Demo "Not welcome, Mr. Bush" - Rede 23.2.05, Maria Mies (Globalisierungskritikerin, Attac)

ID 8908
 
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Gerade jetzt wird George W. Bush, der amerikanische Präsident von Bundeskanzler Schröder hier in Mainz empfangen und willkommen geheißen.
Auch wir haben uns hier versammelt, um ihn zu begrüßen. Wenn meine Worte ihn trotz Polizeiabsperrungen erreichen würden, würde ich ihm folgendes sagen:
Herr Bush, Sie sind uns nicht willkommen.
Sie sind ein Lügner...
Audio
06:42 min, 3139 kB, mp3
mp3, 64 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 08.03.2005 / 00:00

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Klassifizierung

Beitragsart: Rohmaterial
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: Attac
Radio: RadioQuer, Wiesbaden im www
Produktionsdatum: 08.03.2005
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Folgender Text trifft in etwa den Tenor der Rede:

Herr Bush, Sie sind uns nicht willkommen.

Sie sind ein Lügner.
Sie haben Ihr Volk belogen, als Sie behaupteten, der Krieg gegen den Irak sei notwendig, weil Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen besitze
Redebeitrag von Maria Mies
und Terroristen unterstütze. Sie haben Europa und die ganze Welt belogen.

Mehr noch, Sie wußten, daß Sie logen. Als die Wahrheit ans Licht kam, sagten Sie, Ihr Irak-Krieg sei trotzdem notwendig gewesen. Die Welt sei jetzt ein besserer Ort als vor dem Krieg. Er habe Freiheit, Demokratie und Frieden gefördert. Alle wissen, daß das Gegenteil der Fall ist.

Und Sie lügen weiter!
Worum geht es bei Ihrer Reise nach Europa und Ihrem Schmusekurs um die europäischen Staatsoberhäupter? Angeblich wiederum um Freiheit, Freiheit, Freiheit, Frieden und Demokratie in der ganzen Welt. Sie beschwören die unverbrüchliche Einheit zwischen den USA und Europa im Kampf um die Freiheit. Keine Macht der Welt könne die zwei je wieder entzweien. "Wir sprechen mit einer Stimme!" sagten Sie am Montag in Brüssel. Großartige Worte! Doch wer kann sie glauben?

Menschen, die ihren klaren Kopf noch nicht verloren haben, graust es bei der Inflation von Worten wie Freiheit, Demokratie und Frieden aus Ihrem Munde. Alle wissen, dass Sie einer der größten Kriegstreiber aller Zeiten sind. Dass es Ihnen jetzt hauptsächlich darum geht, einen Teil der Kosten für Ihren verkorksten, nicht enden wollenden Krieg im Irak und Afghanisten auf die Europäer abzuwälzen. Sie sollen an Ihrem Kolonisierungsprojekt als Zahlende beteiligt werden.

Außerdem sollen die Europäer Ihren längst geplanten weiteren Kriegen gegen den Iran, gegen Syrien und gegen Nordkorea - Ihre berüchtigte Achse des Bösen - zustimmen, ohne große Probleme zu machen.
Allerdings verfolgen Sie dabei eine etwas andere Strategie als bei den vorigen Kriegen. Die Europäer sollen sich ruhig zunächst an der diplomatischen Front abarbeiten, z.B. den Iran überzeugen, keine Atomanlagen zu bauen. Wenn diese Strategie nichts fruchtet - was Sie erwarten -, dann werden Sie zuschlagen. Unilateral. Sie halten sich alle Optionen offen, wie gehabt. Mit den Europäern, wenn möglich, ohne sie, wenn nötig. Denn Sie und der militärisch-industrielle Komplex in den USA, dem Sie dienen, braucht weitere Kriege, ja, praktisch den Krieg ohne Ende. Und Sie scheinen tatsächlich zu glauben, daß es möglich ist, auch alle Europäer, wie Ihre Landsleute in den USA, einer solchen Gehirnwäsche zu unterziehen, daß sie Ihre neue Sprachregelung tatsächlich akzeptieren, nämlich, daß Frieden Krieg bedeutet, Freiheit Unterwerfung und Demokratie totalitäre Kontrolle nach innen und außen. Glauben Sie wirklich, wir, die europäische Bevölkerung würden Ihnen abnehmen, daß Sie von Gott selbst berufen seien, der ganzen Welt Ihre Heilsbotschaft zu bringen, und sei es durch Kriege?

Aber vielleicht kümmert Sie das Volk nicht, wenn nur die Staatsoberhäupter Europas Ihren Plänen keinen Widerstand entgegensetzen. Und diese Pläne sind die selben wie eh und je. Sie streben die Weltherrschaft über den ganzen Planeten an, zum Wohl des Kapitals und, wie Ihr Vater sagte, zur Sicherung des American Way of Life, und des "freien" Weltmarktes.
Kriege sind genauso Teil dieser Strategie wie die neoliberale Globalisierung mit ihren Prinzipien der universalen Konkurrenz, der Privatisierung und vor allem der ungehinderten Profitmacherei. MacDonalds kann seine Hamburgers nur weltweit anbieten und Coca Cola sein Zuckerwasser nur in allen Erdteilen verkaufen, weil die amerikanische Airforce, die Army, die Navy, und die Marines hinter ihnen stehen. Globalisierung und Krieg gehören zusammen.

Doch lassen wir jetzt Herrn Bush mit seinen Lügen. Wenden wir uns den europäischen Staatsoberhäuptern zu, die ihn jetzt überall empfangen.

Warum machen sie dieses unwürdige Spiel mit Worten mit? Sie kennen doch die Interessen, die hinter den Plänen des Herrn Bush und seiner Regierung stehen. Warum machen Sie dieses verlogene Theater mit? Dreht sich ihnen nicht der Magen um bei ihren gemeinsamen Dinners und Pressekonferenzen? Glauben sie wirklich, Herr Bush sei plötzlich zum Friedensengel mutiert? Und: wie ernst ist es den Herren Chirac, Schröder und Blair mit ihrem eigenen Friedenswillen?
Verfolgen sie nicht letzten Endes die selben Interessen, wie die amerikanische Regierung? Vergessen wir nicht, sie sind ja eigentlich Vettern. Im Fernsehen konnte man sehen, wie ihnen Bush, der "große Bruder" überall gönnerhat auf den Rücken klopfte. Keiner wagte Bush auf den Rücken zu klopfen. Ich habe den Eindruck, daß wir uns wieder in Feudalzeiten befinden. Oder läßt sich die politische Elite Europas solche Gesten gefallen, weil sie hofft, letzten Endes mit zu den Kriegsgewinnlern gehören zu können? Die Kriegsbeute soll nicht allein amerikanischen Konzernen wie Halliburton und Bechtel überlassen bleiben. Da sollen auch die europäischen Konzerne ihren Anteil haben.


Wer glaubt, die Herrschenden in der EU seien Friedensengel, dem ist zu raten, den Entwurf der EU-Verfassung gründlich zu lesen. Diese Verfassung verpflichtet die Mitgliedsstaaten der EU zur permanenten Aufrüstung. Es ist eine Verfassung zur Militarisierung der EU, in Konkurrenz und in Nachahmung der USA.
Wie die nicht enden wollenden Kriege der USA, soll auch die Militärverfassung der EU dazu dienen, das bankrotte System der kapitalistischen, globalen Profitmacherei noch etwas länger am Leben zu erhalten. Doch dieses System ist moralisch schon gescheitert. Alle die Lügen, die Herr Bush und seine Vasallen non-stop verbreiten, können ihm keine Glaubwürdigkeit mehr verschaffen. Das ganze Lügensystem soll vor allem der Bevölkerung , aber auch den Politikern, den Verstand vernebeln. Leider machen die meisten Medien dieses ekelhafte Spiel mit.



Wir aber sind hier, weil wir uns den Kopf nicht haben vernebeln lassen. Wir wollen offen sagen, dass das System, für das Herr Bush und auch die europäischen Staatsoberhäupter stehen, keine Legitimation mehr hat. Es kann keins der Probleme lösen, die es selbst geschaffen hat. Es ist weder in der Lage die Arbeitslosigkeit, noch die Umweltzerstörung, noch zunehmende interne wie zwischenstaatliche Konflikte zu lösen. Daher greift man wieder zum Krieg, eventuell auch zu einem Atomkrieg. Die Kriegslogik ist das A und O dieses Systems. Die Akzeptanz einer solchen Kriegslogik in Wirtschaft und Politik wäre dann wirklich der Bankrott aller Vernunft.

Das werden wir nicht zulassen. Wir werden nicht zulassen, daß Worte wie Freiheit, Frieden und Demokratie von Leuten wie Herrn Bush so verhunzt werden, dass ein anständiger Mensch nicht mehr wagt, sie in den Mund zu nehmen. Wir werden dafür sorgen, daß sie ihren ursprünglichen Sinn behalten.

Wir werden nicht schweigen. Wir sind nicht die schweigende Mehrheit. Wir werden weiter reden, demonstrieren und Widerstand gegen alle Kriegstreiber leisten. Die weltweite Friedensbewegung begnügt sich heute nicht mehr mit bloßen Friedensappellen. Das letzte Sozialforum in Porto Allegre hat gezeigt, daß immer mehr Menschen auf der ganzen Welt den Zusammenhang zwischen Ökonomie und Krieg verstehen, daß sie sich zusammenschliessen zu neuen Bündnissen gegen Ausbeutung, Naturzerstörung, Globalisierung und Krieg. Eine andere, friedliche Welt ist möglich. Sie wird nicht von Leuten wie Bush gemacht, sondern von Leuten wie wir alle.