Vogel der Woche (322): Der Ockerschwan

ID 102599
 
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ein Tarnschwan
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04:21 min, 6131 kB, mp3
mp3, 192 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 25.05.2020 / 19:04

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Klassifizierung

Beitragsart: Hörspiel
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Umwelt, Andere
Serie: Vogel der Woche
Entstehung

AutorInnen: hike
Radio: RUM-90,1, Marburg im www
Produktionsdatum: 25.05.2020
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Heute: Der Ockerschwan (Cygnus prunus)
Es gibt Weiße Schwäne und es gibt Schwarze Schwäne, es gibt auch weiße Schwäne mit schwarzem Hals, die heißen Schwarzhalsschwäne. Der Schwan an und für sich scheint vollends durchdefiniert, zumindest was sein Adultgefieder angeht. Wie ein Schachspiel bieten sich unserem Auge die Farbkombinationen dar, welche Schwan im Federkleide trägt.
Gelegentlich kommt noch ein Böppel auf der Nasenwurzel hinzu, welcher an eine schlecht verheilte Operationsnarbe gemahnt. Aber derartige Böppel sind Merkmal vieler Vogelarten quer durch sämtliche Vogelordnungen. Sie dienen der Balz, zumindest in einigen Fällen. Vögel mögen komische Sachen.
Am unteren Ende des Standardschwans befinden sich Schwimmfüße, auch diese Ausstattung teilt das Tier mit vielen anderen Vogelarten etc. ppp., ich wiederhole mich, aus vielen verschiedenen Vogelordnungen.
Und nun kommt der Ockerschwan daher. Ein stolzer Vogel geschwungenen Halses, schwanartigen Habitus‘, aber halt in Matschfarben, ganz so, als sei er entweder noch zu jung für adult, oder aber hätte sich berufenermaßen der Bundeswehr zugewandt – was nach genauer Betrachtung beinahe dasselbe ist, jedoch egal.
Ich bin nicht hier, um zu befinden über Lebensweg-Entscheidungen von Jugendlichen, sich im Namen von wem auch immer in einem Bundesdeutschen Angriffskrieg totschießen zu lassen und als Dankeschön für‘s gelieferte Eigenkörper-Frikassee ihre Namen auf eine Plexiglas-Gedenksäule im Namen der Bundespräsidentin eingefräst zu bekommen.
Ich bin hier, um das Phänomen eines Vogels zu ergründen, der sehr gründlich nicht ins Bild der Schwanenhaftigkeit hineinpasst.
Der Ockerschwan ist ein matschefarbener Schwan, und das liegt nicht an Immaturkleid, nicht an dem Führer dem er gefolgt sein könnte, oder an dem Schlamm in dem er sich gewälzt haben könnte. Diese Farbe ist permanent, unabwaschbar, und sie geht auch nicht durch Mausern weg.
Er benimmt sich in weiten Zügen wie andere Schwäne, will meinen er hat auf gemeinschaftlich mit anderen Lebensformen genutzten Liegewiesen ein Selbstbewusstsein, welches selbst Organismen einschüchtert, die ein Vielfaches von ihm wiegen, er kann fauchen, er kann schwimmen, er kann fliegen, und falls er weiblich ist, kann er Eier legen. Falls er männlich ist, wechselt er sich mit dem weiblichen Ockerschwan bei der Bebrütung dieser Eier ab und bildet anschließend mit allen Beteiligten einen Familienverband bis zum nächsten Frühjahr.
Sein schwanenhafter Lebenslauf weist also keine Besonderheiten auf – oder?
Doch. Eine gibt es. Sonst würde der Autor dieses Textes seine dürftigen Zeilen gar nicht erst zu Diskette bringen:
Der Ockerschwan ist matschfarben.
Das bedeutet, der Ockerschwan ist aufgrund seiner Tarnfarbe in der Lage, den Traum optimal umzusetzen, welchen alle Entenvögel und somit auch alle Schwäne hegen. Weil mensch ihn grundsätzlich viel zu spät bemerkt, kann der Ockerschwan so richtig aus dem Hinterhalt Wade picken. Und er wiegt deutlich mehr als die herkömmliche Kampfgans, das heißt, wenn d er Wade pickt, tut das richtig weh und hinterlässt Krater.
Es gehen Gerüchte in der Alternativen Ornithologenszene um, der Ockerschwan sei eine zu militärischen Zwecken gentechnisch manipulierte Schwanenrasse, welche Tarnfarbe und Kampfkraft der Körpermasse1 in sich vereinige.
Der Wahrheitsgehalt dieser Gerüchte ist nicht nachweisbar, sie kursieren auch im Milieu der „Elvis lebt / Hitler lebt / Jesus lebt / Chemtrails leben / Die Erde ist ein flaches Quadrat / Rasenmäher machen glücklich“ Communities, und der Autor dieses Textes, ein nautisch-submarin durchaus erfahrener Typ und Kenner der Untiefen der Lahn in und um Marburg, hält derartige Gerüchte erst dann für interessant, falls sich herausstellen sollte, dass der Ockerschwan in der Lage wäre, Harpunen abzufeuern.