Focus europa Thema 17 vom 23.5.06

ID 12711
 
Thema EU-Einsatz im Kongo:
- Interview mit Anne Jung von medico international über Sinn und Unsinn des Kongo-Einsatzes
- Geschichte: Europa im Kongo Teil (bis 1908)
-Interview mit Tobias Pflüger über die dubiose Finanzierung von EU- Auslandseinsätzen
Audio
29:44 min, 27 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 23.05.2006 / 19:27

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Klassifizierung

Beitragsart: Magazin
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Internationales, Politik/Info
Serie: Focus Europa Thema
Entstehung

AutorInnen: Hardy, Bene, Niels
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 23.05.2006
keine Linzenz
Skript
Krieg um Rohstoffe?
Die aktuelle Debatte um den EU-Militäreinsatz im Kongo offenbart eine relativ neue Form der Rechtfertigung. Zwar werden humanitäre Gründe nach wie vor ins Feld geführt, es scheint jedoch, als seien derartige Formen der Legitimation bald gar nicht mehr notwendig.
Denn zunehmend wird versucht, rein wirtschaftliche Interessen als ausreichenden Grund für Kriegseinsätze darzustellen:
So strebt der deutsche Verteidigungsminister Franz-Josef Jung eine Grundgesetzänderung an, um sicherzugehen, dass die Aufrechterhaltung des freien Welthandels und der ungehinderte Zugang zu Rohstoffen als vitales Interesse Deutschlands einen Auslandseinsatz rechtfertigen. Dies soll nun in einem sogenanten Weißbuch festgeschrieben werden.
In erster Linie wird diese Argumentation im Zusammenhang mit Energieressourcen gebraucht, die nun im Kongo nicht in bedeutenden Mengen vorhanden sind.
Grundsätzlich scheint jedoch ein Rohstoffkrieg zunehmend als akzeptabel zu gelten;
Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul von der SPD meint beispielsweise, der Rohstoffkrieg finde ohnehin statt. Das Geld werde aber für die Armutsbekämpfung und den wirtschaftlichen Aufbau gebraucht.
Der CDU-Politiker Andreas Schockenhoff sieht es im Interesse der EU und Deutschlands, dass die Rohstoffe – so wörtlich – „legal und nach marktwirtschaftlichen Interessen“ ausgebeutet werden, denn so habe die kongolesische Bevölkerung eine Chance, von den Ressourcen zu profitieren. Dass die Orientierung an marktwirtschaftlichen Interessen der Bevölkerung eines sogenannten Entwicklungslandes die Chance gibt, zu profitieren, ist dabei die überraschende neue Erkenntnis.
Auch in der EU wird diese Sichtweise - zumindest ansatzweise - geteilt. So heißt es in einem European Defense Paper von 2004: „Künftige regionale Kriege könnten die europäischen Interessen tangieren (...) indem europäische Sicherheit und Wohlstand direkt bedroht werden. Beispielweise durch die Unterbrechung der Ölversorgung und/oder eine massiven Erhöhung der Energiekosten [oder] der Störung der Handels- und Warenströme.“

Im Moment besteht fraglos ein besonderes Interesse am Kupfer im Kongo, denn der Weltmarktpreis ist seit Jahresbeginn um ca. 80% gestiegen, hat sich seit 2002 gar verfünfacht.
Die Industrieländer streiten schon jetzt um Schürfkonzessionen in den östlichen Krisengebieten des Kongo.
Die Internet-Zeitung German Foreign Policy kommentiert diese Auseinandersetzung folgendermaßen:
„Die Intervention der EU-Truppen stellt den Versuch dar, die politischen Voraussetzungen für eine langfristige Ausbeutung der kongolesischen Reichtümer militärisch abzusichern und zu einer möglichst einvernehmlichen Aufteilung der jeweiligen Einflussgebiete ("Schutzzonen") zwischen den westlichen Industriestaaten zu kommen. Damit wird das staatliche Schicksal des Kongo, dessen Zerrüttung mit der europäischen Kolonisierung begann, auf höherer Stufe fortgeschrieben.“

Die Frage, ob allein das Interesse an den Rohstoffen des Kongo die EU in die Region treibt, lässt sich jedoch nicht eindeutig bejahen. Zu vielschichtig sind die europäischen Interessen.

Über Sinn und Unsinn des Kongoeinsatzes sprachen wir mit Anne Jung von Medico international.