Trinkwasser in Deutschland

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Ein Bericht darüber, wie wir zu unserem Trinkwasser kommen.
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Upload vom 28.03.2010 / 13:15

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Klassifizierung

Beitragsart: Nachricht
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Umwelt
Entstehung

AutorInnen: Beate Becker (Greenpeace München)
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 25.03.2010
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Trinkwasser – der Stoff, ohne den Leben nicht denkbar ist und doch der Stoff über den wir uns kaum Gedanken machen, weil er für uns stets verfügbar ist.

Der menschliche Körper, zum überwiegenden Teil aus Wasser bestehend, ist abhängig von der regelmäßigen Zufuhr von Trinkwasser. Nur so kann der Organismus die vielfältigen chemischen Prozesse vollziehen und die täglich anfallenden Stoffwechselprodukte transportieren und ausscheiden. Nahezu alle Prozesse in lebenden Organismen finden mit Hilfe von Wasser oder in wässriger Umgebung statt. Wasser ist untrennbar mit dem Leben verbunden. Darüber hinaus ist es kulturell gesehen auch seit jeher Symbol für Reinheit und Klarheit. Der Schutz und die Bereitstellung sauberen Wassers in Form von Trinkwasser ist essentiell. Man kann sogar weiter gehen: Es ist ein Menschenrecht.

In Deutschland sind wir in der glücklichen Lage, Wasser in jeder Menge zur Verfügung zu haben. Die Bedingungen dazu sind hervorragend: ausreichende Niederschlagshäufigkeit gepaart mit der Nähe zu sauberen Flüssen und Seen. Und zusätzlich dem wichtigsten Süßwasserspeicher überhaupt, nämlich unseren Gletschern. Allerdings haben die vielen heißen Sommer der letzten Jahre zumindest für Ostdeutschland die Befürchtung genährt, dass es knapp werden könnte mit dem Wasser.

Woher genau kommt nun unser Wasser? Wir unterscheiden vier Methoden der Gewinnung, bei denen das Wasser entweder bei Entnahme schon Trinkwasser ist, oder noch aufbereitet werden muss:
Der Löwenanteil unseres Trinkwassers wird über Brunnen als Grundwasser gewonnen. In Bayern ist dies fast zu 100% der Fall. Zweitens - und in sehr viel geringerem Maße - gewinnt man es aus Grundwasser, das über Quellen zu Tage tritt.
Die dritte Gewinnungsart sind die so genannten Uferfiltrate: Das Wasser kommt aus Brunnen in der Nähe von Flüssen oder Seen. Durch die Erdpassage erfolgt hier schon eine teilweise natürliche Reinigung und Filterung des Wassers.
Und viertens gewinnt man es direkt aus Oberflächenwasser, also aus Flüssen und Seen. Bestes Beispiel ist die Bodenseeregion: Weite Teile Baden-Württembergs erhalten ihr Wasser aus den Tiefen des Bodensees.

Schauen wir uns das Grundwasser genauer an. Es entsteht durch Wasser, das von der Oberfläche durch das Erdreich gesickert ist und auf diesem Wege durch chemische, biologische und physikalische Prozesse gereinigt wurde. Diese natürliche Art der Filterung funktioniert seit Urzeiten. Oder muss man sagen: funktionierte? Denn heute finden sich Schadstoffe nicht mehr nur in Oberflächengewässern sondern eben auch hier, wo das Wasser am reinsten sein sollte. Das zeigt, dass die natürliche Filteranlage „Erde“ längst nicht mehr alles kompensieren kann, in diesem Fall wegen zu vieler Schadstoffeinträge aus verschiedensten Quellen. Allen voran ist hier die konventionelle, bzw. industrialisierte Landwirtschaft zu nennen mit ihrem enormen Einsatz an Herbiziden, Insektiziden, Fungiziden und Düngemitteln. Ein niedrigerer Grenzwert für Nitrat wäre dringend nötig. Pestizide dürfen laut Verordnung nicht im Trinkwasser sein, was aber nicht heißt, dass sie nicht im Grundwasser ankommen. Sind Brunnen zu sehr belastet, werden sie eben geschlossen. Noch gibt es anscheinend ausreichend Ausweichmöglichkeiten. Natürlich können Kläranlagen und Wasserwerke das Wasser von den Schadstoffen klären und aufbereiten – was harmlos klingt, aber den enormen Aufwand an Kosten und Energie verschleiert.

Weiteres Problemfeld ist der „saure Regen“: Er bindet die Schadstoffe aus der Luft und hinterlässt seine Spuren in Form von Aluminium inzwischen auch im Grundwasser. Zusätzlich verschiebt er den ph-Wert in den sauren Bereich. Dies wiederum hat zur Folge dass Metall-Legierungen von Rohrwasserleitungen angegriffen und in die Trinkwasserleitungen geschwemmt werden. Altlasten und unsachgemäß deponierter Müll dümpeln vielerorts vor sich hin und erreichen früher oder später ebenfalls das Grundwasser. Noch nicht so lange bekannt ist, dass auch Medikamente und Hormone im Wasserkreislauf landen. Während bei Putzmitteln stets von biologischer Abbaubarkeit die Rede ist, scheint dies bei Medikamenten keine Rolle zu spielen.

Es drängt sich die Frage auf, ob unser Gesetzgeber tätig werden müsste. Die Deutsche Trinkwasserverordnung. Ja, es gibt sie. Im Wesentlichen in Form von Grenzwerten für 33 Stoffe. Nicht gerade üppig angesichts der über 1000 Stoffe, die im Wasser gefunden werden können. Die WHO empfiehlt für immerhin 200 Stoffe eine Überprüfung und Regulierung aufgrund von potentiellen Gefahren für die menschliche Gesundheit. Hinzu kommt, dass die Verordnung Grenzwert-Ausnahmeregelungen für chemische Stoffe für einen Zeitraum von bis zu 3 Jahren zulässt!

Bei einer Studie der UNESCO aus dem Jahr 2003, bei der das Trinkwasser von 122 Ländern verglichen wurde, landete Deutschland lediglich auf Platz 57 und damit noch hinter Spanien und der Türkei. Eventuell waren die verwendeten Parameter der Studie nicht alle korrekt, zumindest bemängelt der Verband der Deutschen Wasserwirtschaft einige Unstimmigkeiten. Dennoch bleibt es bei der Tatsache dass die Höhe der Grenzwerte von Land zu Land sehr unterschiedlich ausfällt. Für Nitrat beispielsweise liegt der Grenzwert in Großbritannien mit 5 mg pro Liter 10x niedriger als in Deutschland.

Zurück zum Grundwasser. Wasser, das bei Regen auf das Erdreich trifft, sickert ein und erfährt dort eine natürliche Reinigung und Filterung in verschiedenen Schichten des Bodens. Am perfektesten gelingt dies im Wald. Ihm kommt bei der Entstehung von Grundwasser eine ganz zentrale Rolle zu: Seine freie, weitgehend unbelastete Sickerfläche fängt und speichert große Mengen an Regenwasser und filtriert und reinigt dieses höchst effektiv. Dass diese Aufgabe aber hauptsächlich der Mischwald mit hohem Laubwaldanteil erfüllt und nicht so sehr eine Nadelwald-Monokultur, hat der Umweltverein Trinkwasserwald e.V. erkannt und daraus eine eigene Methode zur Bereitstellung von mehr Grundwasser abgeleitet: der Verein veranstaltet in verschiedenen Regionen Deutschlands Pflanzaktionen, bei denen Nadelwaldmonokulturen mit Laubbäumen unterpflanzt werden. Man nennt es den sog. Laubholz-Voranbau. Dadurch entstehen so genannte Trinkwasserwälder. Der Name ergibt sich aus der Tatsache, dass die so umgewandelten Wälder 10 Jahre nach ihrem Umbau eine zusätzliche Menge Grundwasser von 800.000 Litern pro Hektar und Jahr produzieren – eine geniale Idee und ein Konzept, das von vielen anderen Umweltverbänden in ähnlicher Form praktiziert wird. Trinkwasserwald e.V. hat sich speziell den Aspekt der Verbindung Wald und Wasser herausgegriffen, und schafft dadurch konkret Jahr für Jahr neue Trinkwasserressourcen. Unternehmen, die viel Wasser verbrauchen, sind eingeladen, sich als Partner an den Projekten zu beteiligen. Alle Infos finden sich auf der Website: www.trinkwasserwald.de.

An dieser Stelle sei noch gesagt, dass der Schutz von Naturwäldern immer auch einen Schutz des Trinkwassers bedeutet. Es gibt eine Vielzahl von Umweltvereinen und Naturschutzverbänden, die sich für gesunde Wald-Ökosysteme engagieren. Ambitionierte Mitmacher und Unterstützer haben hier allenfalls die Qual der Wahl.

Zum Schluss noch ein paar Tipps zum Umgang mit Wasser.
Neben sparsamem Wasserverbrauch ist es genauso wichtig, Wasser möglichst wenig verschmutzt zurück in den natürlichen Kreislauf zu bringen.
Wir sollten daher:
- Reinigungsmitteln sparsam verwenden und auf die biologische Abbaubarkeit der Produkte achten. Insbesondere die aggressiven Reinigungsmittel sind Gift für’s Wasser
- Medikamentenreste nur über Apotheken entsorgen, sie gehören weder ins Klo noch in den Hausmüll
- Sondermüll wie Batterien, Farben, Lacke, chemische Reinigungsmittel und Altöl zur Sammelstelle bringen

WASSER IST ELEMENT DES LEBENS - wir sollten einfach öfters daran denken und seine vielfältigen Formen mit allen Sinnen wahr nehmen.