"Flüchtlinge" - Das Wort des Jahres?

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In der Begründung der Jury hieß es: [Zitat] „Das Substantiv steht nicht nur für das beherrschende Thema des Jahres, sondern ist auch sprachlich interessant. Gebildet aus dem Verb flüchten und dem Ableitungssuffix -ling (›Person, die durch eine Eigenschaft oder ein Merkmal charakterisiert ist‹), klingt Flüchtling für sprachsensible Ohren tendenziell abschätzig.“ So begründet die Gesellschaft für deutsche Sprache die Wahl des Wortes „Flüchtling“ zum Wort des Jahres. Wir blicken kritisch auf die Entscheidung.
Audio
14:19 min, 20 MB, mp3
mp3, 192 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 14.12.2015 / 16:10

Dateizugriffe: 784

Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Internationales, Andere
Entstehung

AutorInnen: Patrick Rank
Radio: RadioZ, Nürnberg im www
Produktionsdatum: 14.12.2015
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Die Gesellschaft für deutsche Sprache hat die 10 bestimmensten Wörter des Jahres gewählt und auf Platz 1 landete „Flüchtling“. So weit, so gewöhnlich – wird das Wort nicht gerade inflationär in der Öffentlichkeit verwendet. Von allen politischen Lagern, von allen Schichten. Die deutsche Sprache bezeichnet damit die Menschen, die zu uns kommen aus einer individuellen Not heraus. Andere Sprachen, etwa das Französische benutzt réfugié oder das Englische refugee als Bezeichnung dieser Menschen. Sie sind Substantivierungen des französischen se refugier, frei übersetzt lautet die Übersetzung: die, die Schutzsuchen. Das Deutsche hebt auf die Flucht ab, das Französische auf die Schutzbedürftigkeit. Darin liegt ein kleiner semantischer Unterschied, der aber nicht weiter problematisch ist. Problematisch ist die das Ableitungssuffix -ling. Es wird an Wörter angehängt, um eine Person zu benennen, die durch eine Eigenschaft oder ein Merkmal charakterisiert ist. Es drückt eine Passivität oder Abhängigkeit aus und ist in manchen Kombinationen abwertend – man denke an Emporkömmling, Schönling oder Schwächling –, in anderen Kontexten – wie in Liebling, Säugling oder Prüfling – nicht. [Als Community Sender haben wir wegen der umstrittenen Bedeutung des Begriffes „Flüchtling“, Flüchtling in der Berichterstattung zu vermeiden.] Deshalb fragen wir heute kritisch bei einem Sprachforscher nach, ob die Wahl dieses umstrittenen Begriffes zum Wort des Jahres gerechtfertigt ist? Mein Kollege Patrick Rank sprach mit dem Sprachforscher Prof. Dr. Anatol Stefanowitsch von der FU Berlin über die Wahl und die Kritik am Wort „Flüchtling“.

Kommentare
17.12.2015 / 23:31 Dieter, Radio Unerhört Marburg (RUM)
am 18.12. in der Frühschicht zum Wochenende gesendet
Vielen Dank!!
 
27.12.2015 / 19:16 marie,
wird gesendet
im kaffeesatz am 28.12.2015 danke!