Leipzig 7.11.20 - Querdenken und dessen kontroverse Allianzen

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Am 7.11. mobilisierte Querdenken mehr als 20 000 Menschen nach Leipzig, um gegen die Corona-Schutzmaßnahmen zu demonstrieren. Die heterogene Menschenmasse bestand aus "besorgten Bürgern", Esos, Hippies, und Verschwörungsideolog*innen, aber auch hunderter Reichsbürger, Rechtsradikaler, faschistischen Hooligans und Neonazis.

Nachdem die Großkundgebung auf dem Augustusplatz von der Versammlungsbehörde für beendet erklärt wurde (schon von Beginn an wurden im erhöhten Maße gegen die Auflagen verstoßen) zog ein Demonstrationszug mit tausenden Rechten über den Ring. Diese Demonstration war zwar verboten, mit Hilfe eines faschistischen Schlägertrupps überrannte Querdenken jedoch die Polizeikette und sorgte in der Leipziger Innenstadt für ein paar Stunden für einen Ausnahmezustand.

Es kam zu zahlreichen Übergriffen auf Gegendemonstrant*innen und Journalist*innen.

Ein Beitrag von dem RDL-Korrespondenten Kex.
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Klassifizierung

Beitragsart: Gebauter Beitrag
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: Kex
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 10.11.2020
Folgender Teil steht als Podcast nicht zur Verfügung
 
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Leipzig am 7.11.2020
Querdenken und dessen kontroversen Allianzen

Eine Vorahnung was blüht
Am Vorabend zum 7.11. postete die rechtsradikale Bürgerinitiative „Pro Chemnitz“ über Social-Media-Kanäle: „Sieg!“. Damit gemeint war der Beschluss des Leipziger Verwaltungsgerichtes, die Anreise mit Reisebussen zur Querdenken-Großveranstaltung zu genehmigen. Diese Info wurde in so gut wie allen Telegram-Gruppen von Querdenken geteilt und deutete darauf hin, dass mit rechtsextremer Beteiligung und der Akzeptanz Rechter auf der kommenden Versammlung zu rechnen sei. Die Befürchtungen, dass sich Szenen, wie bei den Ausschreitungen 2018 in Chemnitz wiederholen würden, sollten sich schließlich auch bewahrheiten. Doch erstmal von vorne.

Das Scheitern des querdenker-nationalistischen Autokorsos
Der Querdenken-Aktionstag sollte irgendwann zwischen 09:30 und 10:30 mit einem Autokorso ab dem Alten Messegelände quer durch Leipzig starten. So fanden sich am Startpunkt ca. 40 Fahrzeuge und etwa 100 Personen ein, unter ihnen ein als Superman verkleideter Querdenken-Szenestar. An den Autos, Wohnmobilen, Fahrrädern und einem Traktor waren vorwiegend Regenbogen- und Deutschlandfahnen angebracht. Aber auch das vom Compact-Magazin verteilte „Q“-Fähnchen (in Anlehnung an den rechtsextremen und antisemitischen Q-Anon-Verschwörungsmythos), sowie eine Fahne der Landvolkbewegung (ideologisch der NSDAP nahestehende Bewegung, die lediglich in politisch-strategischer Konkurrenz zu dieser stand), waren zu sehen.
Die Stimmung unter den Demonstrant*innen war zunächst ausgelassen. Aus mehreren Boxen klang coronarelativierender Schlager und völkisches Liedgut (u.a. von der Band Frei.Wild) und Leute skandierten „Liebe“ und „Freiheit“ als inflationär verbrauchte Slogans der „Querdenken“-Szene. Doch die nationalistische Aufbruchstimmung wurde schon am Startpunkt gestört. Ca. 50 Gegendemonstrierende hatten die Straße blockiert. So war kein Losfahren des Konvois möglich. Nach einer ganzen Weile der Verhandlungen ließ die Polize (hauptsächlich Kräfte aus Bayern) verlauten, dass auf die Versammlungsbehörde gewartet werde, die über das weitere Verfahren mit der Straßenblockade und Autokorso entscheiden solle. Währenddessen wurde eine zweite Straßenblockade an einem weiteren Punkt der geplanten Strecke bekannt. Als schließlich verkündet wurde, dass der Konvoi umdrehen solle, da dieser um die Blockade herumgeführt werde, löste sich die zweite Blockade selbstständig auf. Nachdem inzwischen zwei Stunden vergangen waren verließen vereinzelte Fahrzeuge die Warteschlange und fuhren davon. Auch die Durchhalteparolen des „Supermans“ schienen nicht zu wirken. Auf seinen Aufruf die Musik in den Fahrzeugen aufzudrehen und zu tanzen reagierte niemand. Die anfangs euphorische Aufbruchsstimmung wandelte sich in Ungeduld. Zwar brach für einen Moment Jubel aus, als sich die Straßenblockade am Startpunkt ebenfalls selbstständig auflöste, aber der Start verzögerte sich weiterhin um etwa eine halbe Stunde. Die Blockade wurde von den Aktivist*innen somit zurecht als Erfolg gewertet. Der Autokorso fuhr letztlich zwar die geplante Strecke ab, aber mit erheblicher Verspätung und mangelnder Außenwirkung.

Eine Massenveranstaltung mit brauner Färbung
In die Leipziger Innenstadt strömten derweil mehrere zehntausend Querdenker*innen, bestehend aus einer heterogenen Masse aus „Besorgten Bürgern“, Esos, Hippies und Rechtsextremen . Sie alle wollten unter Missachtung jeglicher Auflagen, maskenlos und eng an eng gedrängt, gegen die Corona-Schutzmaßnahmen demonstrieren. Die Versammlung mit bis zu 16000 angemeldeten Menschen auf dem Augustusplatz wurde am morgen früh durch eine kontroverse Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Bautzen genehmigt. Der innerstädtische Platz mit der Zentralkundgebung platzte schnell aus allen Nähten und es änderte nichts an dieser Tatsache, dass durch die Versammlungsbehörde das Versammlungsgelände um angrenzende Flächen erweitert wurde.
So distanzlos, wie untereinander, so wenig störte man sich an den gut tausend angereisten Rechtsextremen. Die braune Melange bestand aus NPD-Kadern, sowie derer Jugendorganisation JN, Die Rechte (Sven Skoda und Michael Brück), Reichsbürgern, Kameradschaften und Hooligans, unter ihnen kampferprobte MMA-Kämpfer mit angeblichen Beziehungen zum faschistischen Asow-Regiment in der Ukraine. Auch die AfD war erneut Teil des Protestes. Sie hielt sich zwar „bedeckt“, war aber an den Schildern zu erkennen, die in Berlin bereits gehalten wurden und die unliebsame Prominente in Häftlingskleidung zeigen.
Schon im Vorfeld mobilisierten dutzende Organisationen von rechtsaußen bundesweit nach Leipzig. So war die Braunfärbung der Veranstaltung zwar ein erschreckender, aber kein überraschender Anblick.
Auf der Kundgebung des Bündnisses „Mitteldeutschland steht auf“ im Schillerpark, die sich hauptsächlich an Reichsbürge*innen und Esoteriker*innen richtete, stellten Nazihools die Ordner. Neben schwarz-weiß-roten Fahnen und Fahnen unterschiedlicher (Bundes-)Länder waren auch hier Regenbogenfahnen zu sehen. Skurrile Szenen spielten sich ab als Herzchenschild-tragende Hippies neben militanten Stiernackennazis entweder den hetzerischen Reden lauschten oder Gegendemonstrierende bepöbelten, in manchen Situationen sogar angriffen.
Mehrmals kam es dabei zu Auseinandersetzungen, u.a. an der Moritzbastei. Übergriffe auf Pressevertreter*innen und vermeintliche Linke durch Neonazis machten derweil über Twitter die Runde.

Antifaschistische Aktivitäten zur Verteidigung der Demokratie
Das braune Treiben sollte aber nicht unbeantwortet bleiben. So waren zwei Gegendemonstrationen angemeldet: Das Bündnis Leipzig-nimmt-Platz mobilisierte eigentlich auf den Augustusplatz, wurde von der Versammlungsbehörde dann aber in den angrenzenden Grimmaischen Steinweg verlegt. Die Prisma, die Leipziger Ortsgruppe der Interventionalistischen Linken [Il], mobilisierte um 13:00 Uhr auf den Wilhelm-Leuschner-Platz, der in unmittelbarer Nähe zur Reichsbürgerkundgebung im Schillerpark liegt. Rund 1000 Linke beteiligten sich an den Gegenprotesten, in Form von Kundgebungen, Blockaden (den eingangs erwähnten Blockaden des nationalistischen Autokorsos, sowie an der späteren Blockade des Rings auf dem Roßplatz) sowie Kleingruppen- und Störaktionen im gesamten Innenstadtgebiet.
In Reden wurden u.a. betont, dass die Bewältigung der Corona-Krise eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei, der es mit Solidarität zu begegnen gelte. Die antisemitischen Verschwörungsmythen, die von Querdenken-Bühnen verbreitet werden, wurden genauso kritisiert, wie die Nazibeteiligung und Duldung dieser bei den Protesten. Dass eine antifaschistische Intervention bei Querdenken notwendig erscheint, beweisen auch die erneuten Holocaustrelativierungen ihrer Anhänger*innen.

Eskalation mit Ansage – temporärer Ausnahmezustand in der Leipziger Innenstadt
Die überfüllte Querdenken-Hauptkundgebung, inkl. Nazi-Hools, JN- und mutmaßlich AfD-Kader, sowie Trumpfans und anderen Rechtspopulist*innen erreichte gegen 15:00 Uhr mit Polizeiangaben zu Folge 20 000 Menschen ihren Höhepunkt. Da sich die Demonstrierenden schon seit Beginn weitgehend nicht an die Auflagen hielten, wurde die Versammlung nach 15:35, also erst nach mehr als 2 Stunden, von der Versammlungsbehörde für beendet erklärt. Die Polizei forderte die Demonstrant*innen in mehreren Durchsagen auf, den Platz zu verlassen. Als Reaktion erntet sie Pfiffe und Gejohle, niemand war gewillt die Veranstaltung zu verlassen. Die Veranstaltenden verabschiedeten sich unterdessen von der Bühne und gaben die Verantwortung für die Folgen des Veranstaltungsabbruchs ab.
Ein Demonstrationszug über den Ring, in Anlehnung an die Wende-Demonstrationen 1989
, wurde von der Versammlungsbehörde zwar im Vorfeld verboten, dennoch setzte sich ein Zug mit tausenden Rechten in Richtung Hbf in Bewegung. An dessen Spitze der verurteilter Holocaustleugner Nikolai Nerling, alias "Volkslehrer". Zunächst lief der Demonstrationszug zwischen den Polizeiabsperrungen, den Ringabschnitt, zwischen Augustusplatz und Wintergarten-Hochhaus im Kreis.
In der Nähe des Wintergarten-Hauses sammelten sich jedoch zunehmend mehr Menschen, hauptsächlich rechte Hooligans und andere Rechtsradikale und begannen mit Angriffen auf die Polizei-Einsatzkräfte. Sie warfen mit Pyrotechnik, Flaschen und anderen Gegenstände. Die Polizei antwortete mit Pfefferspray, gab aber schließlich nach und die Polizeikette wurde vom Querdenken-Mob überrannt. Eine unübersichtliche Lage entstand. Die „Frieden, Freiheit, Demokratie“-Rufe täuschten nicht über die aggressive Stimmung hinweg. Und so spricht auch die Deutsche Journalist*innenunion von ver.di von 32 Angriffen auf Journalist*innen. Wie viele Angriffe es auf Gegendemonstrant*innen gab, ist nicht bekannt.

#Polizeiproblem
Während der rechte Mob eskalierte und die Innenstadt zu einer Art „temporär nationalbefreiter Zone" verwandelte, kesselte die Polizei die friedliche Blockade von Antifaschist*innen am Roßplatz, unter dem Vorwand gegen die Infektionsschutzvorgaben verstoßen zu haben. Die Gegendemonstrant*innen wollten mit der Blockade verhindern, dass der Querfrontprotest um den ganzen Ring laufen kann und er somit sein Hauptziel erreichen würde, die selbe Route zu laufen, wie die Wende-Demo 1989.
In der Nähe zu der Blockade war von der Polizei unglaublich viel Gerätschaften geparkt, u.a. ein Wasserwerfer und ein technischer Einsatzwagen. Es drängte sich die Frage auf, warum diese Technik nicht eingesetzt wurden, um die marodierende Masse am Hbf in Schach zu halten. Zum Vergleich: Vier brennende Kleinstbarrikaden in Connewitz, wurde im späteren Verlauf des Abends nahezu in Windeseile von zwei anrückenden Wasserwerfern gelöscht. Ein Großaufgebot der Polizei lieferte sich Auseinandersetzungen mit Antifaschist*innen. Mehrere Personen wurden vorläufig festgenommen.
Aus der Innenstadt zog sich die Polizei jedoch so gut wie komplett zurück und kapitulierte gänzlich vor dem rechten Mob. Dieser zog das Deutschlandlied singend, Pegida/Legida-Parolen rufend („Merkel muss weg“, „Wir sind das Volk“, „Widerstand“) und johlend durch die City. Mit einer Corona-Polonaise feierten Querdenker*innen ihren Erfolg, den Sieg ihres Egos über die Vernunft. Die meisten Pressevertreter*innen hatten unterdessen bereits ihre Berichterstattung beendet, weil die Lage als zu gefährlich erschien. In mehreren Situationen hatte die Polizei bewiesen, dass sie weder gewillt noch fähig war die Pressefreiheit, wie auch die gesundheitliche Unversehrtheit von Journalist*innen zu gewährleisten. Die DJU berichtete im Nachgang auch von Attacken und Schikanen von Polizeikräften auf Pressevertreter*innen.
Weiterhin spielten sich absurde Szenen ab: Zum Beispiel konnte beobachtet werden, wie Thor-Steinar tragende "Gesichtstattoo-Nazis" mit Kerzen tragendenden "Schwurbeltantchen" „Frieden, Freiheit, keine Diktatur“ riefen und Gegendemonstrierende anbrüllten, die "wahren Faschisten" zu sein.

Antifa als Vertreidiger*in der Demokratie
Neben dem Problem mit dem erhöhten Infektionsrisiko und dem Problem die einschränkenden Infektionsschutzmaßnahmen gegenüber Gastronom*innen, Kulturschaffenden usw. zu legitimieren, eröffnete die gegenwärtige Situation ein größeres Problem: Der politische Unwille bei rechten Aufmärschen einzugreifen und die permanente Appeasment-Politik bei Querdenken-Veranstaltungen stärken das Selbstbewusstsein der rechten Szene. Eine Radikalisierung der verschwörungsideologischen "Covidioten" ist in den vielen Telegram-Chatgruppen zu beobachten. Es werden Ideologien verbreitet, die in der Vergangenheit so manchen rechtsterroristischen Attentäter hervorbrachten. Wenn der immanente Antisemitismus von Querdenken eine Symbiose mit Völkermordsphantasien von Rechtsextremisten eingeht, kann es schnell lebensgefährlich werden. Es wäre nicht das erste Mal, dass sich aus solchen Gegebenheiten Pogrome entwickeln. Es ist daher von Glück zu reden, dass letzten Samstag niemand schwerwiegend verletzt wurde. Es ist bei der Angelegenheit schwer nicht darüber zu spekulieren, wann der nächste Mensch zu Tode geprügelt wird, oder erneut ein vermeintlicher Einzeltäter ein weiteres Massaker anrichtet.

Antifaschist*innen befinden sich unterdessen weiterhin in der Defensive. Sie müssen erledigen wozu der Staat, bzw. politisch Verantwortliche anscheinend nicht gewillt sind, die Demokratie zu verteidigen. Dies geschieht nicht aus ideologischer Überzeugung, die parlamentarische Demokratie sei mit dem Kapitalismus das idealste System, sondern um Schlimmeres zu verhindern. Es gibt einige Dinge, die an der Krisenpolitik in Bezug auf Corona kritisierenswert sind. Beispielsweise, dass Großkonzerne gerettet werden, während das kaputtgesparte Gesundheitswesen nur durch den Ethos der Arbeiter*innen vor dem Kollaps bewahrt wird und diese bis dato auf angemessene Entlohnung warten müssen. Oder dass die Einschränkungen für Gastronom*innen und in der Kultur, aber auch im Privaten, die als Farce erscheinen, wenn man bedenkt, dass es für Arbeitgebende in der Produktion kaum Eingriffe gibt. Arbeitnehmende gehen auf Arbeitswegen und während der Arbeitszeit schließlich ebenfalls ein hohes Infektionsrisiko ein. All das muss kritisiert werden und sich ändern. Ein Rückschritt in monarchistische Gefilde, wie es sich die Reichsbürger wünschen oder ein faschistisch-autoritäres Regime, was sich viele der Demonstrant*innen eigentlich wünschen, wenn sie die AfD als „einzige wählbare Partei“ loben, sind keine Optionen. Diesen Menschenfeinden darf weiterhin kein Raum mehr gegeben werden.

Fazit: Querdenken mobilisiert zu größten antidemokratischen Veranstaltungen seit Pegida 2015
Der 7.11. wird von Querdenken als Erfolg gewertet - zurecht. Da sind die bewusst gestreuten Lügen der Propagandamaschine nebensächlich. Die besagen, der Protest wäre friedlich gewesen und sei außerdem den kompletten Ring gelaufen, die selbe Route also, wie die Demonstration 1989. Als sich Michael Ballweg in Konstanz „vom Distanzieren distanzierte“ ermöglichte er den öffentlichen Wiederanschluss Rechter und Rechtsradikaler an den Protest. Querdenken und Rechtsradikale gingen in Leipzig schließlich eine bewusste Allianz ein. Für Faschisten und andere Rechte ermöglichte es aufwandsfrei einen erfolgreichen und weitgehend ungestörten Aufmarsch durchzuführen. In ähnlicher Art und Weise, wie der Aufmarsch von „Wir für Deutschland“ am 3.10.2019 in Berlin, nur eben ohne Organisierungsaufwand und zudem mit der Möglichkeit in bürgerliche Lager Anschluss zu finden. Erlebnisorientierte Nazi-Hools konnten sich im Straßenkampf mit der überforderten Staatsgewalt messen und Jagd auf Andersdenkende machen. Für Querdenken hatte diese Allianz den Vorteil, dass sie die Demonstration zu einem historischen Ereignis inszenieren und eine Nähe zur Anti-DDR-Bewegung der späten 80er Jahre suggerieren konnte. Querdenken war Nutznießer des faschistischen Schlägertrupps, der den Weg für die Demonstration freiprügelte und gegen politische Feinde wie auch die unliebsame vermeintliche „System-" bzw. "Lügenpresse“ vorging.
Die Polizei mit ihrem strategischen Fehlverhalten, das OVG Bautzen mit der grob fahrlässigen Entscheidung ein potentielles Superspreaderevent zu gestatten und die Leipziger Versammlungsbehörde mit dem zögerlichen Auflösen der Versammlung, ermöglichten am 7.11.2020 das größte demokratiefeindliche Spektakel seit Pegida am 19.10.2015. In der Aggressivität übertraf es die Großveranstaltung am 29.08.2020 in Berlin deutlich. Manche Medien arbeiten den Rechten jedoch genauso zu, indem sie den unfriedlichen Charakter der Querdenken-Versammlung leugnen und den Fokus stattdessen auf brennende Gegenstände in Connewitz setzen. Zu der selben Fehleinschätzung kommen der Leipziger Polizeipräsident und der sächsische Innenminister.
Abschließend sind die erfolgreiche Blockade des nationalistischen Autokorsos und dass ein angekündigter faschistischer Angriff auf Connewitz verunmöglicht wurde, als positiv zu bewerten. Die gute Organisierung der Gegenproteste und der antifaschistischen Mobilmachung ebenfalls. In Leipzig kann man sich auf Antifaschist*innen verlassen, wenn der braune Mob tobt.

Kommentare
16.11.2020 / 13:25 Ingolf,
gesendet
gesendet bei OSMOSE am 14.11.
 
16.11.2020 / 13:31 Ingolf,
Hörer-Freedback
Uns erreichte nach der Übernahme eures Beitrags folgende mail: Ich dachte ich habe einen Radiosender außerhalb des Mainstreams gefunden,und muss dann einen solchen Gastbeitrag hören, der genau das macht was die übrige Medienlandschaft tut: Auf kämpferische, sendungsbewusste Art und Weise den Coronakritischen Protest diffamieren. Die Tatsache, dass rechte Gruppen diese Plattform auch für sich missbrauchten wird als Hauptthema aufgebauscht Die offiziellen Anliegen der Querdenker werden, wenn überhaupt so mit der Überheblichkeit der regierungsfreundlichen Medien zerrissen Die unrechtmäßige Störung der Demonstration durch Antifa-Anhänger wird verharmlost oder sogar unterstützt Es werden die unsäglichen Beschimpfungen wiederholt Covidioten Querdenken-Mob Sieg des Egos über die Vernunft ... Da hätte ich auch beim Bayerischen Rundfunk bleiben können...