Das social Distel-Ding – Wege in neue solidarische Bewegung

ID 101961
 
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Teil 26 der social distancing Kolumne - Diesmal: Die Feststellung, dass der Streit untereinander uns nicht weiterbringt und eine Erinnerung an die Aufgaben die noch auf uns zukommen.
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04:37 min, 11 MB, mp3
mp3, 320 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 29.04.2020 / 18:11

Dateizugriffe: 3026

Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Umwelt, Politik/Info
Serie: Das social Distel-Ding
Entstehung

AutorInnen: Fabian Ekstedt
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 29.04.2020
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Puh, das zieht sich. Vor 5 Wochen meldete das social Distel-Ding sich hier erstmals zu Wort. Mittlerweile gibt es 26 Teile, in denen einerseits viel gesagt wurde, andererseits nie genug gesagt werden konnte. Die Welt betrachten und verstehen zu wollen ist immer eine Mammutaufgabe. Es gibt einfach zu viele Dinge die zeitgleich geschehen, aufeinander einwirken und verschiedenste Folgen nach sich ziehen können. Worauf auch immer Mensch seine Aufmerksamkeit richtet, irgend etwas anderes rutscht einem einfach durch. Das ist auch etwas, was vermutlich alle spätestens jetzt bemerken.
Liegt die Konzentration auf den Corona-Zahlen und der möglichen Bedrohung die draußen auf einen wartet, sind andere Nachrichten nur noch eine Randnotiz. Konzentriert Mensch sich stattdessen auf die prekäre Situation der Grundrechte und die wirtschaftlichen Folgen in der Pandemie-Bekämpfung, sind die aktuellen Erkrankungsraten und die Gefährdung nicht mehr so vordergründig.
Letztlich haben einige social Distel-Dinger das wohl auch an den eigenen Gedankengängen bemerkt. Nur weil einen heute die Angst vor dem Virus lähmt, heißt das nicht, dass Mensch morgen sich nicht doch wieder Sorgen um den Zustand der Demokratie macht und vermutlich auch machen muss.
Und nur weil am einen Tag gute Laune herrscht und der Ausblick auf einen Neuanfang nach der Krise reizt, heißt das nicht, dass am nächsten Tag nicht wieder die Gedanken kommen, dass alles ab jetzt den Bach runter gehen wird.
Natürlich gibt es viele, die jetzt die Utopisten und die Hoffnungsvollen kleinreden. Egal ob sie nur aus der eigenen Erfahrung oder ihrer aktuellen Laune heraus sprechen, für viele ist das Gerede von einer besseren Welt in Folge dieser Krise ein Ärgernis. Zu Recht weißen sie darauf hin, dass die Gesellschaft träge ist, dass die meisten mit Konsum und Unterhaltung, mit Brot und Spielen, träge gehalten werden, damit sich an den bestehenden Machtverhältnissen nichts ändert.
Andererseits darf nicht vergessen werden, dass die Hoffnung zuletzt sterben sollte. Wer heute hofft und Menschen inspiriert sich für utopisch anmutende Unterfangen einzusetzen, eigene Gedanken einfließen zu lassen und den eigenen Einsatz dafür zu bringen, die oder der kann einen großen Stein ins Rollen bringen.
Dafür muss allerdings darauf geachtet werden, dass sich nicht mit der Beschwerde über die Maßnahmen und über das Mangeln der jahrelang eingeübten Methoden aufgehalten wird. Da sich jedes social Distel-Ding in einer anderen Situation, an einem anderen Punkt der Verarbeitung der Krise, der Nachrichten und der Einschätzung der Bedrohungslage befindet, sorgen diese Klagen nur für vermeidbaren Streit. Das müssen wir anerkennen.
Bis wir eine gemeinsame Einschätzung der Gefährdungslage haben, bei der wir guten Gewissens auch selbst wieder einander umarmen und unsere Großeltern besuchen, sind wir noch nicht in der Situation in der wir wieder große Demonstrationen abhalten und mit klaren Feindbildern arbeiten können.
Ein kreativer Blick auf die neuen Möglichkeiten ist jetzt notwendig, jetzt da alle zu Hause sind, jetzt da es vielen in den Fingern juckt etwas zu tun. Und nicht zu vergessen: Jetzt ist auch der Moment gekommen, in dem wir uns alle unseres zuvorderst „Menschseins“ bewusst werden. Niemand ist von dieser Krise ausgenommen, sie grassiert in der ganzen Welt, wir alle sind gleich bedroht.
Dieses neue Menschenbild, in dem wir als Teil der menschlichen Zivilisation verletzlich sind, ist ein großartiger Angriffspunkt für eine solidarische Bewegung. Schließlich beschäftigt uns ein Problem das auch in Zukunft die menschliche Zivilisation bedrohen wird: Der Klimawandel.
Mehr noch, gerade in der Krise zeigt sich eine andere Gefahr, die uns jederzeit die Einflussmöglichkeiten auf die Zukunft nehmen könnte: Die Einschränkung der Grundrechte
Nicht vergessen sollten wir, dass es auch Grundrechte gibt, die von vielen von uns nicht in Anspruch genommen oder regelmäßig eingeklagt werden, aber dennoch zum Schutze aller verteidigt werden müssen: das Grundrecht auf Asyl, die Unantastbarkeit der Menschenwürde, die informationelle Selbstbestimmung.
Es gibt also viel zu tun für die menschliche Zivilisation, die so viel zerstört aber auch so viel Schönes erschafft. Lasst uns für unsere Rechte streiten, nicht darüber ob nun „die da oben die Bevölkerung reduzieren wollen und durch das Killervirus aus dem Labor Menschen umbringen“ oder ob „es gar keinen Virus gibt und der Staat uns völlig grundlos einsperrt.“
Nach vorne blicken, weitermachen, solidarisch sein… Vermutungen und Einzelthemen bringen uns nicht weiter.

Kommentare
04.05.2020 / 18:05 Monika, bermuda.funk - Freies Radio Rhein-Neckar
in sonar
am 4.5.. Vielen Dank!