Bei Strafe des Untergangs

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Wieso, weshalb, warum hat Karl Marx - in seinem Hauptwerk - so wenig über den Staat geschrieben und so viel über Ökonomie? Wird das der Realität von Ausbeutung und Herrschaft gerecht? Oder ist "Das Kapital" doch bloß ökonomistisch und auf dem politischen Auge blind?
Konnte das, anders gefragt, politischem Geholze und despotischer Gewalt von Stalin bis Pol Pot Vorschub leisten, wie ja so gern (und nicht ganz ohne Plausibilität) behauptet wird? Hat so also der Fokus auf ökonomische Prozesse zum notorisch schlechten Ruf der kommunistischen Kritik beigetragen?

"Das Problem der Kritik der politischen Ökonomie [...] ist nicht, daß sie vom Staat abstrahiert [...]. Das Problem ist, daß sie durch diese Abstraktion den Eindruck erzeugt, als ließe sich über den Staat wie über das Kapital in der Einzahl schreiben." (G. Scheit)

Erinnert werden soll an Marxens ebenso kühnen wie verzweifelten (und größenwahnsinnigen) Versuch, Licht in das Dickicht der unzähligen Abhängigkeiten, Querbezüge und Konstitutionsverhältnisse der modernen Gesellschaft zu bringen - seien sie ökonomisch-materiell, politisch-juristisch oder ideologisch-psychologisch. Was Wunder, daß sich die Fragment gebliebene Großtheorie nicht als das monolithisch kanonisierte Vademecum (im Sinne der Leitfaden- und Ratgeberliteratur) etablieren konnte, auf das sie zu praktischen Zwecken eingedampft worden war ...

Jedenfalls sind 200 Jahre Marx und 150 Jahre "Das Kapital" kein Grund zum Feiern: der Gegenstand des Buches hat diese 150 Jahre unbeeindruckt überlebt.

"'Bei Strafe des Untergangs' lautet das Leitmotiv der Souveränität wie der Verwertung. Erst die Allgegenwart der Bedrohung konstituiert die Allgemeinheit des modernen Staates. Also wird das Individuum zum Subjekt verstaatlicht, indem es diese Angst vor dem Ausnahmezustand entwickelt. Alles, was getan, alles was gedacht wird, muß Bezug auf diesen Staat nehmen, so wie alles, was gebraucht, alles was beschafft wird, Bezug nehmen muß auf die Verwertung." (G. Scheit)


Diesmal zwei Beiträge, die den Tiefgang der Kritik der politischen Ökonomie einzuholen versuchen:

> Gerhard Scheit: "Geld spielt keine Rolle. Wertformanalyse und globale Vergemeinschaftung" (2009)

> Thomas Maul: "Ricardos Hüte leben. Die Aktualität von Marx' Kapital" (2017)


"Nur wenn die Arbeitskraft zur Ware wird und nicht die Arbeit selber, kann der Mehrwert, den sie produziert, im Vertrag, den Arbeiter und Unternehmer abschließen, unsichtbar sein; nur dann kann überhaupt erklärt werden, warum das Kapital akkumuliert, obwohl doch immer nur, laut Vertrag, Gleiches gegen Gleiches getauscht wird; wie also Ausbeutung unter dem Gesetz des Tausches überhaupt möglich ist." (G. Scheit)


Dauer: 120 Minuten

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Audio
01:59:59 h, 41 MB, mp3
mp3, 48 kbit/s, Mono (48000 kHz)
Upload vom 14.06.2018 / 23:12

Dateizugriffe: 29

Klassifizierung

Beitragsart: Feature
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Kultur, Arbeitswelt, Wirtschaft/Soziales
Serie: Sachzwang FM
Entstehung

AutorInnen: Dr. Indoktrinator
Radio: Querfunk, Karlsruhe im www
Produktionsdatum: 14.06.2018
CC BY-ND-NC
Creative Commons BY-ND-NC
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 4.0 International - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Diesmal mit mehr Musik, nicht nur im Hintergrund (der von Pole beschallt wird):

John Fahey (intro)

Belle & Sebastian ("Marx and Engels")
Georg Kreisler ("Kapitalistenlied")
Floh de Cologne ("Der Kapitalismus stinkt")

Joint Venture ("Markt, Marx undsoweiter")
X-Quadrat ("Kauf dir die Freiheit")
Die Prolos ("Ballade vom Glück und Ende des Kapitals")
Funny Van Dannen ("Ich will den Kapitalismus lieben")

John Fahey (outro)