[für zip 26.02.03]Zum Offenen Brief an die Friedensbewegung:Interview mit einem Vertreter des "Bündnis gegen Antisemitismus"

ID 3376
 
Anmoderation: "Wider die politische Naivität" ist ein offener Brief übertitelt, den das Berliner Bündnis gegen Antisemitismus an die Friedensbewegung gerichtet hat - konkret an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der großen Demo in Berlin am 15.Februar. Mehr als 150 Gruppen und Einzelpersonen haben diesen Brief mittlerweile unterzeichnet. Zu den Erstunterzeich-nerInnen gehören Ralph Giordano und Lea Rosh, aber auch kritische Vertreterinnen der Friedensbewegung, wie die Aktion 3.Welt Saar. Birgit von Radio Dreyeckland führte ein Interview mit einem der Autoren dieses Briefes. Die erste Frage an Olaf vom Bündnis gegen Antisemitismus lautete: Welche Kritik habt ihr an der Friedensbewegung und konkret an der Berliner Demo?
Audio
07:34 min, 3548 kB, mp3
mp3, 64 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 25.02.2003 / 00:00

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Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Serie: zip-fm - Einzelbeitrag
Entstehung

AutorInnen: Birgit
Kontakt: rdl06
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 25.02.2003
keine Linzenz
Skript
Kein Skript vorhanden.

Kommentare
13.03.2003 / 16:35 Sven,
Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus - es sei denn, er bringt den Leuten Gutes
Ach du liebe Güte. Ist der Herr von der CDU? Falls nicht, gibt es wohl keinerlei weltanschauliche Barrieren, die einem Eintritt im Wege stehen. Die Millionen Menschen, die in der Welt gegen den Krieg kämpfen, sind alle naiv? Und tun das, um "ihre diffusen Ängste auszuagieren"? Ziemlich lahmarschiges Psychogeschwätz, muss ich sagen - da gefällt mir der saftige (und topmodische) Vorwurf des Antisemitismus schon besser. Allerdings: Wenn ein Transparent "Stop the zionist occupation" schon das Antisemitischste ist, was die Demo zu bieten hatte, sollte man ihn vielleicht nicht zur Hauptstütze seiner Argumentation machen. Was ich richtig gefährlich finde, ist den Krieg als ganz normales Mittel der Politik zu präsentieren: Man muss halt mal schauen, was hinten rauskommt - wenn's positiv für die Menschen ist, ist er okay, sonst nicht. "Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus" ist keine hohle Phrase, sondern eine Mahnung, die noch immer gilt und noch immer eine Selbstverpflichtung beinhaltet. Ich weiß, jetzt kommt das Gegenargument, die Nazis wären durch Krieg besiegt worden - ein Argument nicht ohne geschichtsrevisionistischen Unterton. Denn es war Nazideutschland, das den Krieg angefangen hat, abgesehen davon ist Saddam Hussein nicht Hitler. Zum Vorwurf des Antiamerikanismus: Ich schreibe "Vorwurf" und nicht "Kritik", denn für eine Demo von einer halben Million Leute ist der angebliche Antiamerikanismus reichlich schwach belegt. Wer jedenfalls glaubt, er oder sie müsse sich zwischen deutschem und US-amerikanischem Imperialismus entscheiden, sollte uns nicht mit solchen Verirrungen belästigen. Und wenn der Interviewpartner meint, der Krieg werde nicht wegen des Öls und einer Neuordnung der Region nach US-Vorstellungen geführt, ist er derjenige, der naiv ist.
 
27.02.2003 / 12:47 Birgit, Radio Dreyeckland, Freiburg
richtig zuhören
war mir schon klar, daß das interview solche Reaktionen hervorrufen würde. Aber bitte auf dem Teppich bleiben und richtig zuhören: Krieg wurde nicht als normales Mittel der Politik bezeichnet und daß "der Herr nicht von der CDU ist", ist aus seinem Bemühen, linke Kritik nicht in einer diffusen Masse von Kriegsgegner versickern zu sehen, sehr wohl herauszuhören. Masse ist nicht Klasse. Ansonsten kann man schon verschiedener Meinung sein - vielleicht auch ohne Interviewpartner blöd zu diffamieren?
 
02.03.2003 / 14:15 Sven,
Was ich im Interview zu hören glaube
Der Interviewte sagt, "Amerikakritik", die "vielleicht (!), unter Umständen (!) auch (!) gerechtfertigt sein kann", müsse Normen aufweisen, an denen sie sich messen ließe. Zum Beispiel müssten die Fragen gestellt werden: "Kann dieser Krieg die Situation im Mittleren Osten verbessern, die Lebenssituation der Menschen verbessern, eventuell die Situation in Israel sichern?" Würden diese Fragen nicht gestellt, handele es sich um Antiamerikanismus. So zu argumentieren bedeutet, Krieg als ganz normales Mittel der Politik zu akzeptieren: Man muss halt mal schauen, ob seine Ergebnisse ihn rechtfertigen. Das Verhältnis zum Krieg ist rein taktisch, es wird von Fall zu Fall entschieden, ob man für oder gegen den Krieg ist. Genau so machen es auch die bürgerlichen Parteien - und genau dieses taktische Verhältnis sollte wir (neben anderem!) an der bürgerlichen Friedesbewegung kritisieren. (Was, du bist gegen die Hinrichtung von Minderjährigen? Stellst du auch die Frage, ob sich die Situation im Lande dadurch verbessert oder verschlechert? Sonst bist du antiamerikanisch!) Was für ein Wahnsinn! Kein Staat hat das Recht, einen anderen militärisch zu überfallen; wer anfängt zu überlegen, ob eine Verbesserung der Lebenssitution von hundert Millionen Menschen den Tod von einer Million rechtfertigt, hat eine Schraube locker und im linken Radio nichts zu suchen. Im Interview findet sich kein Wort über die neue US-Militärstrategie der präemptiven Kriege, dafür sagt der Interviewte, die zentralen Motive der deutschen Friedensbewegung seien "gegen Amerika gerichtet" - also nicht gegen die Politik der reaktionären Bush-Administration, sondern gegen das Land. Genau wie die Springerpresse die Bewegung gegen den Vietnamkrieg immer als antiamerikanisch denunziert hat. Ferner sagt der Interviewte, er vermute als Motiv der Menschen, die in aller Welt gegen den Krieg auf die Straße gehen, "Angst vor Veränderung". Das willst du uns als linksradikale Kritik an der Friedensbewegung verkaufen? Das ist doch eine ganz doofe pauschale Denunzierung von KriegsgegnerInnen. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Es gibt auf den Antikriegdemos genügend schwachsinnige Parolen und naive, personalisierende Interpretationen des Weltgeschehens. Die sollten wir aber kritisieren, indem wir ihnen radikale antimilitaristische, anti-imperialistische Analysen entgegenstellen. Und nicht so ein Springerzeitungs-haftes Psychogebrabbel.
 
13.03.2003 / 16:47 Maria,
Rückkehr der starken Männer
Sehr schön auch der Subtext, den der Verweis auf die angeblichen Ängste der KriegsgegnerInnen hat: alles Feiglinge! Ich hab beim Zuhören immer die Tel Aviver Antikriegsdemonstration vor Augen gehabt - die israelische Linke beim "Ausagieren ihrer diffusen Angst vor Veränderung".
 
27.09.2007 / 17:35 michael genderkinger, coloRadio, Dresden
gesendet
Bisschen dünn zu dem spannenden Thema.