Focus Europa 73 vom Mittwoch, 10. 5. 2006

ID 12547
 
Nachrichten +++ Estland ratifiziert EU-Verfassung + Deutschland in Menschenrechtsrat gewählt + Neuigkeiten von der Genmaisdebatte
Beiträge +++ Bolivien - Verstaatlichung der Energiewirtschaft + Bleiberechtsfestival in Freiburg
Audio
16:50 min, 15 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 10.05.2006 / 12:33

Dateizugriffe:

Klassifizierung

Beitragsart: Magazin
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Umwelt, Internationales, Wirtschaft/Soziales
Serie: Focus Europa
Entstehung

AutorInnen: Nico Storz, Manu Wipperfürth, Viktoria Balon
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 10.05.2006
keine Linzenz
Skript
Willkommen zu Fokus-Europa am Mittwoch, den 10. Mai 2006. Im Studio sind Manu, Viktoria, und Nico.
Heute beginnt in Wien der alternative Lateinamerikagipfel. Dazu, und zu den Verstaatlichungen der Erdölindustrie in Bolivien, gleich eine geballte Ladung Informationen.
Ausserdem: Immer mehr Menschen leben in deutschland in Unsicherheit. Seit die Bundesregierungen das Bleiberecht verschärft hat, müssen noch mehr Menschen mit der täglichen Angst vor abschiebung leben. Am Samstag, den 13. Mai, findet auf dem Grethergelände in freiburg das Festival für Bleiberecht statt.
Doch nun, wie gewohnt, zu den Kurznachrichten.

Estland

Gestern hat Estland als 15. der 25 Staaten der EU die EU-Verfassung auf nationaler Ebene ratifiziert. Auch wenn sich die estnischen Politiker realistisch zeigen und nicht davon ausgehen, dass der Vertrag bald europaweit in Kraft treten kann, wollten sie, wie es hieß, als Neumitglied einen Beitrag für die Zukunft der EU leisten. Estland trat am 1. Mai 2004 der EU bei.
Die EU-Verfassung sollte planmäßig eigentlich dieses Jahr am 1. November eingeführt werden. Die Verhandlungen und die Aussichten auf Erfolg kamen aber zum Erliegen, als die Verfassung in Frankreich und den Niederlanden scheiterte. Dort konnte bei den Referenden keine Mehrheit für die Ratifizierung gewonnen werden. Eine zweite Abstimmung über denselben Text ist unwahrscheinlich.
Neben den 15 Ländern, die die EU-Verfassung bereits auf nationaler Ebene ratifiziert haben, haben acht Länder dies zumeist auf unbestimmte Zeit verschoben, einzig Finnland will demnächst darüber entscheiden. Das Parlament in Finnland debattiert am heutigen Mittwoch über die Verfassung und wird sie wahrscheinlich ebenfalls in dieser Woche annehmen.
In Estland lockte die Ratifzierung nur wenige Gegner auf die Straße. Insgesamt sieht die Mehrheit der Esten zwei Jahre nach dem Beitritt die Mitgliedschaft weiterhin positiv, auch wenn sie ernüchtert sind, dass sich wenig für sie geändert habe.

UN-Menschenrechtsrat
Die Bundesrepublik Deutschland wurde gestern, am 9. Mai, von der UN-Generalversammlung in den neuen UN-Menschenrechtsrat gewählt. Mit insgesamt 154 Stimmen konnte Deutschland in der geheimen Wahl die meisten Ja-Stimmen hinter sich versammeln. In dem Menschenrechtsrat werden insgesamt 47 Staaten vertreten sein, darunter auch China, Russland, Kuba und Saudi-Arabien. Der Iran und Aserbaidschan verfehlten dagegen die absolute Mehrheit und werden nicht in dem Rat vertreten sein.
Der UN-Menschenrechtsrat soll die bisherige Menschenrechtskommission ablösen, welcher mangelnde Effektivität vorgeworfen wurde. Der neue Menschenrechtsrat soll nun weniger Staaten enthalten, sich dafür aber öfter treffen. Staaten, die gegen Menschenrechte vertoßen, können leichter ausgeschlossen werden, und die Aufnahmekriterien sind höher. Eines der wichtigsten Instrumente des Rates wird die Möglichkeit der Entsendung von Menschenrechtsbeobachtern sein, die die Einhaltung der Menschenrechte in den UN-Mitgliedsländern überprüfen sollen.
Human rights watch kritisierte die Aufnahme von Staaten, die offensichtlich gegen die Menschenrechte verstoßen. Sie fürchten, dass diese eine effektive Arbeit verhindern können. Auch die USA sprachen sich gegen den neuen Rat aus, da er in ihren augen nicht weit genug ginge. Sie stimmten gegen den Rat, und bewarben sich auch nicht um eine Mitgliedschaft.
Der UN-Menschenrechtsrat soll am 16. Juni in einer konstituierenden Sitzung seine Arbeit aufnehmen.

Neuigkeiten von der Genmais-debatte

Anlässlich einer Konferrenz der EU-Kommission fand am 5. April, also vor gut einem Monat, in Wien der Protestmarsch für gentechnikfreie Regionen und Länder statt. 70% der EU-BürgerInnen sind gegen den Anbau von gentechnischverändertem Mais. Bislang haben sich die EU-Länder Ungarn, Österreich, Griechenland und Polen als gentechnikfrei erklärt. In den anderen Ländern kommen immer mehr Regionen hinzu, die sich auf Eigeninitiative gegen den Anbau aussprechen. Das Hauptargument der Gengegner ist die Ungewissheit der Folgen vom Anbau und Verzehr solcher Pflanzen für Umwelt, Tier und Mensch. Die EU-Kommission zeigte sich in ihrer Politik bislang eher liberal gegenüber der Einführung von Genmais. Aufgrund des Protestes erklärte die EU-Kommission nun aber zumindest, dass sie die bislang vorliegenden Forschungsergebnisse zu den Auswirkungen von genmanipulierten Pflanzen für unzureichend hält. Sie fordert mehr Studien über die Folgen von Genmais.
Nun beklagen aber Organisationen wie Greenpeace, aber auch Wissenschaftler, dass ihnen von der Gen-Industrie der Zugang zu Saatgut immer wieder verwehrt werde. Der Hauptlieferant ist Monsanto. Monsanto ist in 100 Ländern der Welt tätig und ist dabei verantwortlich für 90% der weltweit verwendeten genetisch veränderten Eigenschaften. Im April antwortete Unternehmens-Sprecher Andreas Thierfelder: „Hierzu bringe ich Ihnen nochmals zur Kenntniss, dass weder Monsanto nochdie Märka Saatgut (...) zu Forschungszwecken verkauft.“ Märka ist Monsantos deutscher Vertragspartner in Eberswalde/Brandenburg. Vor zwei Tagen legte Monsanto außerdem Klage gegen das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ein. Er will dadurch verhindern, dass Untersuchungen zur Risikobewerten seiner Produkte offengelegt werden.

Abmod.
Das war fokus Europa vom 10. Mai 2006. Es verabschieden sich Manu, Viktoria und Nico.