Vogel der Woche (383): Brieftaube

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Wieso Tauben Schläge mögen. Eine laaaange Geschichte
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04:42 min, 6611 kB, mp3
mp3, 192 kbit/s, Stereo (48000 kHz)
Upload vom 08.04.2024 / 14:30

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Klassifizierung

Beitragsart: Hörspiel
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich:
Serie: Vogel der Woche
Entstehung

AutorInnen: hikE
Radio: RUM-90,1, Marburg im www
Produktionsdatum: 08.04.2024
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Heute: Die Brieftaube. Columba lettera.

Die Brieftaube, wer kennt sie nicht aus Anekdoten von Opa, wenn der "vom Krieg" oder "aus'm Ruhrgebiet", oder von "damals als ich noch römischer Kaiser war" zu erzählen anfängt? Ein Vogel, dem man Depeschen umschnallte und ihn dann fliegen ließ, weil Tauben, wie Forschix heute weiß, einfach einen sensationell geilen Orientierungssinn haben mit Magnetfeldkompass, polarisiertes Licht sehen und was weiß ich sonst noch alles für Hightech Features – Tauben sind sogar bekannt dafür, ein Tonstudio im Hals zu haben, aber ich lenke ab.

Joar, die Tauben selbst, die fanden das wahrscheinlich mit den Briefen eher nicht so prickelnd, aber sie waren eben jenseits ihrer für einen Menschen absolut befremdenden Ortungssinne sensationell geil auf ihre Lebenspartner*innen, welche, am Zielort eingesperrt, ihrer Beziehungs-Gegenstücke harrten, um bei nächster sich bietender Gelegenheit zwo Eier zu legen, zwei sensationell hässliche Küken ihr Familienglück zu nennen und sie mit Kropfmilch zu atzen.

Tauben sind sensationell seltsam.

Und wenn Opa davon erzählt, ist das für die meisten Zuhörenden eine Art tektonische Plattenverschiebung im Raum-Zeit-Kontinuum, wo doch heute Smartphones all das können, was früher die Brieftaube "by nature" draufhatte, und zwar ganz ohne 5G-Sendemasten.

Zurück zur Brieftaube. Früher, schon in der Antike, wie wir aus Asterix-Filmen wissen, schleppte die Brieftaube Botschaften durch die Gegend, und war ne echte Konkurrenz zum reitenden Boten, hatte aber im Gegensatz zum reitenden Boden das gleiche Problem wie heute die Drohnen: Greifvögel, die entweder keinen Bock auf Durchzug durch ihr Revier hatten, oder viel Bock auf Mahlzeit. – Okay, die ersteren können, zur Brutzeit, in Wäldern oder Parks unterhalb ihrer Brutbäume mit den Horsten oben drauf auch schon mal angriffig auf sich schnell bewegende Dinge, wie z. B. reitende Boten, Radler oder freizeitrennende Menschen reagieren. Da muss es nicht die Brieftaube als Auslöser sein, zugegeben.

Jedoch hatte die Brieftaube trotzdem das Problem mit den Greifvögeln, egal ob durch "Mein Revier!" oder "Essen!" motiviert, und wir sind hier nun mal nicht ein Wissenschaftspodcast, sondern eine satirische Serie. Also Schnauze dahinten und weiter im Plot. Ich wollte nämlich ganz woanders hin.

Also die Brieftaube von der bereits Opa Julius Cäsar vor sich hin erzählt, hah, wer hätte das nun gedacht? – die meine ich gar nicht. Die hätte nämlich den Artnamen //Columba livia domestica//.

Ich will reden von der //Columba lettera//, der Namensnachfolgerin jener einstmals im großen Stile hochleistungsgezüchteten, vorhin beschriebenen, heute nur noch in Form von Stadttauben sattsam bekannten Vogelsorte.

Die Columba lettera transportiert keine Briefe. Sie sitzt im Schwarm der Stadttauben, fliegt mit ihnen die taubentypischen Kurbeleien, stürzt sich wie blöde auf Zeug, was ihr hingekrümelt wird, findet ihre*n Lebenspartner*in so geil wie jede andere Taube das mit – okay, weniger kompliziert formuliert: geht wie jede andere Taube eine stabile Langzeitbeziehung ein die nur der Omnibus-Zwillingsreifen oder ein Greifvogel, oder schimmliges Brot als Futter beenden kann – verabfolgt mit Hingebung den sensationell hässlichen zwei Taubenküken pro Brut Müsli aus'm Kropf, mit Milch, alles tauboid quasi.

Bis auf einen Punkt. Die Columba lettera, da vor deinem Dachwohnungs-Fenster auf dem Lawinenfanggitter balancierend, die Dachrinne bis zum Eichstrich vollkackend und mit ihren Kolleg*innen gemeinsam Taubengeräusche machend, die macht ein ganz besonderes Geräusch.

Wo sie das gelernt hat, ist unbekannt, aber es klingt nach einer Post-Werbekampagne der späten 1980er Jahre.

Die gurrt: "Schrrreib mal wieder. gurrruuuh."

Guten Morgen.

Kommentare
15.04.2024 / 20:05 gesendet am 15.4.2024 , coloRadio, Dresden
MoMa
.. und wieder was gelernt. merci!