Vogel der Woche (373): Die Brombeerqualle

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Ein Prachtstück der Evolution mit dreifachem Wirtswechsel (Mensch, Pflanze, Möwe)
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03:03 min, 4293 kB, mp3
mp3, 192 kbit/s, Stereo (48000 kHz)
Upload vom 25.01.2024 / 16:38

Dateizugriffe: 574

Klassifizierung

Beitragsart: Hörspiel
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich:
Serie: Vogel der Woche
Entstehung

AutorInnen: hikE
Radio: RUM-90,1, Marburg im www
Produktionsdatum: 25.01.2024
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Heute: die Brombeerqualle. Morelia aurula

Die wunderbare Welt der weichen Wassertiere hat mit der Brombeerqualle ein Prachtstück der Evolution abgeliefert. Der dunkel schwärzlichviolette Schirm dieses Hohltiers besteht aus vielen einzelnen Bläschen, die ihm das Aussehen einer gigantischen Brombeere geben. Diese Bläschen lösen sich zu bestimmten Jahreszeiten leicht vom Schirm ab und werden an Stränden angespült, wo sie nicht nur einen Duft nach Brombeeren verbreiten, sondern auch von Einheimischen aufgesammelt und nach der Reinigung von anhaftendem Sand als Brombeerpudding verzehrt werden. Das Auftauchen der "Brombeerpuddings" erfolgt mit einer so großen Regelmäßigkeit auf eine Nipptide nach der Sommersonnenwende, dass der Termin in örtlichen Kalendern als Feiertag verzeichnet ist.

Von Hohltieren ist bekannt, dass sie Generationswechsel haben, also zum Beispiel ein festsitzender Polyp Medusen abtrennt, die dann als Quallen herumschwimmen und die Sache mit dem Eier legen übernehmen, aus denen wieder Polypen schlüpfen, und so weiter. Dieses Modell des Generationenwechsels gibt es bei den Hohltieren in allen möglichen Kompliziertheitsstufen bis zum simpelsten "ätsch ich bin immer eine Meduse / ätsch ich bin immer ein Polyp", wo gar kein Wechsel stattfindet.

Die Brombeerqualle hat einen Zacken drauf gelegt und lässt ihren dreifachen Generationswechsel abwechselnd im Wasser und an Land stattfinden. Die Meduse, also die Qualle, legt keine Eier, sondern produziert Brombeeren. Sobald diese von Wirbeltieren wie z.B. einheimischen Menschen verzehrt werden, wächst in deren Innerem ein Polyp heran, der ab Beginn der Badesaison eine Woche lang massenhaft kleine Kerne produziert, die mit den Stoffwechsel-Endprodukten entweder in Kläranlagen landen oder irgendwo hingeschietert werden, zum Beispiel heimlich in die Dünen oder an den Strand. Aus diesen Kernen wachsen Chlorophyll enthaltende, trockenheitstolerante Polypen, die an verschiedenen Pflanzen wie Heidesträuchern oder Strandhafer heraufklettern, sich zu mehreren in die Blütenknospen setzen, die Pflanze anzapfen und in der geenterten Knospe entweder eine gemeinsame Cyste oder ein Ei bilden (das weiß man noch nicht so genau). Jedenfalls sind die "Eier" dieser Polypen ziemlich groß und aus irgend einem Grunde besonders attraktiv für Möwen, welche sie gezielt aus den Büschen heraus picken und runterschlucken. Bei den Möwen-Flügen landen sie auf üblichem Wege wieder im Meerwasser, und die nächste Brombeerqualle schlüpft.

Die Menschen tragen übrigens keinen Schaden durch den Polypen davon, sie schreiben das leichte Druckgefühl im Bauch und den vermehrten Stuhldrang zu Beginn der Badesaison dem Konsum von zu viel leckerem Eis am Strand zu.

Kommentare
26.01.2024 / 09:46 26.01.2024, Radio Dreyeckland, Freiburg
MoRa
Danke