Entwicklungshilfe im neuen Gewand - die GIZ

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Ein Bericht über die neue Entwicklungshilfegesellschaft.
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Upload vom 31.01.2012 / 12:31

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Klassifizierung

tipo:
idioma: deutsch
áreas de redacción:
serie: Grünfunk (Greenpeace München)
Entstehung

autoras o autores: Isabella Kortz (Greenpeace München)
Radio: LoraMuc, München im www
fecha de producción: 27.01.2011
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Ein Leben in Freiheit und Sicherheit für alle Menschen, ohne Armut und ökologische Zerstörung – das ist das große Ziel von Entwicklungshilfe. Entwicklungshilfe kann viele Gesichter haben und sowohl auf bilateraler, europäischer als auch auf internationaler Ebene stattfinden:
Beispielsweise in Form von günstigen Krediten, durch Beratung der Regierung eines Partnerlandes, durch engagierte Projekte in Entwicklungsländern oder die Unterstützung internationaler Organisationen wie der Vereinten Nationen. Auch Deutschland schlägt verschiedene Wege der direkten Entwicklungszusammenarbeit mit seinen Partnerländern ein. Die Leitprinzipien der deutschen Entwicklungszusammenarbeit sind der Schutz der Menschenrechte und die Stärkung von Eigenverantwortung und Selbsthilfekräften in den Entwicklungsländern.
Besonders in den letzten Wochen und Monaten hat sich auf dem Sektor „Entwicklungshilfe“ gerade in Deutschland sehr viel bewegt.
Auf Beschluss des Deutschen Bundestages wird zukünftig die deutsche Entwicklungszusammenarbeit von einer aus drei Institutionen bestehenden Organisation getragen werden: der neu geformten „Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit“ - kurz: GIZ.

Die neue Organisation ist eine Zusammenlegung der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ), des Deutschen Entwicklungsdienstes (DED) sowie der Internationalen Weiterbildung und Entwicklung (InWent). Unter dem Dach des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sind in Zukunft nicht mehr diese drei, sondern nur noch eine Organisation, nämlich die GIZ, für die Ausführung des deutschen Entwicklungsbeitrages zuständig.
Ziel des Zusammenschlusses ist es, bürokratische Hindernisse und Kompetenzüberschneidungen abzubauen, Ressourcen zu bündeln und so deutsche Beiträge zur globalen Entwicklungshilfe schlagkräftiger und effizienter zu machen. Dazu gehört allerdings auch, dass die politische Steuerungsfähigkeit des Bundesministeriums gesteigert wird und es die Arbeit der neuen Organisation lenkt.
Die Fusion der drei bisherigen Ausführungsorgane, die bislang unabhängig für die Durchführung von Entwicklungshilfemaßnahmen vor Ort sorgten, soll vor allem im Ausland für einheitliche Richtlinien und klar definierte Kompetenzen sorgen. Denn in der Vergangenheit mussten ausländische Partner bei Verhandlungen über eine mögliche Zusammenarbeit stets mit drei verschiedenen Institutionen verhandeln. Durch die Verschmelzung wird Deutschland nun endlich zu einer einheitlich-sprechenden Stimme, was hoffentlich auch die generelle Wahrnehmung deutscher Beiträge im Ausland erhöhen wird.
Seit dem 1. Januar 2011 hat die GIZ ihre Arbeit aufgenommen und bündelt nun also das gesamte und umfassende deutsche Know-how für nachhaltige Entwicklung unter einem Dach. Das neue Unternehmen kann seine langjährigen Erfahrungen mit Allianzen in den Partnerländern sowie in Deutschland für zukünftige internationale Kooperationen im wirtschaftlichen, wissenschaftlichen, kulturellen und vor allem auch im zivilgesellschaftlichen Bereich nutzen.

Als Bundesunternehmen unterstützt die GIZ die Bundesregierung bei der Erreichung ihrer Ziele in der internationalen Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklung und in der internationalen Bildungsarbeit. Das Unternehmen ist in unterschiedlichen Arbeitsfeldern aktiv. Die Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Friedensförderung gehört ebenso zu den Aufgaben der GIZ wie die zivile Konfliktbearbeitung, der Wiederaufbau z.B. nach Kriegen oder Naturkatastrophen, der Aufbau von Demokratie, die Sicherung von Ernährung, Gesundheit und Grundbildung bis hin zu Umwelt-, Ressourcen- und Klimaschutz. In akuten Notsituationen führt die GIZ Nothilfe- und Flüchtlingsprogramme durch und entsendet Fachkräfte als Entwicklungshelfer in die Partnerländer. Als Leitprinzip gilt, dass die Entwicklungshilfepartner ihre langfristigen Entwicklungsziele selbständig erreichen.
Bei ihrer Arbeit berücksichtigt die GIZ politische, wirtschaftliche, soziale und ökologische Aspekte und unterstützt die Partnerländer in gesellschaftlichen Prozessen - auf lokaler, regionaler, nationaler und internationaler Ebene. Die Organisation berät ihre Auftraggeber und Partner in strategischen und konzeptionellen Fragen, vermittelt integrierte und rückkehrende Fachkräfte und fördert die Netzwerkbildung und den Dialog von Akteuren der Internationalen Zusammenarbeit.
Die GIZ hat diverse Auftraggeber. Der wichtigste von Ihnen ist das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Darüber hinaus ist die GIZ für weitere Institutionen tätig – z.B. für das Auswärtige Amt, das Bundesumweltministerium und das Bundesministerium für Bildung und Forschung, aber auch für Bundesländer und Kommunen sowie für öffentliche und private Auftraggeber im In- und Ausland. Zu letzteren gehören etwa die Regierungen anderer Länder, die Europäische Kommission, die Vereinten Nationen und die Weltbank. Die GIZ kooperiert intensiv mit der deutschen Privatwirtschaft und leistet damit einen entscheidenden Beitrag im Zusammenspiel von Entwicklungs- und außenwirtschaftlichen Aktivitäten.
Im Rahmen dieser Zusammenarbeit übernimmt die GIZ beispielsweise weltweit und länderübergreifend die Transportkosten für Sachspenden in die Partnerländer. Im Auftrag des BMZ übernimmt die GIZ die Bearbeitung eingereichter Anträge. Damit soll vorrangig das entwicklungspolitische Engagement von Gruppen in Deutschland unterstützt und gefördert werden, die Transporte von Sachspenden in Entwicklungsländer planen, diese aber nicht selbst bezahlen können. Unter entwicklungspolitischen Gesichtspunkten förderungswürdig ist der Transport von Sachspenden, die beispielsweise dazu beitragen,
• zusätzliches Einkommen zu schaffen,
• die schulische Bildung im Hinblick auf den Arbeitsmarkt zu verbessern,
• die Qualität der handwerklichen und praxisorientierten Berufsausbildung zu verbessern,
• die Produktivität kleiner handwerklicher und landwirtschaftlicher Betriebe zu steigern,
• oder die Versorgungsmöglichkeiten von Gesundheitseinrichtungen dauerhaft zu verbessern.
Die GIZ ist weltweit in mehr als 130 Ländern Afrikas, Asiens, Lateinamerikas, in den Transformationsländern Osteuropas und den Neuen Unabhängigen Staaten aktiv und betreibt in fast 70 Ländern eigene Büros. Mit ihrer Arbeit unterstützt sie Menschen und Gesellschaften, eigene Perspektiven zu entwickeln und ihre Lebensbedingungen zu verbessern. In Deutschland ist das neue Unternehmen in nahezu allen Bundesländern präsent. Die Gesellschaft hat ihren Sitz in Bonn und Eschborn. Weltweit beschäftigt die GIZ etwa 17.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – über 60 Prozent von ihnen sind einheimische Kräfte. Hinzu kommen rund 1.135 Entwicklungshelferinnen und -helfer, 750 integrierte und 324 rückkehrende Fachkräfte, 700 einheimische Fachkräfte in Partnerorganisationen sowie 850 internationale Freiwillige. Laut aktueller Schätzungen liegt der Umsatz der GIZ bei rund 1,9 Milliarden Euro.
Unter all diesen Fakten darf aber auch eine leise Kritik nicht fehlen. Ein dauerhaft inakzeptabler Wermutstropfen ist, dass der neu gewählte Vorstand der seit Januar tätigen neuen Organisation GIZ aus sieben Männern und keiner einzigen Frau besteht. Diese rein männliche neue Geschäftsführung widerspricht nicht nur dem Gleichberechtigungsgrundsatz bei der Besetzung von Führungspositionen, sondern sorgt auch für einen bitteren Beigeschmack angesichts einer entwicklungspolitisch so entscheidenden Entwicklung in die richtige Richtung. Und ein weiterer Wermutstropfen darf nicht verschwiegen werden: Fünf der bisherigen Geschäftsführer behalten ihre Posten – ob da nicht ein teilweiser Neuanfang mit einer verkleinerten Führungsriege besser gewesen wäre?