Barcelona: Vom Kopierer zum Vorbild für Solarenergie

ID 6070
 
Anmoderationsvorschlag:

Als erste Kommune hatte die katalanische Hauptstadt Barcelona im Sommer 2000 Solarkollektoren beim Neubau oder der Renovierung größerer Gebäude vorgeschrieben. Dem Erfolg des mutigen Projekts eifern inzwischen viele Städte in ganz Spanien nach.


Im sonnenverwöhnten Barcelona wird nun auch die Ausweitung der „Verordnung über solarthermische Energiesysteme" auf kleinere Gebäude geplant. Dann könnte bis 2010 die Sonne fast die gesamte Warmwasserversorgung für zwei Millionen Menschen übernehmen. Das spart nicht nur Energie und senkt den Ausstoß des Treibhausgases CO2, sondern schont auch die Geldbeutel vieler Bewohner. Der Erfolg hat die anfängliche Kritik an dem Projekt zum Schweigen gebracht. In Berlin, wo die Verordnung einst ausgeheckt aber nie verbindlich umgesetzt wurde, könnte
sich ein Beispiel an den Kopierern in Barcelona nehmen.
Ralf Streck war in Katalonien und hat sich über die Erfahrungen mit der Solarenergie und die neuen Pläne berichten lassen.

Audio
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Upload vom 07.02.2004 / 14:47

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Klassifizierung

Beitragsart: Gebauter Beitrag
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Umwelt, Politik/Info
Serie: zip-fm - Einzelbeitrag
Entstehung

AutorInnen: rast/rdl
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 07.02.2004
keine Linzenz
Skript
Manuskript:

„In diesem Moment überprüfen wir die Solarenergieverordnung, um ihre
Anwendung auszuweiten, denn wir sind nun in der Lage das zu tun".

So fasst Imma Mayol den Diskussionsstand in Barcelona zusammen. Die grüne
Stellvertreterin des sozialistischen Bürgermeisters ist stolz auf den Verlauf des
Projektes, dass im August 2000 begonnen hat. Seither schreibt die „Verordnung
über solarthermische Energiesysteme" vor, alle Neubauten, seien es Wohn- oder
Bürohäuser, Hotels oder Sportanlagen, mit Solaranlagen auszustatten, wenn
größere Mengen Warmwasser verbraucht werden. Die Verordnung traf auch auf
Generalsanierungen zu und erzeugte große Widerstände im Bausektor, die bald abgebaut
wurden, erklärt Imma Mayol:

„Wir haben in einem Dialog herausgeschält, welche Probleme es mit der
Verordnung gibt und welche Widerstände einfach auf reiner Gewohnheit oder dem Fehlen
von Wissen über die Solarenergie beruhten. Unwissenheit war ein großer Faktor
für die Ablehnung, so wurden Wartungsprobleme und die Verteuerung beim Bau
angeführt".

Doch die Praxis hat gezeigt: Die Wartung ist sehr einfach und die
Subventionierung der Anlagen zu 25 Prozent durch die Stadt erhöhen die Baukosten nur um
ein Prozent. In spätestens fünf Jahren haben sich die Mehrkosten amortisiert.

Auch die Nutzer der Anlagen ziehen eine positive Bilanz. Der junge Toni
Sacvadó lebt seit fünf Jahren als Mieter in einem Haus, dass als Pilotprojekt für
die Verordnung diente.

„Die Erfahrungen ist, man bemerkt die Solaranlage praktisch nicht. Es gibt
keine Probleme, denn es handelt sich um ein Mischsystem. Wenn die Kollektoren
nicht die geforderte Menge Wasser für die Heizung und das Warmwasser zur
Verfügung stellen, schaltet sich ein Gasboiler zu."

Bemerkbar macht sich die Anlage doch, etwa 20-25 Prozent weniger Heizkosten
fielen an, sagt Toni Sacvadó.

Auch Miguel Reñé, Sprecher der Energie Agentur, ist stolz auf die Erfolge.
Die Agentur berät beim Bau, überwacht die Installation der Anlagen und den
Fortgang des Projekts.

„Bevor die Verordnung in Kraft trat, gab es hier etwa 1000 Quadratmeter
installierter Kollektorfläche. Im letzten Frühjahr hatten wir in unserem
Jahresbericht 14.027 Quadratmeter festgestellt. Wir hoffen, und ich glaube, wir haben
Ende 2003 die 20.000 Quadratmeter-Schwelle erreicht."

Das bedeutet, die Kollektorfläche hat sich in gut drei Jahren
verzwanzigfacht. Eingespart wird so jährlich die Emission von etwa 2600 Tonnen des
schädlichen Treibhausgases CO2. Der Erfolg hat sich herumgesprochen und viele Städte im
spanischen Staat haben das Modell sogar in verschärfter Form übernommen,
berichtet Miguel Reñé.

In Katalonien denkt man auch darüber nach, ob nun eine Vorschrift zur
Gewinnung von Solarstrom kommen sollte. In einem Pilotprojekt wird schon einmal
ausprobiert und derweil wird intensiv über das weitere Vorgehen diskutiert, erklärt
die grüne Imma Mayol:

„Ob wir darüber eine Verordnung machen, ist noch unklar, auch wenn das
geplant war. Derzeit überlegen wir, ob es nicht besser ist die thermische Nutzung
auszubauen und die Energie aus der Photovoltaik nur zu stimulieren. Wir prüfen
gerade, welche Elemente das ermöglichen."

Mit der geplanten Ausweitung der bestehenden Solarverordnung auf kleinere
Gebäude könnten bis ins Jahr 2010 etwa 100.000 Quadratmeter Kollektoren
entstehen, ein Drittel mehr als einst geplant. Deshalb ist man erstaunt über die
Ergebnisse in Berlin, dessen Verordnung von 1997 die Katalanen kopiert haben. Doch
in Berlin wurde auf Druck der Baulobby nur eine freiwillige Selbstverpflichtung
bestimmt. Ergebnis: 5000 Quadratmeter Kollektoren, fünf Prozent der geplanten
Fläche.

© Ralf Streck, Barcelona den 06.02.2004