Kingsley-Prozess in Freiburg/Hundebiss

ID 20790
 
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Petra berichtet über den gestern begonnenen Prozess gegen Kingsley. Nach dem der Deutsche mit afrikanischer Herkunft die Polizei zuhilfe gerufen hatte, wurde er verhört, vom Polizeihund gebissen und steht jetzt wegen Widerstand gegen die Polizei vor Gericht.
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10:25 min, 9766 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 24.01.2008 / 11:47

Dateizugriffe: 1113

Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Internationales
Serie: MoRa3X
Entstehung

AutorInnen: konrad / mirko
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 24.01.2008
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Badische Zeitung vom Mittwoch, 23. Januar 2008
Der helfen wollte, steht vor Gericht Abo
Gestern begann der Prozess gegen einen Deutschen aus Nigeria

Von unserem Redakteur Gerhard M. Kirk

Der Fall hat etwas von einer klassischen Tragödie. Ein Mann will einer Frau helfen, die augenscheinlich in Not ist. Er ruft die Polizei zu Hilfe, will ihr aber seine Personalien nicht geben. Es kommt zu lautstarken Auseinandersetzungen, Handgreiflichkeiten auch. Der Mann wird von einer Polizeihündin gebissen. Er bekommt einen Strafbefehl wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. Dagegen legt er Einspruch ein. Gestern begann nun im Freiburger Amtsgericht der Prozess gegen den aus Nigeria stammenden Deutschen.

Es steht Aussage gegen Aussage. Der 43-Jährige erzählt: Am Karsamstag 2007 alarmiert er spätabends über sein Handy die Polizei, eine in Tränen aufgelöste Frau habe von einer Schießerei in einer Gaststätte an der Ecke Eschholz-/Ferdinand-Weiß-Straße berichtet. Als zwei Streifenwagen ankommen, gibt er sich als Anrufer zu erkennen, weigert sich aber, seine Personalien anzugeben, und will zu seinem neunjährigen Sohn auf die andere Straßenseite. Daran versuchen ihn die Polizisten zu hindern, beharren auf den Angaben zur Person. Der Mann befreit sich aus dem Polizeigriff, fragt immer wieder "Was hab’ ich gemacht?" . Dann habe er gehört, wie die beteiligte Polizistin zu einem Kollegen gesagt habe: "Hol mal den Hund!" Und: "Friss den Neger!" Er versucht sich vor den Bissen der Hündin zu schützen. Schließlich habe er einen Schlag mit einer Pistole in den Nacken bekommen.

Dagegen sagen die drei Polizeiobermeister und die Polizeiobermeisterin, die als erste nach dem Anruf vor der Gaststätte angekommen sind, übereinstimmend aus: Sie seien von einem Tötungsdelikt ausgegangen und hätten wissen wollen, mit wem sie es da zu tun hatten. Der Anrufer jedoch habe sich geweigert, Angaben zu machen, und weggehen wollen. "Da haben wir versucht, ihn unter Kontrolle zu bringen — was nicht einfach war." Der Hundeführer sieht seine Kollegen durch den Widerstand in Gefahr. Er ruft seiner Diensthündin das Reizwort "Pass auf!" zu. Der Hund beißt zuerst einen Polizeibeamten in den Arm und dann mehrfach den mittlerweile am Boden liegenden 43-Jährigen. "Das Ganze eskalierte vollkommen, weil wir nicht Herr der Lage waren." Der Hundeführer bestätigt, den Mann mehrmals mit der Faust ins Gesicht geschlagen zu haben. Der wiederum habe ihm gedroht "Du bist tot" (was der Beschuldigte bestreitet). Diesen Ausruf (den die Polizistin bestreitet) hätten sie ebenso wenig gehört wie die angeblichen Kommandos ihrer Kollegin, sagen die Polizisten als Zeugen aus. Ebenfalls hätten sie weder eine gezückte Pistole noch Schlagstöcke im Einsatz gesehen.

An eine laute und aggressive Stimmung erinnert sich eine Zeugin, die das Geschehen an jenem 7. April zufällig beobachtet hat. Als der Hundeführer seinen Hund von der Leine ließ, habe sie gebrüllt "Das kann ja wohl nicht wahr sein. Der liegt ja schon wehrlos am Boden." Sie habe auch mehrfach gehört, dass der Vater zu seinem Sohn wollte (was die Polizei-Zeugen bestreiten). "Ich war völlig entsetzt." Ähnlich schildert ein anderer zufälliger Zeuge seinen Eindruck. Der Mann habe über die Eschholzstraße gehen wollen, sei festgehalten worden, habe sich aus der Umklammerung lösen wollen, ohne zu schlagen und zu treten. Dann sei der Hund losgelassen worden und habe zugebissen. "Ich konnte es nicht fassen, ich war total geschockt."

Die Verfahren gegen die Polizisten

wurden inzwischen eingestellt

Am 8. April 2007 erstattete der 43-Jährige Anzeige gegen die Polizisten. Diese Verfahren wurden inzwischen eingestellt. Die Beamten erstatteten nun ihrerseits Anzeige gegen den Mann, der seine Personalien nicht angeben wollte. Dem ging tatsächlich im August vergangenen Jahres ein Strafbefehl zu: Wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Bedrohung bekam er eine Verwarnung über 375 Euro (25 Tagessätze à 15 Euro), bei einem Jahr Bewährung. Dagegen legte der Deutsche aus Nigeria Einspruch ein. So kam es zur Verhandlung, die am Donnerstag fortgesetzt wird.

Wobei der Richter gestern schon gleich zu Beginn dem Beschuldigten deutlich macht: "Dafür, was Sie uns erzählt haben, gibt es nach Aktenlage keinen einzigen Zeugen." Und der Staatsanwalt fragt: "Glauben Sie wirklich, dass Sie hier irgendwas gewinnen können?" Ganz anders der Verteidiger, der einen Freispruch oder eine Einstellung des Verfahrens mit Straffreiheit fordert — "alles andere wird dem nicht gerecht, dass es nur um eine Identitätsfeststellung ging" .

Kommentare
29.01.2008 / 16:30 theo,
gesendet am 28.1.2008 zwischen 21.30-22.00 in frei für "Aktuelles, Wissenswertes, auch Lockeres aus Politik und Gesellschaft"
danke, na so ganz schlau wird man nicht daraus, aber so ist das manchmal