zip-fm 19. Oktober 2004

ID 7887
  Extern gespeichert!
General Motors geht's so richtig prächtig. Besser als mir oder wohl auch euch an den Radiogeräten. Oder: ist jemand innerhalb der letzten 3 Monate ein Plus von dreieinhalb Prozent aufs Bankkonto gutgeschrieben worden? Bei General Motors ist das so, nach Abzug aller Ausgaben wie Steuern und Löhne dreieinhalb Prozent mehr Gewinn im letzten Quartal: Das meldet der weltgrößte Autobauer vergangene Woche in seiner Quartals-Pressekonferenz. Nur: dreieinhalb Prozent Gewinnsteigerung innerhalb von drei Monaten: das ist zu wenig. Deshalb die Ankündigung: 12.000 Stellen müssen nun gestrichen werden, ein großteil bei der Konzerntochter Opel. Das Ziel: noch mehr Rendite für die, die eh schon kaum wissen, wohin mit ihrer Kohle.

Ein Tag wie selten in der Geschichte hierzulande: Menschen versuchen ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, vielleicht in einem Akt der Verzweiflung aber immerhin: Arbeiter und Arbeiterinnen bei Opel nicht nur in Bochum warten nicht, bis ihnen sozialpartnerschaftliche Gewerkschafter grünes Licht geben zur Arbeitsniederlegung, sondern die bekannt kämpferische Belegschaft in Bochum haut eigentständig auf den Putz, läßt die Arbeit seit Ende vergangener Woche liegen. Das ist mehr als Symbolik, mehr als Menschen- oder Lichterkette, das tut den Managern bei General Motors richtig weh. Und trotzdem: verglichen mit den Fehlern, die ebenjene Manager in den vergangenen Jahren selbst gemacht haben ist das alles ein Pappenstiel. Und die Forderungen der Beschäftigten „Keine betriebsbedingten Kündigungen“ sind nun auch alles andere als vermessen. Hierzu drei Beiträge in der ersten Hälfte unserer heutigen Sendung.

Im zweiten Teil von zip-fm dann ein Blick nach London, dort traf sich am vergangenen Wochenende das diesjährige europäische Sozialforum. Und schlußendlich noch einige Worte zu Elfriede Jelinek, sie erhält dieses Jahr den Nobelpreis für Literartur.
Audio
30:08 min, 14 MB, mp3
mp3, 64 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 19.10.2004 / 09:56

Dateizugriffe:

Klassifizierung

Beitragsart: Magazin
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich:
Serie: zip-fm - Gesamtsendung
Entstehung

AutorInnen: ak/rdl
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 19.10.2004
keine Linzenz
Skript





Streik - "Die Sprache die verstanden wird." Opel 1 (frn, 2min30)

In Bochum legen Arbeiterinnen und Arbeiter seit Ende vergangener Woche die Opelwerke lahm. Der selbstorganisierte und von der Gewerkschaft IG Metall eher kritisch beäugte Streik richtet sich gegen die Ankündigung der General-Motors-Konzernleitung, tausende Beschäftigte zu entlassen. Wir sprachen mit dem ersten Bevollmächtigten der IG-Metall Bochum sowie einem Vertreter des Sozialforums Bochum. Zunächst aber mit Rose Richter. Sie ist Mitarbeiterin in der kirchlichen Arbeitslosenberatung in Bochum. Neben Vernetzung mit Kirchen und Einzelhandel empfiehlt sie den Opel-Beschäftigten zu kämpfen.

**********************************

Streik - "Die Sprache die verstanden wird." OPEL2 (frn, 4 min)

Nachdem nun heute Dienstag bei Opel in Bochum weiterhin die Arbeit ruht, sagt ein Gewerkschaftsfunktionär lapidar: "Die Belegschaft hat entschieden!" Ja, so ist das in der Tat. Wir sprachen deshalb mit Ludger Hinse. Er ist erster Bevollmächtigter der IG Metall in Bochum. Zum Streik hat die IG-Metall zwar nicht aufgerufen, ist aber irgendwie dann doch begeistert, auch von der Solidarität durch Bochumer Fussballverein und Synfoniker.

**********************************

Streik - "Die Sprache die verstanden wird." opel3 (frn, 8min20)

Dass bei Opel die Arbeit ruht ohne dass Gewerkschafter dazu aufrufen hat in Bochum Tradition. Die Arbeiter und Arbeiterinnen in den großen Werken sind eher kampferprobt, lassen sich auch durch die heute angedrohten Kündigungen für die Anführer der Streiks nicht so schnell ins Boxhorn jagen. Rein formal ist den Gewerkschaften hierzulande ja in der Tat die Hand gebunden, in der BRD darf nur für mehr Geld gestreikt werden, der Arbeits-Kampf um den Erhalt von Arbeitsplätzen ist hierzulande verboten. So sind die Beschäftigten geradezu gezwungen, sich selbst zu organisieren, ähnlich wie ihre KollegInnen bei der Besetzung der Hochöfen in Rheinhausen im Jahr 1987.

In Bochum beteiligt sich das dortige Sozialforum seit Beginn der Proteste an den Aktionen der Opel-Beschäftigten, Reinhard Wegener ist im Bochumer Sozialforum aktiv. Mit ihm sprachen wir bereits gestern abend, er sagte uns: der selbstorganisierte Streik mit seinen enormen Kosten für den Konzern ist "die einzige Sprache die verstanden wird."

**********************************

ESF (frn, 5min)
Vom 15.-17. Oktober fand in London das diesjährige europäische Sozialforum statt. Nach Florenz und Paris kamen in der englischen Hauptstadt über 20 000 Menschen aus ganz Europa zusammen, um Alternativen zur neoliberalen Wirtschaftspolitik zu diskutieren, sich auszutauschen und die europaweite Vernetzung der sozialen Bewegungen voranzutreiben.
Neben dem offiziellen ESF gab es auch sog. "Autonome Räume", das Beyond ESF, das aus der Kritik am offiziellen ESF organisiert wurde. Stefan Zimmer unterhielt sich mit Massimo de Angelis, Uniprofessor aus Italien, der diese Räume mit organisiert hat.

**********************************

Jelinek (frn, 7min)
Elfried Jelinek bekommt dieses Jahr den Nobelpreis für Literartur. Nach der überraschenden Bekanntgabe aus Oslo vor einigen Tagen im folgenden dazu ein Interview mit Gerhard Ruiss, Ombann der IG AutorInnen, das auf der Frankfurter Buchmesse geführt wurde.

**********************************

Das wars für heute in zip-fm, mit Beiträgen überwiegend von Radio Z aus Nürnberg sowie von Radio FRO aus Linz. Morgen gibt's wieder in zip, unter anderem mit einem Beitrag zur Situation der Medien im Irak. Schönen Dank fürs zuhören.