Sarah Kaminsky über das politische Fälscherleben ihres Vaters und heutige Sicherheitsdebatten: "Wenn reaktionäre Zeitungen finden, dass es gut ist, dann können sich die Menschen vielleicht verändern"

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Papiere fälschen, um Leben zu retten: Das hat Adolfo Kaminsky rund dreissig Jahre lang heimlich gemacht.

Angefangen hat er als junger Jude in der französischen Résistance. Er wandte seine selbstgelernten chemischen Fähigkeiten und seinen Tüftlergeist, um sich selbst und anschliessend vielen Juden und Widerstandskämpferinnen vor Deportation und Tod zu schützen.

Nach der Befreiung und bis 1971 hat er weiter fast ununterbrochen alle möglichen Papiere gefälscht, auch vermeintlich fälschungssichere. Zunächst um Überlebende der Konzentrationslager die Einreise in Palästina zu ermöglichen, anschliessend im Algerienkrieg um die algerische Befreiungsfront FLN und ihre französischen Unterstützerinnen vor der Repression zu retten. Gegen Ende seiner Untergrundtätigkeit hat er Befreiungsbewegungen und antikoloniale Bewegungen in aller Welt mit gefälschten Papieren beliefert.

Als Idealist und um seine Unabhängigkeit zu bewahren, lehnte er meist ab, für das Fälschen bezahlt zu werden. Daneben musste er also für seinen Unterhalt schuften und auf sein Privatleben grösstenteils verzichten. 1971 hörte er abrupt mit dieser Tätigkeit auf, weil er einen schwer wiegenden Hinweis darauf hatte, dass ihm die Polizei oder ein Geheimdienst auf der Spur war. Erst mit rund 50 fing für ihn ein Leben jenseits des Untergrunds an.

Seine Tochter Sarah Kaminsky hat vor wenigen Jahren ein eindrucksvollen Roman über die aussergewöhnliche Geschichte ihres Vaters veröffentlicht, auf deutsch unter dem Namen: Adolfo Kaminsky, ein Fälscherleben. Im Rahmen einer Ausstellung der Aktionskunstgruppe hat sie am Montag eine Lesung im Centre Culturel Francais von Freiburg gehalten.

Radio Dreyeckland hat am Rande ihrer Lesung mit ihr über ihr Buch und ihre Sicht auf heutige Entwicklungen gesprochen. Wir haben sie zunächst gefragt, wann und wie genau sie die Vergangenheit ihres Vaters als Fälscher erfahren hat:
INTERVIEW


Bei der OAS, die in einer Frage erwähnt wird, handelt es sich um die "Organisation Armée Secrète", eine rechtsterroristische Organisation, die am Ende des Algerienkriegs und danach tödliche Anschläge verübte, um die Entkolonialisierung Algeriens zu verhindern.
Audio
05:33 min, 5200 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 30.11.2016 / 12:19

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Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Internationales
Serie: Focus Europa Einzelbeitrag
Entstehung

AutorInnen: Matthieu
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 30.11.2016
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
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