Ablehnungs- statt Willkommenskultur - Wie schwer es Flüchtlingen in Deutschland derzeit gemacht wird

ID 80199
 
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Vor gut einem Jahr kamen in kurzer Zeit hunderttausende Flüchtlinge nach in Deutschland, zum Teil wurden sie begeistert begrüßt. Damals war viel von einer "Willkommenskultur" die Rede. Heute ist die Stimmung ganz anders: Statt freundlicher Begrüßung gibt es verschärfte Asylgesetze und eine rigide Verwaltungspraxis. Wie sich das auf die Situation der Geflüchteten auswirkt, darum geht es in der Sendung, die von der Radiogruppe des Münchner Flüchtlingsrates zusammengestellt wurde.
Audio
46:37 min, 43 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Mono (48000 kHz)
Upload vom 29.11.2016 / 22:18

Dateizugriffe: 24811

Klassifizierung

Beitragsart: Gebauter Beitrag
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: Harald Will
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 29.11.2016
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Lora-Sendung 29.11.2016 zum Thema „Ablehnungs- statt Wilkommenskultur?“


Mod:
Zur Sendung des Münchner Flüchtlingsrats auf LORA heiße ich Sie herzlich willkommen.
Vor gut einem Jahr war geradezu von einer Willkommenskultur die Rede, als die Münchner im Sommer zehntausende Flüchtlinge begeistert begrüßten. Heute ist die Stimmung eine ganz andere in Deutschland. Darüber wollen wir in unserer Sendung berichten mit dem Thema „Ablehnungs- statt Willkommenskultur - Wie schwer es Flüchtlingen in Deutschland derzeit gemacht wird“.
Nach der großen Euphorie des letzten Jahres hat sich die Situation der Flüchtlinge spürbar verschärft, nachdem im März 2016 das Asylpaket II und im August das Integrationsgesetz in Kraft getreten sind.
Vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, kurz BAMF, wird etwa Flüchtlingen aus Syrien, Eritrea oder dem Irak immer seltener der Flüchtlingsstatus gemäß der Genfer Flüchtlingskommission zugesprochen, obwohl sich die Situation in den Herkunftsländern nicht verbessert hat. Bei den persönlichen Anhörungen im BAMF, die den wichtigsten Termin innerhalb der Asylverfahren darstellen, gibt es einen großen Rückstau. Das erzeugt Druck und Verunsicherung bei den Betroffenen. Im August 2016 waren noch über eine halbe Million der Anträge unbearbeitet, Ende des Jahres sollen bereits alle abgearbeitet sein. Das BAMF verschickt derzeit Anhörungseinladungen im Akkordtempo. Mit einschneidenden Konsequenzen, z.B für jugendliche Flüchtlinge.

O-Ton Ausschnitt Interview

So die Leiterin der Münchner Schlau-Schule, in der auch viele junge Flüchtlinge unterrichtet werden.
Wir sprechen in dieser Sendung mit ihr, ausserdem mit einer Beraterin, die Flüchtlinge auf die Asylanhörung vorbereitet und mit einer Rechtsberaterin des Münchner Flüchtlingsrats.
Am Mikrofon im Studio: Susanne Kraft.

In der Schlau-Schule in der Münchner Innenstadt herrscht quirliger Betrieb. Die Schüler kommen aus über 30 Volksgruppen und sind im Alter zwischen 16 und 21 Jahren. Sie bereiten sich hier auf ihren Schulabschluss vor. Sie sind vor Krieg und Gewalt in ihren Heimatländern geflohen, unbegleitet von Eltern und Familie, und oft noch minderjährig.
Die Schlau-Schule, finanziert aus öffentlichen Geldern, Stiftungsgeldern und Spenden, will diesen jungen Menschen mehr als Schule sein und eine Art Familie bieten. Dafür wurde sie 2014 mit dem deutschen Schulpreis ausgezeichnet. In der Begründung hieß es, dass die Schule es durch die engagierte Begleitung und Unterstützung der Schüler weit über den Schulabschluss hinaus schafft, jungen Flüchtlingen eine Perspektive zu eröffnen.
Diese Zielsetzung ist bedroht durch die massive Beschleunigung der Anhörungsverfahren und das verschärfte Bayrische Integrationsgesetz.
Wir sprachen mit Schulleiterin Antonia Veramendi über die Auswirkungen dieser Entwicklung auf den Unterricht in der Schlau-Schule. „Schlau“ im Namen der Schule steht übrigens für schulanalogen Unterricht

Zuspielung Interview

Sie hören auf Lora eine Sendung des Münchner Flüchtlingsrats. Wir sprechen mit Antonia Veramendi, Leiterin der Schlau-Schule für unbegleitete junge Flüchtlinge, über den erhöhten Druck auf Schule und Schüler durch die verschärfte Auslegung des Integrationsgesetzes in Bayern.

Zuspielung Interview II


Auf Lora hören Sie jetzt eine Sendung des Münchner Flüchtlingsrates. Unser Thema heute: „Ablehnungs- oder Willkommenskultur? – Wie schwer es den Flüchtlingen derzeit in Deutschland gemacht wird.“
Zusammen mit Amnesty International hat der Münchner Flüchtlingsrat ein Kooperationsprojekt: Den Infobus. Der bunte umgebaute Campingbus soll einladender und persönlicher auf die Flüchtlinge wirken als ein formales Büro an einem festen Ort in der Stadt. Ziel der Arbeit im Infobus ist es, Asylsuchende auf ihre Anhörungen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorzubereiten. Es geht in der Beratung darum, den Ablauf der Anhörung durchzusprechen und deutsche Gesprächskultur zu vermitteln. Rebecca Kilian-Mason ist Projektleiterin des Infobus. Elif Beiner sprach mit ihr über die aktuelle Situation.

Zuspielung Interview Infobus I


Auf LORA berichten wir in dieser Stunde zum Thema „Ablehnungs- oder Willkommenskultur? – Wie schwer es den Flüchtlingen derzeit in Deutschland gemacht wird.“
Durch die veränderte Entscheidungspraxis des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge und das erklärte Ziel des BAMF, alle unerledigten Anträge bis Ende des Jahres abarbeiten zu wollen, sind die Infobus-Berater in ihrer Arbeit mit zusätzlichen Problemen konfrontiert. Es kommt in der letzten Zeit häufiger vor, dass Asylsuchende, die ihrer Einladung zur Antragsstellung folgen, gleich zur Anhörung dabehalten werden und häufig gar nicht darauf vorbereitet sind. Oder die Einladungen zur Anhörung werden so kurzfristig verschickt, dass bis zum Anhörungstermin nur noch wenige Tage bleiben, oder der Termin bereits verstrichen ist, weil die Einladung auf dem Postweg nicht rechtzeitig beim jeweiligen Adressaten ankam. Wer keinen Nachweis über den Eingang der Einladung übermitteln kann, muss schlimmstenfalls mit einer Ablehnung seines Asylantrags rechnen. Hören sie weiter Elif Beiner im Gespräch mit Rebecca Kilian-Mason.

Zuspielung Interview Infobus II


Rebecca Kilian-Mason, Projektleiterin des Infobus. Für die Arbeit im Infobus werden noch ehrenamtliche Dolmetscher in den Sprachen Tigrinja, Dare, Farsi, Arabisch und als Folge der jüngsten politischen Entwicklungen auch für Türkisch und Kurdisch gesucht. Es geht darum, Flüchtlinge trotz der massiven Beschleunigung der Anhörungsverfahren ausreichend auf ihre Anhörungen vorbereiten zu können.

Wenn Sie beim Münchner Infobus beratend oder begleitend ehrenamtlich mitarbeiten möchten, schreiben Sie uns eine e-mail an die Adresse aktiv@muenchner-fluechtlingsrat.de. Alle Informationen zum Infobus finden Sie auf der Homepage des Münchner Flüchtlingsrats.

Wir informieren in dieser Stunde auf LORA zum Thema „Ablehnungs- oder Willkommenskultur? – Wie schwer es den Flüchtlingen in Deutschland derzeit gemacht wird“.
Regine Nowak ist Juristin und berät jeden Donnerstag im Büro des Münchner Flüchtlingsrats in rechtlichen Angelegenheiten. Sie ist dort außerdem Ansprechpartnerin für Ehrenamtliche, die sich in der Flüchtlingsarbeit engagieren wollen. Die Herausforderungen an die Rechtsberatung von Flüchtlingen haben sich durch die Gesetzesverschärfungen im letzten Jahr enorm erhöht.
Laut den neuen Gesetzen sollen nur Menschen mit guter Bleibeperspektive zügig in Gesellschaft und den Arbeitsmarkt integriert werden. Wessen Asylantrag abgelehnt worden ist, darf nicht arbeiten und schlägt seine Zeit mit Minimalstunterstützung untätig in Gemeinschaftsunterkünften tot. Der Staat kann so öffentlichkeitswirksam verkünden, wie viele in Bayern lebende Flüchtlinge nicht arbeiten, Sozialleistungen beziehen und sich nicht integrieren.
Über die veränderten Anforderungen in der Rechtsberatung von Flüchtlingen sprach Harald Will mit Regine Nowak.

Zuspielung Interview I

Sie hören auf LORA eine Sendung des Münchner Flüchtlingsrats zum Thema „Ablehnungs- oder Willkommenskultur?“
Jetzt Teil 2 des Interviews mit Regine Nowak über Erfahrungen in der Rechtsberatung von Flüchtlingen aufgrund der veränderten Gesetzeslage. Im Fall der ungarischen Familie, die abgeschoben werden sollte, konnte Regine Nowak gerade noch die Rücknahme der Abschiebung erreichen. Das gelingt nicht immer.

Zuspielung Interview II

Regine Nowak, Rechtsberaterin beim Münchner Flüchtlingsrat. Wenn Sie sich für die Arbeit des Münchner Flüchtlingsrats interessieren und sich ehrenamtlich betätigen wollen, finden Sie alle Informationen auf der Internetseite des Flüchtlingsrats unter der Adresse www.muenchner-fluechtlingsrat.de. Dort können Sie auch die Termine der offenen Treffs nachlesen, die einmal im Monat stattfinden, ausserdem können Sie dort den Podcast dieser Sendung aufrufen.

Das war die dritte Sendung der Radiogruppe des Münchner Flüchtlingsrats. Mitgearbeitet haben Elif Beiner, Susanne Kraft, Glenn Louis und Harald Will. Verantwortlich für die Sendung ist Harald Will. Am Mikrofon: Susanne Kraft.








Kommentare
10.01.2017 / 12:35 Radio free FM, free FM, Ulm
wird gesendet...
...am 11.1. um 11h, danke!