‚Kanzler machen‘ – mit Armin Laschet

ID 110901
2. Teil
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Armin Laschet möchte Bundeskanzler werden – was ihn besonders befähigt, die übrigen 80 Millionen Deutschen anzuführen, vermag nicht einmal seine eigene Partei zu definieren. Letztendlich ziert er und nicht einer der tausend anderen verfügbaren Köpfe die Wahlplakate, weil er im Dreikampf dreier alter katholischer Männer in den entscheidenden Hinterzimmern die Nase vorne hatte.
Aber nehmen wir die auf den ersten Blick wenig nachvollziehbare Kandidatur um zu überlegen, was braucht es denn für Qualitäten, um ‚Kanzler zu machen‘ – um im Duktus von Laschets Wahlplakaten zu bleiben?
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04:50 min, 4606 kB, mp3
mp3, 130 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 05.09.2021 / 15:11

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Klassifizierung

Beitragsart: Anderes
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: Mel
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 05.09.2021
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
‚Kanzler machen‘ – mit Armin Laschet

Armin Laschet möchte Bundeskanzler werden – was ihn besonders befähigt, die übrigen 80 Millionen Deutschen anzuführen, vermag nicht einmal seine eigene Partei zu definieren. Letztendlich ziert er und nicht einer der tausend anderen verfügbaren Köpfe die Wahlplakate, weil er im Dreikampf dreier alter katholischer Männer in den entscheidenden Hinterzimmern die Nase vorne hatte.
Aber nehmen wir die auf den ersten Blick wenig nachvollziehbare Kandidatur um zu überlegen, was braucht es denn für Qualitäten, um ‚Kanzler zu machen‘ – um im Duktus von Laschets Wahlplakaten zu bleiben?

Ein Anforderungsprofil mit notwendigen Qualifikationsnachweise findet sich auf der Seiten des Bundeskanzleramts nicht. Eine bestimmte Ausbildung oder Kompetenz ist nicht gefordert, das Amt steht jeder und jedem - notfalls auch ohne Schulabschluss oder Berufsausbildung offen - erstaunlich inklusive also.
Was muss so eine Bunderskanzlerix also drauf haben? Auch im Grundgesetz findet sich zu dieser Frage ebenfalls erstaunlich wenig: irgendwie läuft es auf die sogenannte Richtlinienkompetenz hinaus. Sagen, wo es lang geht, die klassische Aufgabe von FührerInnen – man denke an das in unserer Kultur immer noch prägende Beispiel vom Wüstenscout Moses, der 40 Jahre nicht den Weg fand, obgleich er doch göttlichen Beistand hatte. Armin Laschet will uns die nächsten Jahre sagen, welcher Weg der richtige ist, was ihm schon in der eigenen Organisation kaum einer zutraut.
Eine andere exklusive Aufgabe einer Bundeskanzlerix besteht im Oberbefehl im Verteidigungsfall. Wir können uns die Szene gut vorstellen – irgendein böser Putin oder Taliban will uns ans Leder und Armin Laschet stürmt, nach fünfminütigen Kicheranfall, in einer der wenigen funktionsfähigen Leopardpanzer, um die Truppen in die Schlacht zu führen. Dabei stößt er sich clownesk den Kopf am Panzerdeckel und ist dann erneut grinsend und sternchensehend von weiteren Verteidigungsaufgaben befreit, wehruntauglich war er ja bereits als junger Mann.
Die spezifischen Anforderungen an eine Bundeskanzlerix sind also minimal, was die Kandidatur von Laschet etwas plausibler macht. Beruflich machte er langjährig 'Irgendwas mit Medien', arbeite für Rundfunk und Zeitschriften, schrieb Bücher und Reden, wobei ein reicher Schwiegervater, der praktischerweise Verleger war, sich als hilfreich erwies. Seit 2017 gibt er den Ministerpräsidenten von Nordrheinwestfalen.
In Relation zu seiner 30-jährigen Erfahrung in 'Irgendwas mit Medien', sind die öffentlichen Auftritte erstaunlich blutleer und hölzern. Laschet zeigt soviel Charisma wie ein durchschnittliches Teletubby. Aber auch Ausstrahlung steht nicht im Anforderungsprofil, gepflegte Langweile und Spießigkeit haben langjährige Kanzlerixe von Adenauer über Kohl bis Merkel ausgezeichnet.
Erfahrungsgemäß sind einschläfernde Biedermeierfiguren für die BürgerInnen die bessere Lösung, was egomane Selbstdarsteller mit Programm ala Trump, Berlusconi oder Erdogan anderswo eindrucksvoll wie negativ demonstrieren.
Eine Kanzlerix ist idealerweise uninspiriert, ohne eigene Agenda und von allenfalls durchschnittlicher Intelligenz. Die beste Regierung ist diejenige, die gar nicht regiert – wusste schon Henri Thoreau im 19. Jahrhundert und auch in der zu Ende gehenden Legislatur lief es am rundsten, als es über die ersten 6 Monate wegen der langwierigen Koalitionsbildung keine handlungsfähige Regierung gab.
Bei Laschet kann man sicher sein, dass unter seiner Regentschaft nichts wirklich passiert. Da Menschen wenig mehr fürchten, als Veränderung, ist Laschet bei genauem Hinsehen schließlich doch ein erstaunlich tauglicher Kandidat. Er besitzt die einzig wichtige Kardinaleigenschaft eines Spitzenpolitikers: Von ihm ist nichts zu erwarten!

Ob dies in Anbetracht vom globalem Klimanotstand, Seuchen-assozierter gesellschaftlicher Spaltung und massiven Verschiebungen im internationalen Machtgefüge tatsächlich ausreichend ist, dürfen die WählerInnen am 26.09.entscheiden – Immerhin!