Sachgrundlos geländegängig: Subjekt SUV

ID 91099
 
Klobige Automobile in Lego-Duplo-Ästhetik

Manchmal vermögen einzelne, prägnante Merkmale einer Epoche mehr über diese auszusagen als elaborierte, auf Abstraktion gegründete Gesellschaftskritik.
Im Besonderen, im Einzelnen zeigt sich das Spezifische der allgemeinen Konstellation krasser und augenfälliger als in der gemittelten Gesamtheit alles Besonderen, welche die redliche Wissenschaft leidenschaftslos erforschen mag. Vielleicht muß man wirklich die ganz abseitigen Phänomene studieren und deuten, um bei aller bleiernen Stagnation der Gegenwart noch kleine aber signifikante Details aufzuspüren, die noch vor Jahren „so nicht möglich“ gewesen, sprich nicht akzeptiert worden wären und derart etwas über den Fortgang der allgemeinen Regression aussagen können.

Triebstau auf der Überholspur

Früher, ein Hingucker für kleine Kinder, sah man auf den Straßen zwischen den normalen Pkws ab und zu mal einen Jeep oder einen Range Rover. Irgendwann fingen diese Geländewagen an, immer größer und dicker, bulliger und klobiger, protziger und schneller zu werden und zunehmend nach Pseudogeländewagen auszusehen. Gefühlte zwanzig Jahre später bevölkern martialische Zivilpanzer aller Automarken die Straßen. Das boomende Marktsegment heißt SUV („Geländelimousinen“), den Proportionen nach sehen sie aus wie Kleinwagen, nur quasi aufgeblasen wie blecherne Kraftsportler, während die Fahrer darin wie Zwerge thronen. Die Käufer dieser interessanterweise fast nur in schwarz nachgefragten rollenden Trutzburgen sind Herrenmenschen und Angeber aller Art, die offenbar gern von oben auf das Verkehrsgeschehen hinabschauen und im Falle eines Unfalls gern andere den kürzeren ziehen lassen.

Das Phänomen SUV als ein Indiz für die Brutalisierung der Öffentlichkeit, die Verbiesterung der Konkurrenzsubjekte, die Barbarisierung des Alltags:

> Einleitendes von der Red. Sachzwang FM (6 Minuten)

> Empirisch-kritisch analysieren Ulrich Brandt und Markus Wissen die imperiale Automobilität (52 Minuten)

> Polemisch dechiffriert Johannes Vincent Knecht die mißlingende Ästhetik der blechernen Monstrositäten (14 Minuten)

> Psychoanalytisch betrachtet Harald Strauß die jüngsten Ausprägungen des autoritären Charakters (15 Minuten)

> Spekulativ nähert sich die Red. Sachzwang FM der stählernen Physiognomie der Arroganz (13 Minuten)


Dauer: 120 Minuten

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Audio
01:59:59 h, 41 MB, mp3
mp3, 48 kbit/s, Mono (48000 kHz)
Upload vom 20.09.2018 / 16:42

Dateizugriffe: 62

Klassifizierung

Beitragsart: Feature
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Arbeitswelt, Umwelt, Kultur, Politik/Info
Serie: Sachzwang FM
Entstehung

AutorInnen: Dr. Indoktrinator
Radio: Querfunk, Karlsruhe im www
Produktionsdatum: 16.09.2018
CC BY-ND-NC
Creative Commons BY-ND-NC
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 4.0 International - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Quellen der Beiträge:

- Brand/Wissen aus: "Imperiale Lebensweise", Oekom Verlag 2017

- Johannes V. Knecht ("Zynismus auf Rädern") aus: konkret, Ausgabe VIII/2018

- Harald Strauß ("Die Zumutung der fremden Stimme") aus: agoRadio, Ausgabe II/2018


Hintergrundmusik von:
- Philip Glass ("Koyaanisqatsi", 1983)
- Alex North ("2001", 1967)
- Les Baxter


Kommentare
25.09.2018 / 11:08 John,
knechtkommentar gesendet am 25.09.2018 im VIP
Merci!
 
05.02.2019 / 16:19 Linksdrehendes radio, Radio Blau, Leipzig
Freischalten!?
Habe es zufällig bei radio blau gehört. Großartig. Schaltet ihr das noch frei!? Wäre doch schade sonst ;)