Sächsischer Verfassungsschutz: eine Behörde im Wahn der Extremismustheorie?

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Das Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz hat im Zusammenhang mit den
angemeldeten Protesten für den 11. Januar 2016 von einer
Lageeinschätzung des sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz
Kenntnis erhalten, welches das Aktionsnetzwerk in die Nähe gewalttätiger
Aktionen rückt.
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Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: aktuell
Radio: RadioBlau, Leipzig im www
Produktionsdatum: 18.02.2016
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Pressemitteilung
Leipzig, den 10. Januar 2016

Sächsischer Verfassungsschutz – eine Behörde im Wahn der Extremismustheorie?

Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ hat im Zusammenhang mit den
angemeldeten Protesten für den 11. Januar 2016 von einer
Lageeinschätzung des sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz
Kenntnis erhalten, welches das Aktionsnetzwerk in die Nähe gewalttätiger
Aktionen rückt.

Alle Beteiligten im Aktionsnetzwerk verwahren sich entschieden gegen die
Vorwürfe des sächsischen Verfassungsschutzes. Den Aufrufen des Netzwerks
liegt die „Leipziger Erklärung“ vom Januar 2015 zugrunde. In dieser ist
die Gewaltfreiheit aller Aktionen festgeschrieben. Im Netzwerk sind
unter anderem Politiker_innen von Grünen, Linken und SPD ebenso
engagiert wie Kirchen, Gewerkschaften und Initiativen.

„Der offensichtliche Versuch des Landesamtes für Verfassungsschutz und
damit des Staatsministeriums des Inneren, den gewaltfreien Protest gegen
eine rassistische und menschenverachtende Gruppierung zu
kriminalisieren, kann und darf nicht hingenommen werden“, empört sich
Irena Rudolph-Kokot als Anmelderin der Proteste.

Das Aktionsnetzwerk ruft regelmäßig zu Widersetz-Aktionen auf.
Friedliche Blockaden sind nicht generell unzulässig und können ebenso
vom Grundrecht auf Versammlungsfreiheit erfasst sein. Das gemeinsame
Behindern menschenverachtender und rassistischer Aufmärsche von
Gruppierungen im Muster der *GIDA versteht das Aktionsnetzwerk als
kollektives Recht auf demokratischen Meinungsstreit und Mitbestimmung.
Das Aktionsnetzwerk wird nicht akzeptieren, dass das Grundrecht auf
Meinungsfreiheit durch Rassist_innen missbraucht wird, um eine
Hassstimmung gegen Menschen, die hier Zuflucht suchen, aufzubauen.

Dem Aktionsnetzwerk wird insbesondere vorgeworfen, Aktionen „gegen
Bullenschweine“ zumindest „subtil“ zu unterstützen. Dieser Duktus
entspringt der Ära einer „Armeefraktion“ und ist dem Aktionsnetzwerk
vollständig fremd. Ziel des Netzwerkes ist es, eine demokratische
solidarische Gesellschaft zu stärken, nicht Feindbilder aufzubauen. Alle
Menschen in Uniform oder in Zivil sind vollwertig einbezogen.

Bekanntlich befreien Uniformen und Ämter aber nicht von Fehlverhalten.
Uniformen und Ämter haben die Demonstrationen von „Leipzig nimmt Platz“
immer wieder massiv eingeschränkt. Beispiele in jüngerer Zeit waren die
Kesselung ohne Angabe von Gründen (23.09.2015), der anlasslose Abschuss
einer Gasgranate in die Kundgebung (12.12.2015) oder die vermutlich
verdeckte Überwachung der Versammlung (04.01.2016). Dagegen wehrt sich
das Aktionsnetzwerk auch juristisch – auf dem Boden der Rechtsordnung.

Auch der Dialog mit Herrn Innenminister Ulbig wurde von Akteuren des
Aktionsnetzwerks gesucht. Der im Januar 2015 an ihn versandte Brief
blieb leider ohne Antwort. Der offensichtliche Unwille zum Dialog auf
der einen und die fehlenden Berührungsängste zu Pegida auf der anderen
Seite deuten darauf hin, dass der für den Verfassungsschutz zuständige
Minister keineswegs neutral agiert. So traf sich Herr Ulbig im selben
Monat mit der damaligen Pegida-Sprecherin K. Oertel.

Der Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz Sachsen Meyer-Plath
hatte im Oktober 2015 erklärt, dass Legida und Pegida nicht beobachtet
würden. Entsprechend hatte der öffentliche Aufruf von Lutz Bachmann
(Pegida) „Wir holen uns die Neustadt“ für den 21. Dezember 2015 in
Dresden zur Folge, dass dieser verbreitet und schließlich mit
zahlreichen Gewalttaten, die zum Teil schwere Körperverletzungen zur
Folge hatten, auch umgesetzt wurde. Die Polizei und der
Verfassungsschutz waren hier offensichtlich überfordert.

Der Verfassungsschutz, der im Falle des NSU vollständig versagt hat und
ganz offensichtlich mit zweierlei Maß misst, folgt der wissenschaftlich
kritisierten Extremismustheorie, die Rechte und Linke als analoge
Phänomene umdeutet, aber die empirisch belegten „extremistischen“
Einstellungsmuster einer gesellschaftlichen „Mitte“ ausblendet. In
widersinniger Konsequenz scheint der Verfassungsschutz nun das
Aktionsnetzwerk zu observieren.

Rechtsanwalt Jürgen Kasek, der sich laut dem VS-Papier „als Rechtsanwalt
für 'No LEGIDA' ausgibt“ und dem vorgeworfen wird, dass er
Demonstrationsteilnehmer_innen über ihre Grundrechte aufgeklärt habe,
erklärt: „Wir werden die lückenlose Aufklärung der nun wahrscheinlichen
Beobachtung tausender Menschen einleiten. Für die Staatsregierung ist
das offenbar der Versuch, gegen die Stadt Leipzig und die
Zivilgesellschaft vorzugehen.“



PS: Bitte beachten Sie unsere geänderte E-Mailadresse!
--
Aktionsnetzwerk "Leipzig nimmt Platz"
Bornaische Str. 3d – 04277 Leipzig
Mail: platznehmen@systemli.org | OpenPG: http://j.mp/0×3ff7cef9465a9764
Internet: http://www.leipzig-nimmt-platz.de

Kommentare
18.02.2016 / 17:04 sonar, bermuda.funk - Freies Radio Rhein-Neckar
lief bei bermuda.funk
in sonar am 18.02.. danke!
 
19.02.2016 / 12:08 Freitagsmagazin, coloRadio, Dresden
wird
heute im Magazin gesendet. Danke.