FSC - Was steckt hinter der Waldzertifizierung?

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Wir berichten darüber, was die FSC-Zertifizierung bedeutet.
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Upload vom 11.02.2012 / 16:57

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Klassifizierung

Beitragsart: Kommentar
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich:
Serie: Grünfunk (Greenpeace München)
Entstehung

AutorInnen: Anne S. (Greenpeace München)
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 25.11.2010
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Möglichst platzsparend beschrieben, mit einer durch viele Kürzel kompakt gehaltenen Schrift und nicht selten nach dem Abschaben der oberen Schicht wiederverwendet, so sah ein mittelalterliches Dokument aus. Der Grund für diesen sparsamen Umgang mit dem Schreibmaterial lag in seiner Herstellung. Für eine Bibel etwa mussten rund 500 Schafe ihr Leben lassen, damit aus ihrer Haut das wertvolle Pergament und damit die Seiten des Buches fabriziert werden konnten. Heute ist das anders, unsere Bücher sind vegan und das Papier billig, doch für die Natur hat es seinen Preis. Weltweit wird fast jeder zweite gefällte Baum zu Papier verarbeitet. Nicht selten werden, um an das Holz zu gelangen, einmalige Naturwälder abgeholzt.

Ähnlich dem Biosiegel für Lebensmittel gibt es seit 1993 eine Zertifizierung für Holz, die dem Käufer erlaubt Produkte zu erkennen, deren Holz aus ökologisch verantwortungsvoll bewirtschafteten Wäldern stammt. Das Siegel zeigt einen stilisierten Baum. Die linke Seite dieses Baums hat zugleich die Form eines Häkchens, ähnlich dem Korrekturzeichen für eine richtig gelöste Aufgabe. Darunter steht FSC, Forest Stewardship Council, übersetzt in etwa: Rat für verantwortungsbewussten Umgang mit Wäldern. Gegründet wurde diese Organisation ein Jahr nach dem Umweltgipfel in Rio von Vertretern verschiedenster am Wald interessierter Gruppen, wie Umweltorganisationen, indigenen Völkern, Menschenrechtsorganisationen und Unternehmen der Forst- und Holzwirtschaft. Ziel war und ist die Umsetzung der Agenda 21, dieses in Rio beschlossenen Aktionsprogramms u.a. zur nachhaltigen Nutzung der Wälder. In vielen Regionen besteht konventionelle Waldwirtschaft noch immer aus Raubbau, Kahlschlag, oder Umwandlung von tropischen Wäldern in Monokulturen. Mit dem FSC gründete sich erstmals ein weltweites Zertifizierungssystem mit verbindlichen Prinzipien und Kriterien für eine umweltgerechte, sozial verträgliche und wirtschaftlich tragfähige Waldwirtschaft. Unabhängige Prüfer sollen gute Waldbewirtschaftung bescheinigen und die Handelskette vom Wald bis zum Endprodukt kontrollieren. Auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene ist die Organisation in ein Drei- Kammer-System geteilt, bestehend aus Umwelt-, Sozial- und Wirtschaftskammer. So nehmen alle relevanten Gruppen an Entscheidungen teil. Um die Unabhängigkeit zu garantieren finanziert sich der FSC nicht aus Zertifizierungsgebühren, sondern aus Mitgliederbeiträgen, Spenden und Projektgeldern.

Ein weltweit gültiges Zertifizierungssystem zu schaffen ist natürlich keine einfache Aufgabe. Die geologische, politische und wirtschaftliche Situation unterscheidet sich von Land zu Land und sogar innerhalb eines Landes erheblich. Daher bemüht sich der FSC um die Gründung von nationalen FSC-Arbeitsgruppen, deren Aufgabe es ist, die allgemeinen Prinzipien und Kriterien an nationale bzw. regionale Verhältnisse anzupassen und sogenannte „Nationale Standards“ zu entwickeln. Auch diese nationalen Arbeitsgruppen müssen nach dem Drei-Kammer-System eingerichtet werden, das heißt auch hier muss Wirtschaft, Umwelt und Soziales vertreten sein. Die so regionalspezifisch entwickelten Nationalen Standards müssen dann wiederum vom internationalen FSC anerkannt werden.

Zu den zehn grundsätzlich und überall gültigen Prinzipien des FSC gehören beispielsweise das Respektieren der Rechte der indigenen Völker, der Erhalt der biologischen Vielfalt, der Wasserressourcen und der Böden, der Schutz von Urwäldern und eine angemessene Überwachung und Beurteilung der Bewirtschaftung. Plantagen sind als Ergänzung zu naturnahen Bewirtschaftungsformen erlaubt, da angenommen wird, dass diese den Druck auf Naturwälder mindern. Unter die für Deutschland ausgearbeiteten Standards fallen Kriterien wie das Verbot von gentechnisch manipulierten Organismen und von Dünge- und Schädlingsbekämpfungsmitteln. Der Einschlag darf nur in Einzelstämmen oder Baumgruppen erfolgen, Kahlschläge sind nicht erlaubt. Nur eingeschränkt ist die Einbringung von fremdländischen Baumarten gestattet, wie zum Beispiel der in Nordamerika und Ostasien beheimateten Douglasie. Spechtbäume und andere Biotopbäume müssen von der forstlichen Nutzung ausgenommen werden. Kurzum: Es soll nicht mehr eingeschlagen werden als nachwachsen kann und zudem sollen die ökologischen Funktionen eines bewirtschafteten Waldes erhalten werden.

In Deutschland sind bis heute rund 756.000 Hektar Wald nach den Richtlinien des FSC zertifiziert, das entspricht 7% der gesamten Waldfläche Deutschlands. Dabei sind alle Waldbesitzarten vertreten: Bundes-, Staats-, Kommunal-, Privat-, Stifungs- und Kirchenwald. Weltweit wurden bisher in 82 Ländern etwa 116 Millionen Hektar Wald mit dem FSC-Siegel ausgezeichnet.

Zu den zertifizierten Produkten gehört nicht nur Papier, sondern alles, was aus dem Holz dieser Wälder hergestellt wird, also z.B. Möbel oder Spielzeug. Häufig findet sich nicht nur das FSC-Siegel auf dem Produkt, sondern entweder zusätzlich oder ausschließlich das PEFC-Siegel. PEFC ist ebenfalls eine Organisation ohne finanzielle Interessen, wurde 1999 gegründet und ist die größte Dachorganisation für Waldzertifizierung. Allerdings gilt PEFC als weniger glaubwürdig verglichen mit FSC. Das hängt damit zusammen, dass PEFC den Waldbesitzern die Teilhabe durch Anmeldung bietet und es keine individuelle Kontrolle vor Vergabe des Zertifikats gibt. Später werden lediglich Stichproben durchgeführt. PEFC zertifiziert außerdem nicht einzelne Wälder, sondern ganze Regionen und hat geringere Ansprüche an die ökologische Qualität des Waldes und an soziale Standards. Regularien für die Rechte indigener Bevölkerungsgruppen gibt es keine. Wie wenig aussagekräftig dieses Siegel ist, beweist auch eine Studie von Greenpeace Finnland, wo in über 50 Fällen zerstörerische Waldnutzung unter dem Deckmantel der PEFC-Zertifizierung nachgewiesen wurde.

Aber auch das FSC- Siegel ist nicht unproblematisch, denn die Nachfrage nach FSC-zertifiziertem Holz ist in Deutschland höher als das, was die deutschen Wälder oder die der Nachbarländer hergeben. Es gibt also nicht genügend regionales FSC-Holz. So wird ein großer Teil von weit her, etwa aus Tropenwäldern, importiert. Die sind zwar FSC-zertifiziert, doch schadet der hohe CO2-Ausstoß durch den Transport wiederum dem Klima. Außerdem darf auch Papier das Label tragen, dessen Fasern nicht vollständig aus FSC-Quellen stammen. 30% darf dieser Anteil an sogenannten „kontrollierten Fasern“ sein. Kontrolliert heißt in diesem Fall, dass das benötigte Holz nicht aus FSC-Wäldern, aber auch nicht aus Raubbau stammt. Dieses Mischpapier erkennt man an dem Zusatz „Mix“ auf dem Label. Seit 2009 ist es auch möglich, dass die Menge an FSC-Holz registriert wird, die zum Beispiel ein Zellstoffwerk einkauft und der so FSC-zertifizierte Betrieb die Endprodukte dann in entsprechender Menge zu einem beliebigen Zeitpunkt kennzeichnen kann. Es ist also nicht mehr garantiert, dass das eingekaufte Holz tatsächlich aus einem ökologisch bewirtschafteten Wald stammt. Garantiert ist hierbei aber, dass nicht mehr Holz gekennzeichnet wird, als in FSC-Wäldern geschlagen wurde.
FSC ist also nicht gleich FSC. Den Unterschied erkennt man im Kleingedruckten.