Vogel der Woche (361): Der Trauerschäpper

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Letzte Ruhebettung mit Slapstick-Einlagen, oder: warum Vögel nicht wollen, dass der Trauerschäpper auf Nestbauschäpper umschult.

(Sorry für Aussetzer, musste die ganze letzte Woche helfen beim Aufbau Digitalstudio)

more birds: www.vogel-der-woche.de
Audio
02:43 min, 3826 kB, mp3
mp3, 192 kbit/s, Stereo (48000 kHz)
Upload vom 30.10.2023 / 11:37

Dateizugriffe: 567

Klassifizierung

tipo: Hörspiel
idioma: deutsch
áreas de redacción:
serie: Vogel der Woche
Entstehung

autoras o autores: hikE
Radio: RUM-90,1, Marburg im www
fecha de producción: 30.10.2023
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Heute: Der Trauerschäpper. Ficechaos funeraria

Der Trauerschäpper ist von Beruf Bestatter – ein schwarzer Vogel mit dem Auftrag, die letzte Ruhebettung anderer Vögel zu begleiten.

Allerdings hat er wahrlich kein Talent dazu, eine Begräbniszeremonie würdig verlaufen zu lassen.

Eben noch ruhig und getragen wie ein Stützpfeiler der Trauergemeinde, gerät er bei seiner erstbesten Bewegung gegen den Kranz, die Vase mit den Lilien oder die Kerzen, und jeder seiner Versuche, die durch Gravitation entstehende Eigendynamik der Gegenstände zu bremsen oder wenigstens zu verlangsamen, verschlimmbessert das Ereignis – bis zur vollständigen Eskalation und Darniederlage der feierlichen Aufbahrung. Daran ändern auch keine Steinklötze als Tische, oder das gewissenhafte Festdübeln von Vase, Kerze, Kranz etc. irgendwas.

Auch als Sargträger ist er epochal schlecht; er wird mit der Mittelzehe genau im Regenwurmloch steckenbleiben; sein Tragegriff am Erdmöbel wird plötzlich abfallen; die Waschbetonfliese auf seiner Wegseite wird den zum Stolpervorgange unabdingbaren einen Zentimeter hochstehen. (Der Zu-Fall bringt den Trauerschäpper zu ebendem: zu Fall.)

Selbst das symbolische Schippen von kleinen Portionen Erde auf das letzte Zuhause des Verblichenen wird ihm nicht gelingen: flutsch, rutscht er entweder mit einem Bein von der Kante ab und legt sich selbst lang in die Grube; oder in seiner Erd-Portion steckt eine korrodierte Weltkriegs-Handgranate, die den Moment des Aufpralls auf dem Sargdeckel zur Detonation wählt; oder die Schüppe bricht ab, oder ähnliches.

Der Trauerschäpper ist also einer der traurigsten Vögel der Welt, weil ihm nicht einmal das Trauern vernünftig gelingt. Da nützt ihm auch sein tiefschwarzes Gefieder nichts. Einziger Trost: er ist nicht allein.

Wenn der Trauerschäpper mal wieder vollkommen vergeigt hat, geht er in die Schäpper-Selbsthilfegruppe und trifft sich da mit Bruchwasserläufer, Kniebrech und Sprechfehlerfasan zur gegenseitigen Wiederaufbauung und zum Rommé.

Warum der Trauerschäpper seinen so unpassend erscheinenden Beruf nicht aufgibt, ist schnell erzählt: sein Laden brummt, weil sich in der ganzen Vogelwelt unter dem Fittich herumgesprochen hat, dass eine Bestattung mit dem Trauerschäpper niemals in Langeweile ausartet. Außerdem wollen die Vögel dringend verhindern, dass der Trauerschäpper beispielsweise auf Nestbauschäpper umschult – denn allzufrüh sterben wollen sie halt auch nicht!

Guten Morgen.