Lora aus dem EineWeltHaus vom 25.5.2009

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Zusammenstellung von Nachrichten aus dem linken, antifaschistischen, antikapitalistischen und queeren Spektrum für Radio Lora innerhalb der Sendereihe "Lora aus dem EineWeltHaus" in München
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12:48 min, 12 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 25.05.2009 / 15:18

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Klassifizierung

Beitragsart: Nachricht
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Serie: Lora aus dem EineWeltHaus
Entstehung

AutorInnen: Felicitas Hübner
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 25.05.2009
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Nachrichten von Lora aus dem EineWeltHaus
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BRASILIEN
Dekret lockert Umweltauflagen der Industrie

Die Regierung unter Präsident Lula da Silva hat ein weiteres Mal dem Druck der Industrie nachgegeben und die ohnehin nicht strengen Umweltrichtlinien für Bauvorhaben gelockert. Das neue Dekret legt fest, dass ein Unternehmen, das ein umweltbelastendes Projekt durchführen will, eine Gebühr in Höhe von maximal 0,5 Prozent der Investitionssumme an eine Umweltorganisation abführen muss.

Das bislang gültige Dekret sah vor, dass Unternehmen eine Gebühr von mindestens 0,5 Prozent abführen mussten. Diese Umwandlung wird dazu führen, dass Unternehmen der Umweltverträglichkeit ihrer Aktivitäten noch weniger Beachtung schenken werden, da sie wissen, dass eventuelle Zusatzkosten beschränkt und kalkulierbar sind.

Vor einem Jahr war die engagierte Umweltministerin Marina Silva zurückgetreten. Sie war es offenbar leid, immer wieder Konzessionen in ihrem Ministerium zugunsten der Unternehmen hinnehmen zu müssen. Ihr Nachfolger Carlos Minc hat es bislang auch nicht vermocht, die Belange der Ökologie im Rahmen der industriefreundlichen Politik Lulas effektiv zu vertreten. Insbesondere bei der Frage der Abholzung im Amazonasgebiet hat er bereits mehrere Rückschläge hinnehmen müssen. Offenbar hat für die Regierung das Investitionsförderprogramm PAC so eindeutig Priorität, dass diesem mit fragwürdigen Großprojekten gespickten Konjunkturprogramm alle Hindernisse aus dem Weg geräumt werden.

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Peru
Homosexuelle sind unerwünscht


Seit 2 Wochen ist es Gesetz, dass Homosexuelle nicht mehr als Polizist_innen arbeiten dürfen. Die Innenministerin Mercedes Cabanillas argumentierte, dass Beziehungen zwischen Menschen gleichen Geschlechts durch »ihre Taten einen Skandal verursachen« und dem Ansehen der Behörden schaden würden. Heterosexuelle, die durch ihr Sexleben auffällig werden, sollen ebenfalls entlassen werden. Im Februar wurden vier Polizistinnen suspendiert, da im Internet ein Video auftauchte, in dem sie mit nacktem Oberkörper in einer Polizeidienststelle tanzten.

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Frankreich

Schießerei in Pariser Banlieues


Die Cité des 4.000 (quatre mille) ist eine an Paris angrenzende Plattenbausiedlung. Auch wenn dort derzeit Renovierungsarbeiten stattfinden, die die Lebenssituation der Einwohner_innen verbessern sollen, gilt die Trabantenstadt der französischen Öffentlichkeit als Sinnbild für die Misere der Banlieues. Hier hielt der damalige Innenminister Nicolas Sarkozy 2005 seine berüchtigte Rede, in der er versprach, die Siedlung »mit dem Kärcher« – einem Hochdruckreiniger deutschen Fabrikats – von Dealern, Kriminellen und illegalisierten Migranten »zu säubern«.

In der Nacht vom 16. Auf den 17. Mai stoppten zwei quergestellte Autos einen Gefangenentransporter der Polizei. Aus einem der Autos stieg ein Mann und beschoss die Polizisten mit einer Kalaschnikow. Ein Mann, der am Tag zuvor in der Cité festgenommen worden war, konnte daraufhin aus dem Gefangenentransport entkommen.

Am 17.5. durchkämmte ein mit Pump-Guns und Maschinenpistolen ausgestattetes Großaufgebot der Polizei die Siedlung. Dabei wurden nach offiziellen Angaben zehn Kilogramm Haschisch und 20 offenbar gestohlene Mobiltelefone gefunden. Waffen wurden keine entdeckt. Aussagen des Leiters der Polizeidirektion zufolge stellt »der Einsatz von Kriegswaffen eine neue Qualität« der Gewalt in den Banlieues dar. Allerdings betonen die Behörden, dass der Gebrauch von Kalaschnikows nicht im Zusammenhang mit sozialen Unruhen stehe, sondern von der organisierten Kriminalität ausgehe.

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Wahlen in Indien

Vier Wochen lang wurde in Indien gewählt, 428 Millionen Menschen haben sich beteiligt. Als Siegerin ging die von der Kongresspartei angeführte Regierungskoalition mit 260 Parlamentssitzen aus den Wahlen hervor. Sonia Gandhi, die Vorsitzende der Kongresspartei, wunderte sich nicht über das Ergebnis, denn »die Menschen in Indien« würden immer die »richtige Entscheidung treffen«. Die hindu-nationalistische BJP räumte ihre Niederlage ein, sie erzielte 157 Sitze. Entgegen den Erwartungen hat die Linke in ihren Hochburgen in West-Bengalen die schlechtesten Ergebnisse seit 30 Jahren erzielt. Obwohl zum Schutz der Wähler_innen 2,1 Millionen Sicherheitskräfte im Einsatz waren, wurden 50 Menschen, vor allem von maoistischen Gruppen, getötet.


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Deutsche liegen im Ökologie-Ranking auf Platz 10

Da trennen die Deutschen schon den Müll, bringen das Dosenpfand weg, gehen mehr zu Fuß als die Bewohnerinnen und Bewohner anderer Länder – und trotzdem landen sie nur auf Platz 10 in Sachen Ökologie. Der Grund: Sie trinken zu viel Wasser aus Flaschen. Für die Herstellung und den Transport von einem Liter Trinkwasser in Flaschen, wie es von 68 Prozent der Deutschen bevorzugt wird, werden bis zu 0,3 Liter Erdöl verbraucht. Zum zweiten Mal befragte die US-amerikanische National Geographic Society für ihren »Greendex« jeweils 1.000 Verbraucher_innen in 17 Ländern zu ihren Gewohnheiten. Indien, Brasilien und China belegten die vorderen Plätze beim Öko-Ranking, die USA den letzten.

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Deutschland

Veranstaltung der Lebensschützer in Ulm abgesagt

Auf den „1000-Kreuze-Märschen“ protestieren sich so nennende Lebensschützer_innen gegen Abtreibung.
Im letzten Jahr wurde in München und Berlin diesen Märschen mit vielfältigen Gegenaktionen begegnet.

In Ulm wollten die Lebensschützer am 30. Mai eine ihrer scheinheiligen Prozessionen durchführen. Mit dabei wäre auch Militärbischof Walter Mixa gewesen, der durch Vergleiche von Abtreibung und dem Holocaust von sich reden machte und den Atheismus als Ursache für den Nationalsozialismus erkannt hat.
Nun ist es EuroProLife in Ulm wohl zu stressig geworden, um sich ungestört und friedlich der Rettung ungeborener Seelen widmen zu können.

In einer Pressemitteilung teilt EuroProLife mit, dass die 100. Gebetsvigil für das Leben in Ulm/Neu-Ulm sowie das komplette Rahmenprogramm abgesagt wurden.
Nach den schweren Zusammenstößen zwischen Gruppierungen der linken und rechten politischen Szene am 1. Mai 2009 in Neu-Ulm herrsche ein aufgeheiztes Klima vor. EuroProLife befürchtet, dass ihre Gebetsveranstaltung von beiden Lagern als Plattform missbraucht würde, um ihre aggressiven Gefechte fortzusetzen.

Die nächsten Veranstaltungen der Lebensschützer_innen sind für den 6. Juni in Fulda, den 26. September in Berlin und den 10. Oktober in München geplant.

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Kämpfe in Sri Lanka

Die Kapitulation war nur noch eine Frage der Zeit. Am 17.5. hat die Offensive des singhalesischen Militärs ihr Ziel offenbar erreicht. Der Höhepunkt fand vor drei Wochen mit der Einkesselung von Guerilla-Kämpfern und 50.000 Zivilisten in einem schmalen Küstenstreifen statt. Die Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) haben ihre Niederlage eingestanden. LTTE-Anführer Prabhakaran soll bei einem Raketenangriff getötet worden sein. Das jedenfalls behauptet die Armee. Überprüfbar waren die Angaben zunächst nicht, weil die Regierung Journalisten und NGO den Zugang zum Kriegsgebiet untersagt hatte. In den vergangenen Monaten sind bei den Kämpfen in Sri Lanka mehr als 8.000 Zivilisten ums Leben gekommen, 250.000 Menschen befinden sich auf der Flucht. In Deutschland protestierten am vorletzten Wochenende mehrere Hundert Tamilen in Frankfurt, Düsseldorf und München. Sie blockierten Bahnhöfe, in München auch Straßen. Die Polizei löste diese Blockade auf.

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Deutschland

Antifaschistische Städtetour vorzeitig abgebrochen!

Am 23.05.2009 musste eine Demonstrationstour in den Städten Waiblingen, Böblingen und Stuttgart aufgrund massiver Polizeiangriffe frühzeitig abgebrochen werden.
Die Tour fand im Rahmen einer längerfristig angelegten Kampagne gegen die NPD und Naziumtriebe im Großraum Stuttgart statt. Organisiert werden die Aktivitäten von der Initiative „Nazis keine Basis bieten“, an der sich die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der AntifaschistInnen (VVN/BdA), das Antifaschistische Aktionsbündnis Stuttgart & Region (AABS), die Linke, die Revolutionäre Aktion Stuttgart, die Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart beteiligen.

In Stuttgart, der letzten Station der Tour, zeigte die Polizei von Anfang an eine massive Präsenz. Mehrere Polizeizüge sowie eine Reiterstaffel standen auf dem Kundgebungsplatz.
Bereits nach wenigen Minuten stürmten Polizisten in die Kundgebung, um eine Fahne zu beschlagnahmen, da diese zum Eigenschutz verwendet werden könne.
Eine Person wurde festgenommen. Sich solidarisieren wollende Menschen wurden mit Pferden vertrieben, wobei mindestens ein Antifaschist verletzt wurde.
Nachdem sich die Situation beruhigt hatte, wurden Redebeiträge gehalten.

Da die Polizei jedoch weiterhin aggressiv auftrat, wurde die Demo abgebrochen, weil die Sicherheit der Teilnehmer_innen nicht mehr gewährleistet werden konnte.

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Brasilien hat die meisten Analphabet_innen des lateinamerikanischen Kontinents

Nach Angaben der Lateinamerikanischen Kampagne für das Recht auf Bildung Clade gibt es in ganz Lateinamerika 35 Millionen Analphabet_innen. Ein Drittel davon lebt in Brasilien. 14 Millionen Brasilianer_innen, die 15 Jahre oder älter sind, können nicht lesen und schreiben.

Laut der Studie von Clade gibt es auf Kuba die niedrigste Rate von Analphabetismus. Dort hat das kubanische Alphabetisierungsprogramm “Ja, ich kann” die Zahlen stark reduziert.

Für den peruanischen Erziehungswissenschaftler José Ruivero liegt eine Erklärung für die anhaltend hohe Rate des Analphabetismus in Lateinamerika in den großen sozialen Ungleichheiten.

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Letzte Meldung

Palästina- und Israel-Strände am Wiener Donaukanal

Zum 100. Geburtstag von Tel Aviv haben die israelische Botschaft und die Stadt Wien am Donauufer die Feiermeile »Tel Aviv Beach« installiert, wo während des ganzen Sommers ein Kulturprogramm mit Filmen, Diskussionen und Lesungen stattfinden wird.
Mit dem Projekt sollen Tourist_innen angeworben und das Image Israels verbessert werden.

Gegen das Projekt demonstriert die Initiative »Gaza muss leben« auf der gegenüberliegenden Seite des Kanals mit der Einrichtung des temporären Stadtstrandes »Gaza Beach«.

Während am Gaza-Strand demonstriert wird, wird am Tel Aviv Beach gefeiert. Absperrungen, militärische Angriffe sowie Nahrungsmittel- und Energiemangel auf der einen Seite, Liegestühle, Häppchen und Clubsounds auf der anderen.

In einer Mitteilung der Initiative »Gaza muss leben« heisst es, dass sich die Wienerinnen und Wiener nicht nur am Tel-Aviv-Beach sonnen könnten. Sie hätten auch die Möglichkeit, den Gaza-Beach kennen zu lernen. Dort ginge es freilich nicht so „vergnüglich“ zu.
Die Initiative »Gaza muss leben« kooperiert mit der »Antiimperialistischen Koordination« (AIK).

Zur offiziellen Eröffnungsparty des Tel Aviv Beach am vorletzten Wochende fand die erste Protestkundgebung der Initiative »Gaza muss leben« statt.
Die Nahost-Konflikt-Simulationen sollen fortgesetzt werden.