Auf zum antifaschistischen Protest gegen den extrem rechten Buchladen "Libraire des Deux Cités"

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Gegen die vor knapp zwei Wochen in Nancy, zweieinhalb Stunden von Freiburg, eröffnete Nazibibliothek beziehungsweise Buchladen „Librairie des Deux Cités“ formiert sich Protest.
In einem Gespräch mit Radio Dreyeckland berichten zwei AntifaschistInnen über die Zugespitzete Lage in Lothrigen und inwieweit Rechtsradikale mit der am 3. Oktober erfolgten Eröffnung immer mehr Füße auf den Boden Bekommen und hinter bürgerlicher Facette faschistische Politiken betreiben.

Ein breites Bündnis mobilisiert nun für kommenden Samstag zu einer ersten antifaschistischen Demonstration.

Mehr Infos findet ihr auch unter: lahorde.samizdat.net und bei autonome-antifa.org
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11:52 min, 27 MB, mp3
mp3, 320 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 16.10.2020 / 00:46

Dateizugriffe: 47

Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Serie: Morgenradio
Entstehung

AutorInnen: Flo
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 16.10.2020
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Intro:
Gegen die vor knapp zwei Wochen in Nancy, zweieinhalb Stunden von Freiburg, eröffnete Nazibibliothek beziehungsweise Buchladen „Librairie des Deux Cités“ formiert sich Protest. In einem Gespräch mit Radio Dreyeckland berichten zwei AntifaschistInnen über die Zugespitzete Lage in Lothrigen und inwieweit Rechtsradikale mit der am 3. Oktober erfolgten Eröffnung immer mehr Füße auf den Boden Bekommen und hinter bürgerlicher Facette faschistische Politiken betreiben. Im Gegensatz zu den weniger verblümt auftretenden Nazis des regionalen Hammerskin Chapters, die sich mit Rechtsrockkonzerten, der „Taverne de Thor“ und der Unterstützung des ebenfalls in der Innenstadt von Nancy befindlichen Tattoo-Studios SANCTUS in etablieren; ist dies ein neuer Schritt der Identitären und cryptofaschistischen Neo-Neo-Nazis in Ost Frankreich. Die „Librairie der Deux Cités“ wird von Verschwörungsnahen Antisemiten und Antifeministen betrieben die sich nicht scheuen neben islamophoben Thesen auch royalistische Motive zu feiern – alles unter dem Deckmantel des Konservatismus. Das Nazilokal befindet sich in der Grande Rue nummer 6 unweit eines linksradikalen Treffpunktes und eröffnete vorerst mit nur mäßiger Resonanz von allen Seiten. Ein breites Bündnis mobilisiert nun für kommenden Samstag zu einer ersten antifaschistischen Demonstration. Das Gespäch wurde am Tag der Neueröffnung aufgezeichnet.
RDL: Am Am Samstag, den 3. Oktober eröffnete in Nancy die „librairie des deux cités“, könnt ihr kurz erläutern was es mit dieser Buchhandlung auf sich hat?
AFA-FLINT: Also, es ist eine Bücherei, die von 2 Personen namens Sylvain Durain und Alexis Forget es ist eine Librairie die sich konservativ gibt, die aber schon weiter geht und sich gar als royalistisch versteht. Bisher gibt sie aber eher ein glattes Bild von sich ab. So à la „wir haben zwar konservative Ideen“, aber wir sind „offen“. So sieht‘s bisher aus, „die Öffnung“… Willst du ergänzen?
AFA-TYP: Auch wenn, mit Blick auf die die Liste der für Vorträge eingeladenen Personen und die Interviews die Sie gegeben haben, ganz deutlich wird: Das sind ganz klar Persönlichkeiten aus dem rechtsextremen Spektrum, aus dem radikalen Rechtsextremistischen Spektrum; Leute aus dem gesamten Konfusionistischen und Verschwörungs-Spektrum im Netz. So finden wir etwa Jean-Marie Cuny, eine Figur aus der regionalistischen, royalistischen rechtsextremen Szene. Es gibt zwei Personen die der großen Verschwörungs-Verwirrung anhängen; und das New-World-Order verkünden: Die Juden, die Freimaurer, die „Kabale“;
 AFA-FLINT: „...Islamophobie...“
 AFA-TYP: Genau den Islam; „La Rousse Croix“ … das geht immer so weiter… Ja, Sie sehen vor Michel Mafesolli herzuholen, das ist so eine Art Pseudo-Soziologe, der in der Rechtsextremen verehrt wird. 
RDL: Auch eine Person aus der Region? 
AFA-TYP: Nein… Nein, nein der ist in Paris. 
RDL: Heisst das, es gibt auch eine eher überregionale oder gar landesweite Bedeutung? 
AFA-TYP: Ja, so sieht‘s aus. 
AFA-FLINT: Ja, Sylvain Durain hat wirklich ein großes Netzwerk, und die Idee dieser Buchhandlung kommt daher, dass es eine solche konservative Vertrieb in der Region Grand-Est nicht gibt. Sowas gibt es etwa in Paris, im Quartier Latin, die „Librairie Francaise“. Das ist ein Manko, welches in ihren Augen unbedingt überwunden gehört. Für Sie bedeutet dass, sich in Nancy richtig Niederzulassen, mit dem Ziel der Region etwas vergleichbares zur „Librairie Francaise“ aufzubauen. Es soll ein Begegnungsraum werden, ein Raum für den Austausch rechtsextremem Gedankenguts. Es ist auch ein Raum für „Entspannung“ geplant, wo sie dann Regio-Bier verkaufen wollen. Etwas damit sich Leute Rings um solche Ideen Begegnen können. Gleich hier. 
AFA-TYP: Ja, ganz klar, Sie stellen ihre Bibliothek wie mehr als eine Bibliothek vor. Sie stellen es wie einen Lebensraum vor, einen Ort an dem die lokale rechtsradiklae Szene zusammen kommen kann. Ein Ort für Treffen und für Organisierung, etwa für die „Action Francaise“, für die „Cocarde Etudiante“, also den Ort einer rechtsradikalen Bewegung. 
AFA-FLINT: Es soll auch die „Mittwochs Konferenzen“ geben… 
AFA-TYP: Genau, den „Club du Mercredi“ 
AFA-FLINT: Genau, der einen „souveränistischen Tag“ für den 10. Oktober organisiert hatte, welcher letztendlich wegen Covid ins Wasser gefallen ist. Aber eben: „Ein Tag der Souveränität“ – das sagt schon einiges. 
RDL: Das heißt die Örtlichkeit ist viel größer als der kleine Buchladen… das sind ja maximal 30 Quadratmeter. 
AFA-FLINT: Das wissen wir nicht genau. 
AFA-TYP: Auf einem Video haben Sie verkündet es gäbe zwei Stockwerke; dass der sogenannte „Entspannungsraum“ im ersten Stock sei. Aber ich weiss nicht ob das wirklich stimmt.
RDL: Zuvor hatten Sie verkündet, dass mehrere Orte in Aussicht standen? 
AFA-TYP: Genau…
RDL: Und jetzt befindet sich der Laden schräg gegenüber von einem Ort, der von der linken Szene aus Nancy betrieben wird. Das ist bestimmt ziemlich schräg, oder?
AFA-FLINT: Jep. Ja, klar. Es ist eben genau gegenüber von der libertären Buchhandlung von Nancy. 
RDL: Nun habt ihr ein Kollektiv gegründet um gegen diese Eröffnung zu protestieren. Was sind denn eure bisherigen Aktivitäten und was erhofft ihr euch von den kommenden Wochen im Bezug auf diese Eröffnung der „Deux Cités“? 
AFA-FLINT: Das allererste Ziel war es ihren Diskurs zu entlarven. Denn den Medien gegenüber präsentieren Sie sich als sehr Sauber, sehr Nett, sehr glatt. Sie machen sich zu Opfern, indem Sie erzählen Sie würden direkt wegen ihrer Gedanken angefeindet. Ich denk den Nebel um ihren Diskurs zu lichten war wirklich sehr Wichtig. Besonders Sylvain Durain tritt in allen erdenklichen rechtsextremen Medien auf: „L‘incorrecte“, in Radios; „Radio Lorraine enragée“… was noch … 
AFA-TYP: „Terre et Liberté“ 
AFA-FLINT: Genau, „Terre et Liberté“; „Radio courtoisie“. Und in diesen Medien tritt er auf und verherrlicht das Patriarchat. Ganz deutlich. Er hat eine Neuauflage herausgegeben – denn er ist auch Gründer eines Verlages, der „Le Verbe Haut“ heisst – das Buch heißt „L‘esprit familial“ (also, der Geist der Familie). Das Vorwort dieses Buches ist ein Lobgesang auf das Patriarchat. Dieser Lobgesang stammt von ihm. Voilà.
RDL: Wow. Und euer Kollektiv hat heute anlässlich der Eröffnung eine Pressekonferenz gegeben. Wie lief das? 
AFA-FLINT: Schon eher gut. 
AFA-TYP: Ja, kann Mensch so sagen. 
RDL:War das eine Art Antwort auf die Eröffnung? 
AFA-FLINT: Ja also, dieses Kollektiv hatte mehrere Ziele. Natürlich ihren Diskurs zu entlarven, aber auch, und zwar schon davor war das Ziel zusammen zu kommen. Es gibt in diesem Bündnis Gewerkschaften, Parteien, Vereine, informelle Kollektive, Menschen die da waren weil Sie etwas gegen rechtsextreme Ideen haben. Es ist also relativ breit aufgestellt und das Bündnis tendiert dazu noch mehr in die Breite zu gehen. Im Endeffekt ist ein Ziel so viele wie möglich zu werden, um mehr Anstöße geben zu können und gegen diese Buchhandlung zu kämpfen. Also eine Art „Front Commun“ zu bilden.
RDL: Die Aktivitäten der Rechtsradikalen in der Region waren in den vergangenen Jahren ebenfalls ziemlich vielfältig. Könnt ihr mir mehr dazu sagen. Ist diese Niederlassung in der Innenstadt von Nancy nur der Ausdruck eines Fruchtbaren Bodens für diese politischen Bestrebungen in der Region?

AFA-TYP: Das ist in der Region schon lange der Fall. Also es gibt schon lange eine starke Präsnz der Rechtsradikalen, auch ganz besonders in Nancy. Es gibt da eine längere Geschichte zu. Die Gruppen die Aufgetaucht sind, immer wenn Sie eine gewisse Größe erreicht haben, hat sich das durch gewaltsame Übergriffe gezeigt. Aggressionen auf offener Straße. Die Liste ist halt einfach enorm. Also ob es der „GÜD“ ist oder „ünité Radikale“ Anfang der 2000er Jahre. Die „Autonomen Nationalisten Lothringen“, die Anfang der 2010er Jahre, von den deutschen Anlern inspiriert wurden. Die waren auch an zahlreichen Übergriffen beteiligt. Die haben damals wirklich die Innenstadt von Nancy terrorisiert. Dann gab es eine Neuformierung des „GÜD“ (der Groupe Ünion Défense). Dann gab es die „Lorraine Nationaliste“. Und so weiter; den „Parti Nationaliste francais“, die von der „jeunesse Nationaliste“ von Alexandre Gabriac inspiriert wurden. Die letzten Jahre war es eher die „Génération Identitaire“ (also die IB) die einiges an Rückenwind verspürten. Die haben dann auch Aktionen gemacht, etwa Bannerdrops auf Demonstrationen. Zum Beispiel letztes Jahr, da haben Sie ein Bannerdrop auf einer Demonstration der algerischen Community gemacht, die für den Sturz von Abdelazis Bouteflika aussprach – Sie hangen ein Transpi auf „Das hier ist Nancy – und nicht Algerien!“.
 
AFA-FLINT: Eben auch auf der Gay-Pride, da haben wir ja vorhin auch drüber geredet. Da hat die IB ein Transpi aufgehängt mit der Aufschrift „geht in der Hölle verbrennen“, das wurde direkt an der Demo aufgehangen während der Nancy-Pride. Es gab auch die „Cocarde étudiante“, die tauchen sehr regelmäßig auf dem geisteswissenschaftlichen Campus auf. Auch immer wenn es soziale Bewegungen gibt, wenn es Vollversammlungen gibt, versuchen sie das zu infiltrieren. Oftmals schaffen Sie das auch. Auf den VV‘s um soziale Bewegungen und Demos machen Sie dann Störaktionen

RDL: Ich hab von einer Störaktion an der Uni gehört, vergangenes Jahr, während der Bewegung um die Rentenreform… Da kam es zu einer Auseinandersetzung, zu einem richtigen Aufruhr durch die FaschistInnen innerhalb der Fakultät ? 
AFA-FLINT: Ja! 
AFA-TYP: Ja! 
RDL: Und wie konnte damit umgegangen werden, wird dem etwas entgegengesetzt? 
AFA-FLINT: Ja, also bei dem mal sind Sie auf jeden Fall rausgeflogen! (LACHEN)
 RDL: OK. 
AFA-FLINT: Also es gab jedenfalls genug Leute um ihnen zu vermitteln dass Sie gehen müssen. Es ist nicht so schlecht ausgegangen.
RDL: Gut, und in den kommenden Wochen, worauf muss sich hier eingestellt werden? Gibt es weitere Veranstaltungen? Wie werdet ihr eure Arbeit im Kollektiv fortführen? Ihr habt davon geredet das Bündnis auszuweiten um viele zu werden und andere Allianzen zu schmieden um nicht nur in der radikalen Szene zu mobilisieren … 
AFA-FLINT: Ganz genau. 
RDL: Gibt es denn konkrete Termine für die es Sinn macht unsere GenossInnen von jenseits des Rheins einzuladen? 
AFA-TYP (LACHT – LACHEN): Ja die gibt es. Eine der ersten größeren Veranstaltungen wird eine Demonstration sein; die ist für Samstag, den 17. Oktober geplant. Wir wissen noch nicht um die Uhrzeit und den genauen Treffpunkt, aber es wird auf jeden Fall hier in Nancy sein. 
AFA-FLINT: Es wird jedenfalls durch autonomen Gruppen, den Gewerkschaften und den Parteien mobilisiert. 
RDL: Und wo lassen sich genauere Infos dazu finden, wenn es dann bestätigt oder abgesagt wird, es gibt ja auch die Covid-Problematik… Also deren „Eröffnung“ hat ja immerhin mit neun Leuten stattgefunden. Das war ja auch nicht der „Burner“…? 
(KICHERN) 
AFA-TYP: Ich denke dass, sobald es die Infos gib sicher alles auf MANIFEST veröffentlicht wird. 
AFA-FLINT: genau, dass ist dann bei MANIF-EST.INFO 
RDL: Vielen Dank 
AFA-FLINT: MERCI!

Also: Am 17. Oktober und in den kommenden Wochen die GenossInnen in Lothringen bei ihrer Kernforderung unterstützen: Die Librairie des Deux Cités dicht machen!
Mehr Infos findet ihr auch unter: lahorde.samizdat.net und bei autonome-antifa.org