Focus Europa (#077) Dienstag, 13. Juli 2010

ID 35070
 
-Wie sind die Beziehungen zwischen EU und Russland?

-Skepsis über geplantes Freihandelsabkommen zwischen EU und Kanada


-Nachrichten:

-Homoehe in Argentinien?

-Burkaverbot in Frankreich

-Großeinsatz gegen die italienische Mafia

-Lobbyschlacht um Gentechnik in Brüssel

-2 Journalisten in Mexiko erschossen

-Repressionen gegen tunesische Regierungskritiker angeprangert
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28:43 min, 26 MB, mp3
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Upload vom 13.07.2010 / 20:07

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Beitragsart:
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Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Internationales, Umwelt, Politik/Info
Serie: Focus Europa
Entstehung

AutorInnen: Martin, Hanne, Philipp
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 13.07.2010
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
-Keine Frage, Freihandelsabkommen zwischen zwei und mehreren Staaten liegen seit Jahren im Trend. Während die sog. Doha-Entwicklungsrunde zur weiteren Liberalisierung der Weltmärkte unter dem Dach der Welthandelsorganisationen ins stocken geraten ist, kämpft seit Jahren jeder alleine um Marktzugänge.
Insbesondere auch die EU beteiligt sich hieran und versucht durch Freihandelsabkommen neue Absatzmärkte weltweit für europäische Produkte und vor allem Dienstleistungen zu erhalten. Seit 2009 laufen unter anderem Verhandlungen mit Kanada, um ein gemeinsames Wirtschafts- und Freihandelsabkommen. Vom 12.-16. Juli findet hierzu in Brüssel die 4. Verhandlungsrunde statt – Was jedoch genau verhandelt wird, ist ziemlich ungewiss, finden die Verhandlungen doch im Wesentlichen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Insbesondere in Kanada haben jedoch viele NGOs große Sorgen vor den möglichen Folgen eines Freihandelsabkommens. Hierzu sprachen wir mit Rick Arnolds von der freihandelkritischen kanadischen NGO Common Frontiers. Und zunächst wollten wir von ihm wissen, weshalb er das derzeit in Verhandlung befindliche Freihandelsabkommen zwischen Kanada und der EU ablehnt.
Weitere Infos zum geplanten Abkommen und den Protesten vor allem kanadischer NGOs findet ihr auf der Internetseite: http://tradejustice.ca - http://tradejustice.ca
Infos zu Common Frontieres gibt es auf der Seite: http://www.commonfrontiers.ca/

-Ein Interview mit dem Publizisten und Autor Kai Ehlers zu den EU-russischen Beziehungen und Ehlers' neuem Buch "Kartoffeln haben wir immer"

Nachrichten:

-Dürfen gleichgeschlechtliche Paare in Argentinien legal heiraten?

Morgen entscheidet der argentinische Senat über ein entsprechendes Gesetz. Der Ausgang der Abstimmung gilt als offen. Präsidentin Cristina Kirchner hatte das Gesetzesvorhaben erst am vergangenen Freitag als "Verantwortung aller, eine gleichberechtigtere Gesellschaft zu schaffen, in der die Minderheiten die gleichen Rechte haben wie die Mehrheiten", verteidigt. Die Abstimmung über das Gesetz ist Teil des jahrelangen Streits zwischen der Regierung und der katholischen Kirche des Landes. Gegen das Gesetzesvorhaben protestieren vor allem orthodoxe Vertreter von katholischen, jüdischen und islamischen Glaubensgemeinschaften. Der Erzbischof von Buenos Aires, Jorge Bergoglio bezeichnete gleichgeschlechtliche Ehen als "Destruktives Streben im Plan Gottes", der Erzbischof von La Plata Aguer sprach von „einem kulturellen Krieg gegen das Christliche in unserem Volk. Sollte der Senat in Argentinien am Mittwoch zustimmen, würde in einem Land Lateinamerikas, das eine Bastion der katholischen Kirche ist, auf nationaler Ebene die Ehe von gleichgeschlechtlichen Paaren erlaubt. In anderen Ländern Lateinamerikas ist die Eheschließung für gleichgeschlechtliche Paare bislang nur in wenigen Städten und Provinzen möglich. Die bisher in Argentinien geschlossenen neun Ehen sind juristisch angefochten worden und noch nicht endgültig anerkannt. Als erstes Land Lateinamerikas legalisierte Uruguay 2008 die Zivilehe für Homosexuelle.

-Burkaverbot in Frankreich:

Die französische Nationalversammlung hat ein Verbot jeglicher Arten von Vermummung beschlossen, besonders davon betroffen sind muslimische Frauen, die eine Burka tragen. Frauen, die gegen das "Verbot der Gesichtsverhüllung in der Öffentlichkeit" verstoßen, sollen nun 150 Euro zahlen oder einen Kurs in Staatsbürgerkunde absolvieren müssen. Männern, die ihre Frauen zur Verschleierung zwingen, drohen eine Geldstrafe von 30.000 Euro und ein Jahr Gefängnis. Ist das Opfer minderjährig, so können sogar zwei Jahre Haft und 60.000 Euro Geldstrafe verhängt werden. Vor Inkrafttreten des Gesetzes ist nuch die Zustimmung der zweiten Parlamentskammer, des Senats, erforderlich. Deren Votum soll im September folgen. Kritiker warnen, die Kluft zwischen strenggläubigen Muslimen und dem Rest der französischen Gesellschaft werde sich durch das Gesetz vertiefen. Auch Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und die französische Bewegung gegen Rassismus und für Völkerfreundschaft (MRAP) lehnen das Verbot ab. Dem französischen Innenministerium zufolge tragen in Frankreich höchstens zweitausend Frauen einen Schleier wie die Burka oder den Nikab. Das erste europäische Land, das ein Burka-Verbot erlassen hat, war Belgien im vergangenen April.

-Großeinsatz gegen die italienische Mafia:

Die italienische Polizei hat während einer landesweiten Razzia gegen die kalabrische Mafia mindestens 300 Verdächtige festgenommen. Die Bandbreite der Anschuldigungen gegen die mutmaßlichen Mafiosi reicht von der Bildung einer kriminellen Vereinigung über Waffen- und Drogenhandel bis hin zu Mord, Erpressung und Wucher. Ermittlern der Anti-Mafia-Staatsanwaltschaften in Mailand und Kalabrien war es nach eigenen Angaben zuvor gelungen in umfangreichen Ermittlungen "die Infiltration des italienischen Nordens durch die 'Ndrangheta zu dokumentieren",. Die süditalienische Mafia-Organisation habe ihre illegalen Geschäfte in die verschiedensten Wirtschaftsbereiche des Nordens ausgeweitet. Im Zuge der Operation wurden erneut auch bewegliche Güter und Immobilien der Mafia im Millionen-Wert beschlagnahmt. Erst am Vortag hatten Mafia-Jäger bei zwei Razzien gegen die 'Ndrangheta und die neapolitanische Camorra Milliarden-Beute gemacht. Allein bei einem Unternehmer mit dem Spitznamen "Videopoker-König" konfiszierten Beamte der Finanzpolizei wertvolle Bilder sowie 260 Wohnungen im geschätzten Gesamtwert von etwa 330 Millionen Euro. Das Gesetz erlaubt die "präventiven" Beschlagnahmungen bereits dann, wenn nur der begründete Verdacht einer Zugehörigkeit zur Mafia besteht.

-Lobbyschlacht um Gentechnik in Brüssel

Laut einem aktuellen Bericht der ARD herrscht in Brüssel ein erhebliches Ungleichgewicht zwischen der Gentechnik-Lobby und der gentechnik-kritischen Gegenlobby. Im Verband Europa-Bio haben sich namhafte Chemie- und Pharmaunternehmen, wie BASF, Bayer, Monsanto oder Pfizer zursammengeschlossen, um Politikern gentechnikfreundliche Beschlüsse schmackhaft zu machen. Wie viele Interessenvertreter genau für Europa-Bio unterwegs sind, ist nicht bekannt, weil es in Brüssel kein verbindliches Lobbyregister gibt. Lobby gegen die von Europa-Bio vertretenen Interessen betreibt Greenpeace, die mit zwei Mitarbeitern vor Ort sind. Aktuell berufe sich die EU-Kommission bei ihren gentechnikfreundlichen Entscheidungen immer wieder auf die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA, nach Angaben von Greenpeace bestehen allerdings klare Verbindungen zwischen EFSA und Industrie. Eine noch stärkere Einflussnahme der Gentechnik-Lobbyisten droht durch das im Lissabon-Vertrag festgelegte Mitspracherecht des EU-Parlaments. Seit dieser Entwicklung beobachtet die ARD immer häufiger werdende Besuche von Lobbyisten bei Vertretern des EU-Agrarausschusses. Dessen Vorsitzender Paolo de Castro zeigte sich offen gegenüber Genprodukte und sagte unter anderem: „Die neuen Technologien können uns manche Antwort geben. Wir können nicht einfach 'nein' sagen, nur weil wir etwas ablehnen.“

-2 Journalisten in Mexiko erschossen:

Nach Angaben der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ wurden ihre Leichen am 10. Juli in den Bundesstaaten Nuévo Leon und Chinhuahua gefunden. Bei den Opfern handelt es sich um den 45-jährigen Hörfunkjournalisten Marco Aurelio Martinez Tijerina und den 24-jährigen Videojournalisten Guillermo Alcaraz Trejo. Alcaraz Trejo war unter anderem für die Veröffentlichung von Videos auf der Webseite der staatlichen Menschenrechtskommission CEDH zuständig. In Mexiko wurden seit Beginn des Jahres mindestens 10 Journalisten ermordet, mindestens 67 seit dem Jahr 2000.

-Repressionen gegen tunesische Regierungskritiker angeprangert:

Amnesty International hat die tunesische Regierung zu einer Beendigung von Infiltrerungs- und Repressionsversuchen gegen Menschenrechtsorganisationen und andere regierungskritische Gruppierungen aufgefordert. In einem Bericht dokumentiert Amnesty International tägliche Probleme, denen Aktivisten zur Zeit in Tunesien ausgesetzt sind. Die Rede ist unter anderem von Unterwanderungsaktionen gegen Menschenrechtsgruppen und Unterdrückungsmaßnahmen gegen einzelne Aktivisten. Der stellvertretende Leiter des Amnesty-International-Programms für den Nahen Osten und Nordafrika, Hassiba Hadj Sahraoui sagte, man könne die Belästigung von Menschenrechtsorganisationen durch tunesische Sicherheitskräfte und gezielte Unterwanderungsaktionen von Regierungsanhängern gegen unabhängige Organisationen nicht weiter ignoriert werden, sondern sei verurteilungswürdig. Seit der Öffnung der tunesischen Menschenrechtsliga für jedermann im Jahr 1992 sind, so Amnesty International, sei die Liga durch Unterminierungsversuche von Regierungsanhängern unter verstärkten internen Druck geraten.

Kommentare
19.07.2010 / 01:03 theo,
gesendet 18.7.2010 / 14.30 in - siehe Titel
danke