Weil ein Kollege ein Foto geschossen hat, droht Istanbuler Politikerin lange Haftstrafe
ID 105934
Die Staatsanwaltschaft von Istanbul hat gegen die Kreisvorsitzende der Republikanischen Volkspartei (CHP), Canan Kaftancioğlu ein Strafverfahren wegen „Aufstachelung zu einer Straftat“ und „Lob einer Straftat und eines Straftäters eröffnet“. Ihr droht eine Freiheitsstrafe zwischen 9 Monaten und 10,5 Jahren Haft.
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03:32 min, 2601 kB, mp3
mp3, 100 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 15.12.2020 / 14:45
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Klassifizierung
Beitragsart: Nachricht
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Serie: Mittelmeer-Reihe vom A-Radio Berlin
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
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Skript
Die Staatsanwaltschaft von Istanbul hat gegen die Kreisvorsitzende der Republikanischen Volkspartei (CHP), Canan Kaftancioğlu ein Strafverfahren wegen „Aufstachelung zu einer Straftat“ und „Lob einer Straftat und eines Straftäters eröffnet“. Ihr droht eine Freiheitsstrafe zwischen 9 Monaten und 10,5 Jahren Haft.
Was ist geschehen?
Der Bezirks Vorsitzende der CHP im Istanbuler Stadtteil Üsküdar, Suat Özçağdaş hatte das Haus von Erdogans Verkehrsminister Fahrettin Altun fotografiert. Özçağdaş wollte ungenehmigte Umbauten dokumentieren. Darauf wurde eine Untersuchung gegen Özçağdaş wegen „Verletzung der Heimlichkeit des Privatlebens“ eingeleitet. Bezüglich möglicher ungenehmigter Anbauten des Hauses des Ministers wurde eine Nachrichtensperre verhängt. Niemand darf über das Thema berichten.
Die Kreisvorsitzende von Istanbul Canan Kaftancıoğlu verteidigte auf Twitter ihren Parteikollegen. Darauf zeigte ein Anwalt des Ministers Canan Kaftancıoğlu an und deshalb drohen ihr nun bis zu 10 einhalb Jahre Haft.
Canan Kaftancioğlu ist von Beruf Ärztin. Ihre Doktorarbeit schrieb sie über die Verifizierung von Folterspuren. Sie gilt als die rechte Hand des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu und als Strategin seines überraschenden Wahlsieges vor anderthalb Jahren in Istanbul. Dass seine Partei nach 25 Jahren die Kontrolle über Istanbul verlor, war eine der schwersten Niederlagen für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Erdoğan ließ die Wahl aus fadenscheinigen Gründen wiederholen, nur um sie dann noch deutlicher zu verlieren. Seither hasst er offensichtlich Canan Kaftancioğlu. Er bezeichnete sie als Terroristin und noch schlimmer, laut dem Präsidenten der Republik soll ihr Ehemann sogar Schweinefleisch essen. Da hört es für den frommen Muslim nun wirklich auf.
Eine Verurteilung zu fast 10 Jahren Haft hat Canan Kaftancıoğlu schon hinter sich. Es wurden alte Postings von ihr ausgegraben und daraus der Vorwurf der Präsidentenbeleidigung, Verunglimpfung des Staates, Beamtenbeleidigung etc. konstruiert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Und nun sollen noch einmal bis zu 10 Jahre Haft draufgesattelt werden. Das alles weil sie es gewagt hat, einen Parteikollegen, der ein unliebsames Foto geschossen hatte, öffentlich zu verteidigen. Ihr drohen also zusammengerechnet bis zu 20 Jahre Haft und das alles ausschließlich wegen öffentlicher Äußerungen, die in allen anderen Nato-Ländern als politischer Alltag durchgingen.
Zum Vergleich: Der Mann, der ihren Schwiegervater in spe, den bekannten Journalisten Ümit Kaftancioğlu 1980 mit 5 Schüssen in Brust und Rücken tötete, weil er ein Linker gewesen sei, kam nach vier Jahren wieder frei. Canan Kaftancioğlu, die nur jemand verteidigt hat, der ein Gebäude fotographiert hat, drohen mehr Jahre Gefängnis. Es ist halt nicht so wichtig, was man macht, sondern auf welcher Seite man steht.
Was ist geschehen?
Der Bezirks Vorsitzende der CHP im Istanbuler Stadtteil Üsküdar, Suat Özçağdaş hatte das Haus von Erdogans Verkehrsminister Fahrettin Altun fotografiert. Özçağdaş wollte ungenehmigte Umbauten dokumentieren. Darauf wurde eine Untersuchung gegen Özçağdaş wegen „Verletzung der Heimlichkeit des Privatlebens“ eingeleitet. Bezüglich möglicher ungenehmigter Anbauten des Hauses des Ministers wurde eine Nachrichtensperre verhängt. Niemand darf über das Thema berichten.
Die Kreisvorsitzende von Istanbul Canan Kaftancıoğlu verteidigte auf Twitter ihren Parteikollegen. Darauf zeigte ein Anwalt des Ministers Canan Kaftancıoğlu an und deshalb drohen ihr nun bis zu 10 einhalb Jahre Haft.
Canan Kaftancioğlu ist von Beruf Ärztin. Ihre Doktorarbeit schrieb sie über die Verifizierung von Folterspuren. Sie gilt als die rechte Hand des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu und als Strategin seines überraschenden Wahlsieges vor anderthalb Jahren in Istanbul. Dass seine Partei nach 25 Jahren die Kontrolle über Istanbul verlor, war eine der schwersten Niederlagen für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Erdoğan ließ die Wahl aus fadenscheinigen Gründen wiederholen, nur um sie dann noch deutlicher zu verlieren. Seither hasst er offensichtlich Canan Kaftancioğlu. Er bezeichnete sie als Terroristin und noch schlimmer, laut dem Präsidenten der Republik soll ihr Ehemann sogar Schweinefleisch essen. Da hört es für den frommen Muslim nun wirklich auf.
Eine Verurteilung zu fast 10 Jahren Haft hat Canan Kaftancıoğlu schon hinter sich. Es wurden alte Postings von ihr ausgegraben und daraus der Vorwurf der Präsidentenbeleidigung, Verunglimpfung des Staates, Beamtenbeleidigung etc. konstruiert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Und nun sollen noch einmal bis zu 10 Jahre Haft draufgesattelt werden. Das alles weil sie es gewagt hat, einen Parteikollegen, der ein unliebsames Foto geschossen hatte, öffentlich zu verteidigen. Ihr drohen also zusammengerechnet bis zu 20 Jahre Haft und das alles ausschließlich wegen öffentlicher Äußerungen, die in allen anderen Nato-Ländern als politischer Alltag durchgingen.
Zum Vergleich: Der Mann, der ihren Schwiegervater in spe, den bekannten Journalisten Ümit Kaftancioğlu 1980 mit 5 Schüssen in Brust und Rücken tötete, weil er ein Linker gewesen sei, kam nach vier Jahren wieder frei. Canan Kaftancioğlu, die nur jemand verteidigt hat, der ein Gebäude fotographiert hat, drohen mehr Jahre Gefängnis. Es ist halt nicht so wichtig, was man macht, sondern auf welcher Seite man steht.