Das social Distel-Ding – Tag der Befreiung

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Teil 32 der Kolumne aus dem social distancing - Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg! Zum Tag der Befreiung
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04:05 min, 9610 kB, mp3
mp3, 320 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 08.05.2020 / 16:54

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Klassifizierung

Beitragsart: Kommentar
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Wirtschaft/Soziales
Serie: Das social Distel-Ding
Entstehung

AutorInnen: Fabian Ekstedt
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 08.05.2020
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Es könnte schlimmer sein. Dieser Satz fällt in letzter Zeit häufiger. Es ist ja auch vieles besser geworden. Die Ausgangsbeschränkungen wurden aufgehoben! Ab heute können sich wieder zwei Hausstände sowohl im öffentlichen Raum als auch im Privaten treffen. In 10 Tagen öffnen dann die Biergärten wieder und ab Montag dürfen eigentlich alle Geschäfte und Dienstleistungsbetriebe wieder öffnen. Und siehe da: Die Welt da draußen ist eher noch schöner geworden. Die Schaufenster werden wieder befüllt, das Wetter ist schön und es sind in der letzten Zeit nicht ganz so viele Menschen gestorben wie zwischenzeitlich zu befürchten war.
Das sollte einen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass in München seit dem 4. April pro Tag mindestens ein Mensch in Folge einer Covid-19 Erkrankung verstorben ist. Es ist eben nicht alles normal. Aber in solch einer Krise muss gesagt werden: Es könnte schlimmer sein. Und das nicht nur nach einem Blick ins Ausland. Es reicht ein Blick in die Geschichte.
Heute vor 75 Jahren endete der zweite Weltkrieg in Europa mit der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht. Im Gegensatz zu dem was wir heute erleben hatten es damals Menschen in der Hand das Sterben von jetzt auf gleich zu beenden. Und diese Menschen, die damals mit ihrer bedingungslosen Kapitulation das Sterben beendeten, waren es auch die das Sterben über die Welt gebracht haben.
In Reaktion auf die große Depression, diese fürchterliche Krise die das Geld entwertete und den Menschen jegliche Sicherheit nahm, wurde in Deutschland ein verurteilter Faschist und seine Partei gewählt. Die unhaltbaren Versprechen und die einfachen Feindbilder waren den Menschen lieber, als der Realität einer globalen Krise und ihrem tiefen Tal entgegenzublicken. Statt einen solidarischen Weg heraus zu finden, für einander da zu sein und aufeinander acht zu geben, wurde die Spaltung der Gesellschaft forciert. Wissen, überlegtes Handeln und Rücksichtnahme wurden eingetauscht gegen eine bequemere Geschichte, in der die Deutschen die Opfer einer Verschwörung waren und glaubten einen aus der Rasse und Herkunft begründeten Anspruch stellen zu können, besser gestellt zu sein, als alle anderen. Widerspruch, Zwischentöne und Fakten waren in diesem Weltbild störend und wurden vernichtet, damit alle die damit leben konnten, weiter verrohen und von der eigenen Großartigkeit träumen durften.
Aus dem eigenen Minderwertigkeitskomplex und der Weigerung sich der Realität zu stellen ergab sich der Faschismus, der die schrecklichste Realität hervorbrachte: Die Schoah, der industrialisierte Mord an über 6 Millionen Jüdinnen und Juden.
Der deutsche Faschismus hat so viel gemordet, dass alle Menschengruppen, die seinem Vernichtungswillen zum Opfer fielen aufzuzählen diesen Rahmen sprengen würde: Sinti und Roma, Homosexuelle, Menschen mit Behinderung, als „Asozial“ ausgegrenzte, Gewerkschafter, Religiöse, und so viele mehr… Und dann gab es auch noch den Krieg, der die ganze Welt in Brand setzte und ins Chaos stürzte.
Wir können heute, 75 Jahre danach, sagen: Zum Glück!
Zum Glück hat sich Churchill dafür entschieden, Deutschland entgegenzutreten. Zum Glück haben sich die USA dafür entschieden, diesem Morden und dieser Vernichtung nicht gleichgültig gegenüber zu stehen. Zum Glück hat die UdSSR in diesem Vernichtungskrieg unter unglaublich hohen Verlusten nicht aufgegeben.
Und vor allem können wir eines sagen: Danke!
Danke, dass wir heute, 75 Jahre später, den Tag der Befreiung feiern können. Den Tag der Befreiung vom Faschismus. Den Tag an dem der Wille diese Mordmaschinerie weiter zu betreiben gebrochen wurde. Der Tag, ab dem wir anfangen konnten die Zukunft nach einem Motto zu gestalten: „Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“
Das gilt bis heute. Und gerade jetzt, wo wieder die Spaltung der Gesellschaft betrieben wird, über eine verzerrte Wahrnehmung der Realität, über Misstrauen der Wissenschaft und den Aufbau neuer Feindbilder, muss gelten: „Nie wieder!“