Protest gegen polizeiliche DNA-Speicherung

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interview mit uta wagenmann vom genEthischen netzwerk - GEN zur dna sammelwut. das bka sammelt und speichert großzügig den genetischen fingerabdruck.
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http://fingerwegvonmeinerdna.de/
Audio
16:00 min, 15 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 25.05.2012 / 07:20

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Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: aktuell
Radio: RadioBlau, Leipzig im www
Produktionsdatum: 25.05.2012
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
*Protest gegen polizeiliche DNA-Speicherung *

Sicherheitsbehörden überschreiten rechtliche Grenzen

Ein Jahr nach dem Startschuss der Kampagne „DNA-Sammelwut stoppen!“ macht das
Gen-ethische Netzwerk am Tag des Grundgesetzes, dem 23. Mai, erneut auf die
problematische *Expansion polizeilicher DNA-Datensammlungen*und die Übertretung
rechtlicher Grenzen durch die Sicherheitsbehörden bei der *biologischen
Vorratsdatenspeicherung*aufmerksam.

„Wir haben es heute mit einer enormen Expansion biologischer
Vorratsdatenspeicherung zu tun“, so Alexander Schwerin vom Gen-ethischen
Netzwerk. Diese werde leider in der Öffent­lichkeit viel zu wenig thematisiert -
ein Grund, warum Staatsanwaltschaften und Polizeidienst­stellen auch „regelmäßig
relativ dreist jenseits rechtlicher Grenzen operieren“.

Zum Startschuss der Kampagne *DNA Sammelwut stoppen*hatte das GeN im letzten
Jahr am 23. Mai 2011 einen Offenen Brief an die Justizministerin übergeben, der
von etlichen Datenschutz- und Bürgerrechtsorganisationen unterzeichnet wurden war.

In diesem Jahr wird das GeN die inzwischen gesammelten individuellen
Unterschriften unter den Offenen Brief in einer Protestaktion vor dem
Bundesjustizministerium in Berlin verstreuen. Damit protestiert die Organisation
dagegen, dass die sonst in Datenschutzfragen engagierte Justizministerin bisher
keinerlei Schritte gegen*die biologische Vorratsdatenspeicherung *unternommen
hat. Außerdem werden die Unterschriften auch formal als Liste an das Ministerium
übergeben.

Mit von der Partie ist wie immer Willi Watte, ein überdimensioniertes
Wattestäbchen, das die Kampagne als Maskottchen von Anfang an begleitet.

Zum Jahrestag der Kampagne veröffentlicht das GeN außerdem Fälle, in denen die
Sicherheitsbehörden rechtlich gesetzte Grenzen gezielt überschritten haben.//Die
Beispiele zeigen erheblichen Hand­lungsbedarf bei der Kontrolle und rechtlichen
Regelung von DNA-Sammlung und -Speicherung:

Bei dem bundesweit bisher zweitgrößten Massengentest von 2009 bis 2010 in
Gütersloh wurden über 11.000 DNA-Proben von einer nicht genauer definierten
männlichen Bevölkerung genommen. Nur 27 Personen verweigerten sich dem
offiziell freiwilligen Test. Dennoch galten sie von nun an als
Tatverdächtige. Bei zehn von ihnen ordnete das Amtsgericht ohne weiteren
Tatverdacht eine Zwangsentnahme des Speichels an. Schon die enorme Menge der
gespeicherten Personen ohne genauere Vorgabe von Kriterien widerspricht der
rechtlich vorgegebenen Verhältnismäßigkeit. Insbesondere aber die Tatsache,
dass Personen verdächtigt wurden, die lediglich ihr Recht auf Datenschutz
wahrnahmen, sprengt den rechtstaatlichen Rahmen. Dies sah das Landgericht
Bielefeld auch so und erklärte die Zwangsmaßnahmen nach dem Widerspruch
eines Betroffenen für rechtswidrig.

Bei einem Einbruch in ein Büro der Stadtverwaltung in Erfurt im Jahr 2011,
bei dem lediglich eine Sparbüchse mit 15 Euro entwendet wurde, forderte die
Kripo alle Büroangestellten dazu auf, DNA-Speichelproben abzugeben. Sie drohte
auch nachträglich noch telefonisch mit richterlichen Zwangsanordnungen, sollten
einzelne die Teilnahme verweigern. Die Polizei begründete die Speichelproben mit
einem Ausschlussverfahren, um so auf die DNA eines oder einer Tatverdächtigen zu
schließen. Ein solches Verfahren ist vom Gesetz zur DNA-Datenspeicherung aber in
keiner Weise gedeckt - DNA-Proben sind entweder bei Beschuldigten einer
erheblichen Straftat rechtens - oder es muss bei einer DNA-Reihenuntersuchungen
ein Kapitalverbrechen vorliegen Zudem deklarierte die Kripo diese Verfahren erst
im Laufe der Kommunikation mit den Angestellten als „freiwillig“, informierte
sie aber nicht von Anfang an über ihr Recht, sich gegen die Speichelprobe zu
entscheiden. Einige Betroffene zeigten dennoch Zivilcourage und widersetzten
sich dem Test.

Kontakte zu Betroffenen und weitere Informationen stellt das Gen-ethische
Netzwerk gerne zur Verfügung.

Das GeN ruft Betroffene polizeilicher DNA-Sammelwut dazu auf, sich gegen solche
übergriffigen Maßnahmen zur Wehr zu setzen und die bürgerrechtlich dazu aktiven
Organisationen wie das Gen-ethische Netzwerk in Berlin oder Institutionen wie
die Datenschutzbeauftragten der Länder darüber zu informieren.

Weitere Informationen

_www.fingerwegvonmeinerDNA.de <http://www.fingerwegvonmeinerDNA.de/>_