50 Jahre Mondlandung: Unter irrem Zwang, „not because it is easy“

ID 96458
mond_1 (Hauptteil)
oder: WHITEY'S ON THE MOON

Der Mond blendet nicht wie die Sonne. Sein kaltes, fahles Antlitz läßt sich genau beobachten, er übt eine eigenartige Faszination aus, der einzige Himmelskörper, dessen Oberfläche deutlich zu sehen ist. Er strahlt eine eigentümliche Melancholie aus, vielleicht sogar den Tod. Manche Menschen werden sprichtwörtlich mondsüchtig.
Ist die Sonne Symbol des Erfolgs, des Diesseitigen und Offensichtlichen, des Drastischen und positiver Strahlkraft, so der Mond Sinnbild des Subtilen, der Romantik und Sehnsucht, des Geheimnisvollen und Hintergründigen, bis hin zu gefährlich-schwindeligem Wahn und irrer Verstiegenheit. Dem Mondlicht wird eine kirre machende Wirkung nachgesagt. Hunde und Wölfe heulen den Mond an. Kaum ein Horrorfilm kommt ohne die beklemmend ausgeleuchtete Atmosphäre aschfahlen Mondlichts aus.

Für nicht wenige Menschen war 1969 die live im Fernsehen zu verfolgende Landung von Menschen auf dem Mond ein Schlüsselereignis, womöglich der kulturelle Höhepunkt des Jahrhunderts, jedenfalls einer der ersten Momente live hergestellter medialer Weltöffentlichkeit überhaupt. Ein Augenblick der Zäsur, wie 9/11 oder die Detonation in Hiroshima – freilich einer der seltenen Fälle ohne traumatische Komponente.

Das space race bzw. космическая гонка, der Wettlauf ins All, war schon in den fünfziger Jahren angelaufen, verschärfte sich aber in den sechziger Jahren dramatisch, bis hin zum spektakulären Höhepunkt. Ein Akt androzentrischen „Machbarkeitswahns“: Die Expedition zum Erdtrabanten war wenig mehr als Symbolpolitik, gewissermaßen eine humanistische Ersatzhandlung.

Höchst symbolträchtig die dem Menschen völlig ungewohnte Schwerelosigkeit im Weltall. Sie gibt – wenn auch unbewußt – eine fantastische Metapher und reichlich utopisches Traumpotential ab für den Fluchtpunkt aller menschlichen Emanzipation, eines Tages nicht mehr der Gravitation ökonomischer und gesellschaftlicher Zwänge zu unterliegen, sondern vielleicht einmal unbeschwert von alledem in universeller Freiheit leben zu können. Dementsprechend scharf war der Wettstreit, wessen Protagonisten diesen hochsymbolischen Akt zuerst ins Werk setzen würden: die des Liberalismus oder die des Kommunismus. Immerhin hatten sich beide die Befreiung der Menschheit auf ihre Fahnen geschrieben.
Vor dem Hintergrund einer noch in Not und Elend lebenden Welt, die sich erst seit wenigen Jahren aus kolonialer Bevormundung und Umklammerung befreit hatte, erscheint das megalomane Mondlandungs-Projekt freilich in einem anderen Licht.


Ein kurzweiliger Hör-Essay
mit Originaltönen, 50 handverlesenen mondsüchtigen Musikstücken sowie einem Auszug aus "Das allerletzte Gefecht" (Wolfgang Pohrt, 2013; in den letzten 18 Minuten).


Dauer: 120 Minuten

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Audio
59:57 min, 55 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Mono (48000 kHz)
Upload vom 22.07.2019 / 14:02

Dateizugriffe: 53

Klassifizierung

Beitragsart: Feature
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Andere, Wirtschaft/Soziales, Internationales, SeniorInnen, Musik, Kultur, Politik/Info
Serie: Sachzwang FM
Entstehung

AutorInnen: Dr. Indoktrinator
Radio: Querfunk, Karlsruhe im www
Produktionsdatum: 21.07.2019
Folgender Teil steht als Podcast nicht zur Verfügung
mond_2
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01:00:02 h, 55 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Mono (48000 kHz)
Upload vom 22.07.2019 / 14:24
CC BY-ND-NC
Creative Commons BY-ND-NC
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 4.0 International - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Die sehr kleinteilige Sendung, Produkt "verblendeter Bastelei" (Adorno), benötigte keinen Zehnjahresplan wie die Mondlandung, jedoch auch einige Wochen, ja Monate intensiven Vorlaufs. Sogar der Countdown zur Erstausstrahlung am 20. Juli 2019 verschob sich dadurch "unter irrem Zwang" kurzfristig.

Sachzwang FM wünscht gute Unterhaltung.



Das Musikbett, in chronologischer Reihenfolge:


Man Or Astro-man "taxidermist surf"

Sound Dimension "moon hop"

Taikonauts "journey to the stars"

Burial "luna" (nein: "loner")

Celtic Frost "tristesses de la lune"

Echo & Bunnymen "the killing moon"

Superpitcher "moon fever"

Bob Richardson "moonlight"

Jackie Lowell "rocket trip"

X-mal Deutschland "mondlicht"

Simple Minds "theme for great cities"

Gazebo "lunatic (instrumental)"

Nathan Fake "outhouse"

Radar Men From The Moon "[_]"

Anne Clark "full moon"

[_] "moon dog"

Free Beach "the space ship (a drift)"

Hawkwind "sword of the east"

Spacemen 3 "transparent radiation"

Flesh World "destination moon"

Science Fiction Corporation "the whistling astronaut"

Robert Drasnin "chant of the moon"

Space Lady "major tom"

Ulrich Schnauss "stars"

Mickey Baker "old devil moon"

Tornados "telstar"

Lena Lim & Stylers "luna, luna"

Johnny Mondo "yuri gagarin"

Karl-Heinz Weichert "affenschande"

Joe Meek "orbit around the moon"

Balam Acab "see birds (moon)"

Mary Ford & Les Paul "moon of manakoora"

Jimmy Stewart "rock on the moon"

Clinic "i'm aware"

Barbara Kellerbauer "mond über dem mekong"

Gil Scott-Heron "whitey's on the moon"

Peter Thomas "moonflower Q-70"

Bob Richardson "(there ought to be) a moonlight saving time"

Biddu Orchestra "journey to the moon"

Epstein "old time stars"

Mayhems "surfing moon"

Elvis Presley "blue moon"

Rolling Stones "20,000 light years from home"

Wilco "black moon"

Beachhouse "space song"

Air "astronomic club"

Gabor Szabo "lady in the moon"

[_] "blue moon" (spanisch)

Grant Hart "you're the reflection of the moon on the water"


Kommentare
22.07.2019 / 16:05 Joerg B., Radio T
Tolle Sendung, aber klangtechnisch schwierig.
Ist es möglich diese Sendung unkomprimiert und in Stereo für eine Ausstrahlung bei Radio T zu bekommen? Das wäre schön.
 
22.07.2019 / 16:45 Birgit, Radio Dreyeckland, Freiburg
senden wir am 22.7. von 19 bis 21 Uhr
Großartig. Was für eine Arbeit! Vielen Dank
 
26.07.2019 / 10:36 hilmar, Radio Blau, Leipzig
1000 danke aus leipzig
bin begeistert...wird nochmal bei radio blau abgespielt...
 
30.07.2019 / 14:21 ralf, Radio Corax, Halle
bei Corax auch natürlich
Gruß nach ...