichen EU-Standards annähern. Dazu gehöre die Religionsfreiheit, stärkere Kontrolle der Armee und die Abschaffung des Paragrafen, der die "Herabwürdig
ung des Türkentums" unter Strafe stellt. Der türkische Premier Erdogan hatte eine Änderung des Gesetzes in Aussicht gestellt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wies die Forderung des CSU-Chefs Edmund Stoiber zurück, die Verhandlungen einzufrieren. Trotz der Unnachgiebigkeit Ankaras solle eine einvernehmliche Lösung angestrebt werden.Die Frankfurter Runschau kommentierte die Ereignisse folgendermaßen: "Es ist schon eine gefährliche Form populistischer Hast, jetzt den Abbruch der Gespräche zu verlangen anstatt beharrlich die notwendigen Reformen einzufordern. Denn nur so kann der Prozess fruchtbar sein - nicht nur für die Türkei, sondern auch für die EU, auf der ebenfalls erheblicher Reformdruck lastet. Denn ändert sich die EU nicht grundlegend, verdrängt sie, dass sie sich - auch ohne die Türkei - vielleicht schon zu Tode erweitert hat. Nicht nur die Türkei hat vielfältige innenpolitische Reformhemmnisse zu überwinden, für die EU gilt das ebenso. In beiden Fällen wäre es allerdings vermessen, auf eine plötzliche Wunderheilung zu setzen", kommentiert die FRANKFURTER RUNDSCHAU.