Buchtipp: Kultur und Globalisierung

ID 15215
 
Armand Mattelart zählt seit den 1970er Jahren zu den bekanntesten Kommunikationswissenschaftlern Frankreichs. Er lehrte an zahlreichen Universitäten – insbesondere in Lateinamerika - und unterrichtet momentan an der Universität Paris VIII. In seinem neuesten Buch analysiert Mattelart Zusammenhange und Optionen von „Kultur und Globalisierung“.
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Upload vom 02.01.2007 / 18:06

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Klassifizierung

Beitragsart: Rezension
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Kultur, Internationales
Serie: Radio Palmares - Magazin
Entstehung

AutorInnen: Markus Kilp
Kontakt: tomschrott(at)yahoo.com
Radio: PalmaresPB, Paderborn im www
Produktionsdatum: 02.01.2007
keine Linzenz
Skript
Anmoderationsvorschlag:

Armand Mattelart zählt seit den 1970er Jahren zu den bekanntesten Kommunikationswissenschaftlern Frankreichs. Er lehrte an zahlreichen Universitäten – insbesondere in Lateinamerika - und unterrichtet momentan an der Universität Paris VIII. In seinem neuesten Buch analysiert Mattelart Zusammenhange und Optionen von „Kultur und Globalisierung“.


Beitrag:
Geld oder Geist? Auf diese einfache Entscheidung spitzt Armand Mattelart seine Analyse der Zusammenhänge zwischen Kultur und Globalisierung zu. Die Marktmacht bedrohe eine globale kulturelle Vielfalt, seitdem sie diese entdeckt habe. Die Vertauschungen von der Kultur zur Kommunikation und vom Bürger zum Konsumenten zeichnet Mattelart in der Entwicklung der vergangenen 200 Jahre nach.

ZITAT S. 10: „Unter dem Deckmantel ... wieder seinen eigentlichen Sinn erhält.“

Die zentralen Begriffe für Mattelart sind Marktmacht und Vielfalt: Er versucht diese Begriffe in der Geschichte wiederzufinden: Von der Zähmung der Vielfalt und des Verschiedenen im Imperialismus bis hin zur Amerikanisierung der Kultur. Die Zentralen Beispiel für kulturelle Produktion ist für den Kommunikationswissenschaftler der Kino-Film und die Filmpolitik. Hier beginnt während des 1-Weltkriegs in den USA die sogenannte „government management of opinion“, also die Meinungslenkung durch die Regierung. Die Filmpolitik der USA wird im folgenden ein wichtiges Instrument: im 2. Weltkrieg, bei der Umerziehung von Nazi-Deutschland aber vor allem als Speerspitze von Ideen im kalten Krieg. Auffallend bei der amerikanischen Variante der Filmindustrie ist für Mattelart der offensichtliche Widerspruch zwischen dem Diktum des freien Informationsflusses einerseits und der Monopolisierung und staatlichen Verflechtungen mit dem Filmmarkt andererseits.

Anhand des Beispiels der amerikanischen Filmindustrie beleuchtet Mattelart exemplarisch, wie sich Marktmacht in der Kulturindustrie gegen Widerstände der UNESCO und der französischen Filmindustrie durchsetzt.
Die UNESCO spielte gerade in den 60er Jahren eine fragwürdige Rolle bei ihrem streben nach Modernisierung von Entwicklungsländern. Hier trat das zutage, was am Ende des Jahrzehnts vielstimmig als Kulturimperialismus kritisiert wurde. Gegen diesen Imperialismus protestierten dann ja auch – wie Mattelart beschreibt – Filmemacher wie Godard oder das sogenannte „neue lateinamerikanische Kino“. Die „Vielfalt“ schlug also zurück und die Kulturen als Quelle der Kreativität begannen sich zu rehabilitieren. Jedenfalls häuften sich die Konflikte um eine postkoloniale Kommunikationsordnung.

Interessant in Mattelarts Analyse ist sein Versuch zur Differenzierung der Begriffe Kultur und Kommunikation. Diese vermag er auch an ganz aktuellen Beispielen zu illustrieren:

ZITAT: S. 94: „Die List der Geschichte ... zu reduzieren sucht.“


Mattelart streift bei seinen Ausführungen die Werke wichtiger Vordenker, von Adorno und Benjamin über Sartre bis Roland Barthes und Michel Foucault -
bleibt dabei aber immer klar und verständlich.



Deshalb ist das Buch nicht nur für Studierende der Medien-, Kultur- oder Kommunikationswissenschaft interessant, sondern für alle die sich mit dem Thema Globalisierung beschäftigen. Und das sollten möglichst viele sein, wie Matellart resümiert:

Zitat Seite 149: „Wer sich auf sein Spezialgebiet... überlassen dürfen.“

Mattelart illustriert seine Ausführungen immer wieder durch Hintergründe und Beispiele, die über das Thema Film und Kommunikation hinausgehen und Parallelen zum Beispiel zur Kriegsführung in Vietnam oder der Verbreitung von Marken wie Coca Cola oder McDonalds aufzeigen.
Neben einer chronologischen Entwicklung im herrschenden politischen Diskurs zeigt de Autor aber auch auf, wie sich die Bedingungen für die Entstehung sozialer Bewegung verändert haben und wie heute interkulturelle Austauschprozesse funktionieren. Dazu warnt er nicht zuletzt vor einer „Geschichtsvergessenheit“ die mit der Resignation vor dem Augenblicklichen einhergehe. Er hilft dem Leser mit seiner historisch fundierten Analyse auch die Vielgestaltigkeit der neuen globalen Verhältnisse zu denken. Außerdem stellt Matellart hier die richtigen, wichtigen Fragen, zum Beispiel „Wogegen und Wofür Widerstand zu leisten ist“ oder „welchen Bezugspunkt das Konzept der kulturellen Vielfalt auf der Suche nach einer neuen Weltordnung bieten kann“. Gerade deshalb ist das Buch so lesenswert.


Abmoderationsvorschlag:

Das Buch Kultur und Globalisierung von Armand Mattelart ist im Züricher Rotpunktverlag erschienen. 168 Seiten sind für 19 EURO 50 zu haben.

Kommentare
04.01.2007 / 01:51 Michael Liebler, Radio Z, Nürnberg
gespielt in Stoffwechsel
...am 03.01.2006 bei Radio Z
 
04.01.2007 / 13:35 Bernd, Radio Blau, Leipzig
Radio blau
Gesendet bei Aktuell am 03.01.
 
04.01.2007 / 13:35 Bernd, Radio Blau, Leipzig
Radio blau
Gesendet bei Aktuell am 03.01.
 
12.01.2007 / 15:23 m&i,
gesendet im zip 0070112