Wo bleibt der angekündigte Generalstreik in Spanien

ID 3595
 
Anmod:
Die Basken wollten nicht länger warten. Am Dienstag haben die baskischen Gewerkschaften die Initiative in der Arbeiterschaft übernommen und schon mal für eine Stunde gestreikt. Lange genug hatten sie darauf gewartet, dass die spanischen Gewerkschaften den Generalstreik ausrufen, den sie vor dem Angriff auf den Irak angekündigt hatten, wenn sich Spanien am Krieg ohne Mandat der UNO beteiligt. Am Dienstag haben Hunderttausende im Baskenland für eine Stunde gegen den Krieg gestreikt.

Derweil bricht der Boden unter den Füßen des spanischen Ministerpräsidenten, José María Aznar, weg. Nach den Demonstrationen vom Wochenende, wo erneut mehrere Millionen Menschen gegen den Angriff auf den Irak demonstriert haben, ist erstmals ein führendes Mitglied von Aznars Volkspartei, Manuel Pimentel, aus der PP ausgetreten. Er kann den Kriegskurs nicht mittragen. Der Angriff sei „illegal“ und es sei es ein „historischer Fehler“ sich mit der USA gegen die breite Masse der Bevölkerung in Spanien und Europa zu verbünden. So hat die Austrittswelle jetzt auch die Führung der Partei erreicht. Auch die konservativen Katalanen haben jetzt definitiv ihren Pakt mit der Volkspartei gekündigt, weil sie gegen den Krieg sind.

Selbst die Polizeigewerkschaft (UFP) hat die Schnauze voll. Für die Krawalle bei den Demonstrationen am Wochenende in Madrid macht sie allein die Regierung und die Polizeiführung verantwortlich. Fast 200 Menschen wurden verletzt. Während die UFP sich beklagt, es habe keine Vorbereitungen gegeben, um auf „Gewalttäter“ zu reagieren, wäre eigentlich eine andere Fragen angesagt. Warum kam es überhaupt zu der Gewalt und wer steckt dahinter? Nur zu oft waren es Provokateure der Polizei, die versucht aus der Demonstration heraus das Anliegen in Misskredit zu bringen. Dass wurde mehrfach von der Anti-Globalisierungsbewegung dokumentiert. Bei Krawallen bei der Eröffnung eines Konsulats von Marokko in Südspanien wurden gar Polizisten verhaftet, die diese anführten.

Selbst wenn die Gewalt von den Kriegsgegnern ausging, so war es die Polizei die seit Kriegsbeginn immer wieder mit Übergriffen, Gummigeschossen und Knüppeln gegen friedliche Demonstranten in Madrid vorgegangen ist und zahlreiche Menschen zum Teil schwer verletzt hat. Erst am Dienstag wurden in Logroño wieder fünf Menschen von der Polizei verprügelt, als sie friedlich gegen einen Auftritt des Wissenschaftsministers und früheren Außenministers, Josep Piqué, protestiert haben.

Über die Situation im Baskenland und ob sich die spanischen Gewerkschaften doch noch zum Generalstreik kommen, weiß Ralf Streck mehr.

Audio
06:46 min, 3171 kB, mp3
mp3, 64 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 27.03.2003 / 11:08

Dateizugriffe:

Klassifizierung

Beitragsart: Gebauter Beitrag
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: ralf streck
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 27.03.2003
keine Linzenz
Skript
Wo bleibt der angekündigte Generalstreik in Spanien

Anmod:
Die Basken wollten nicht länger warten. Am Dienstag haben die baskischen Gewerkschaften die Initiative in der Arbeiterschaft übernommen und schon mal für eine Stunde gestreikt. Lange genug hatten sie darauf gewartet, dass die spanischen Gewerkschaften den Generalstreik ausrufen, den sie vor dem Angriff auf den Irak angekündigt hatten, wenn sich Spanien am Krieg ohne Mandat der UNO beteiligt. Am Dienstag haben Hunderttausende im Baskenland für eine Stunde gegen den Krieg gestreikt.

Derweil bricht der Boden unter den Füßen des spanischen Ministerpräsidenten, José María Aznar, weg. Nach den Demonstrationen vom Wochenende, wo erneut mehrere Millionen Menschen gegen den Angriff auf den Irak demonstriert haben, ist erstmals ein führendes Mitglied von Aznars Volkspartei, Manuel Pimentel, aus der PP ausgetreten. Er kann den Kriegskurs nicht mittragen. Der Angriff sei „illegal“ und es sei es ein „historischer Fehler“ sich mit der USA gegen die breite Masse der Bevölkerung in Spanien und Europa zu verbünden. So hat die Austrittswelle jetzt auch die Führung der Partei erreicht. Auch die konservativen Katalanen haben jetzt definitiv ihren Pakt mit der Volkspartei gekündigt, weil sie gegen den Krieg sind.

Selbst die Polizeigewerkschaft (UFP) hat die Schnauze voll. Für die Krawalle bei den Demonstrationen am Wochenende in Madrid macht sie allein die Regierung und die Polizeiführung verantwortlich. Fast 200 Menschen wurden verletzt. Während die UFP sich beklagt, es habe keine Vorbereitungen gegeben, um auf „Gewalttäter“ zu reagieren, wäre eigentlich eine andere Fragen angesagt. Warum kam es überhaupt zu der Gewalt und wer steckt dahinter? Nur zu oft waren es Provokateure der Polizei, die versucht aus der Demonstration heraus das Anliegen in Misskredit zu bringen. Dass wurde mehrfach von der Anti-Globalisierungsbewegung dokumentiert. Bei Krawallen bei der Eröffnung eines Konsulats von Marokko in Südspanien wurden gar Polizisten verhaftet, die diese anführten.

Selbst wenn die Gewalt von den Kriegsgegnern ausging, so war es die Polizei die seit Kriegsbeginn immer wieder mit Übergriffen, Gummigeschossen und Knüppeln gegen friedliche Demonstranten in Madrid vorgegangen ist und zahlreiche Menschen zum Teil schwer verletzt hat. Erst am Dienstag wurden in Logroño wieder fünf Menschen von der Polizei verprügelt, als sie friedlich gegen einen Auftritt des Wissenschaftsministers und früheren Außenministers, Josep Piqué, protestiert haben.

Über die Situation im Baskenland und ob sich die spanischen Gewerkschaften doch noch zum Generalstreik kommen, weiß Ralf Streck mehr.

Beitrag:

Bomben Fallen auf die irakische Hauptstadt Bagdad, drei menschliche Schutzschilder aus dem Baskenland befinden sich noch in der Stadt. Bereit ihr Leben zu Opfern. Während US-Bomben fallen, erklärt Imanol Terredia warum sie sich dazu entschlossen haben das Land mit Beginn der Angriffe nicht zu verlassen.

„Wir werden weiter internationalen Druck machen, um diese Barbarei, diesen Krieg zu beenden. Natürlich wollen wir der Bevölkerung im Irak auch die Solidarität der Basken zeigen. Wir glauben, über alle .......meine Güte.

Hier bricht die Verbindung mit Bagdad ab. Doch auch zu Hause beginnen seine Freunde den Kampf gegen den Krieg zu intensivieren und am Dienstag einen einstündigen Generalstreik durchgeführt.

O-Ton Demo:

Das ist kein Krieg, dass ist ein Völkermord. Aznar tritt zurück. Aznar und Botella zieht ihr doch in den Krieg.

Txutxi Ariznabarreta, verantwortlich für die internationalen Beziehungen der linksnationalistischen Gewerkschaft LAB erklärt.

Wir haben uns gegen den Angriff auf den Irak gewendet. Wir hatten gewartet, ob die europäische Gewerkschaftskonföderation etwas organisiert. Doch die hat es jedem Land und jeder Gewerkschaft frei gestellt zu handeln. Deshalb haben die baskischen Gewerkschaften, welche die große Mehrheit der Menschen hier vertreten, erst die Demonstrationen unterstützt, und dann entschieden als Arbeiterbewegung zu handeln. Wir haben mit dem einstündigen Generalstreik am Dienstag angefangen, zu dem wir die Leute auf die Strasse gerufen haben.

Wie war die Beteiligung?

Es war eine sehr große Beteiligung, in einigen Bereichen total. Sehr viele Leute haben sich auch an Versammlungen und Demonstrationen beteiligt. Es war eine sehr gute Aktion.

                        [de][en]Zu der massiven Beteiligung hatte die Nachricht beigetragen, dass Spanien seinen Luftraum für US?Bomber nutzt. Dabei werde eklatant gegen militärische und zivile Sicherheitsnormen verstoßen, wonach Flugzeuge mit gefährlicher Fracht weder dicht besiedeltes Gebiet überfliegen noch dort betankt werden dürften. Die B?52 mit jeweils 30 Tonnen Bomben an Bord seien auf dem Weg in den Irak aber ausgerechnet über den Städten baskischen Städten Bilbao und Pamplona und der katalanischen Hauptstadt Barcelona von betankt worden.

Wir fragen den baskischen Gewerkschaftler, wie sich diesmal die spanischen Gewerkschaften verhalten haben. Beim Generalstreik vor zwei Wochen, für die Pressefreiheit, die baskische Sprache und gegen die Folter hatten sie als Streikbrecher agiert.

Zum Schluss haben sie sich die Arbeiterkommissionen und UGT noch dem Streik gegen den Krieg angeschlossen. Das hat dazu beigetragen, dass die Beteiligung noch größer war. Wir bewerten den Schritt als sehr positiv, wenn sie sich wenigstens im Baskenland dem Streik anschließen.

Wie bewerten es die baskischen Gewerkschaftler, dass die spanischen Kollegen den angekündigten Generalstreik im spanischen Staat noch immer nicht ausgerufen haben? Großmäulig wurde damit gedroht, falls Spanien ohne UNO Mandat in den Krieg zieht.

Wir vermissen Schritte der Gewerkschaften auf der Ebene des spanischen Staates, bisher hat sich auf diesem Gebiet wenig getan, auch wenn mit dem Krieg viele Scheußlichkeiten begangen werden. Neben dem eigentlichen Drama, das ein Krieg bedeutet, geht selbst die Uno von 250.000 zivilen Opfern aus. Es ist eine Barbarei für die ökonomischen Interessen der Ölindustrie und andere. Es ist ein neuer Schritt auf dem Weg zur neoliberalen Globalisierung. Den Menschen wird das Recht geraubt, über ihr Schicksal und das ihres Volkes selbst souverän bestimmen zu können. Es soll ein weltweiter Totalitarismus von den USA etabliert werden, an deren Seite sich die faschistoide Regierung Spaniens befindet. Dies macht eine besonders deutliche Reaktion nötig. Zwar gibt es im spanischen Staat große Demonstrationen aber eine Reaktion der Arbeiterbewegung nicht. Wir mischen uns da nicht ein, wir haben hier im Baskenland selbst genug zu tun.

Wieso haben die so viele Probleme mit euch zu streiken?

Was man als spanische Linke bezeichnet, die befindet sich in einer schizophrenen Situation. Sie kritisieren die Politik der Regierung am Beispiel Irak, aber sie kollaborieren mit den Angriffen der faschistoiden Regierung bei den Angriffen auf das Baskenland. Wir sehen Parallelen zwischen der Intervention im Irak und dem was die permanente Intervention Spaniens im Baskenland ist. Gegen die Schließung von Zeitungen, wie zuletzt der einzigen baskischsprachigen Tageszeitung Egunkaria, und gegen die Folter, der jetzt auch angesehene Personen im Baskenland ausgesetzt sind, sagt die spanische Linke nichts. Auch nach fast sechs Wochen sitzen noch Journalisten in Haft. Die anderen, die frei gelassen wurden, sind mit Unterstützung der Sozialisten und der Gewerkschaften wegen Unterstützung der ETA angeklagt worden, weil sie die erlittene Folter angezeigt haben. So etwas passiert normalerweise nur in Militärdiktaturen.

Zum Zeitpunkt des Gesprächs wusste Txutxi Ariznabarreta noch nicht, dass sich die Mehrheit der Führung der großen Arbeiterkommissionen gegen einen Generalstreik ausgesprochen hat. Er ging davon aus, dass wenigstens für zwei Stunden am 10. April gestreikt werden soll. Pustekuchen, wie sich gestern abend herausgestellt hat. uf Antrag des Chefs der ehemals kommunistischen Arbeiterkommissionen, die sich immer mehr Positionen der postfaschistischen Regierung angenähert haben, sei ein Generalstreik nicht von Nutzen für die Mobilisierung gegen den Krieg. Viel heuchlerischer kann man kaum seine Feigheit erklären, da man bei der Finanzierung der Organisation völlig von der Regierung abhängig ist. Millionen haben am vergangenen Wochenende explizit einen Generalstreik gefordert. So werden die Basken wohl wieder allein in einen eintägigen Generalstreik ziehen. Bleibt zu hoffen, dass die spanische Arbeiterbewegung diese Art Führer in die Wüste schickt