Letzter Tag des WSF 2011 in Dakar, Teil 2: Die Abschlussveranstaltung, ein Rückblick – ein Ausblick und die Wichtigkeit des Weltsozialforums

ID 39404
 
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Die Forderungen, die das WSF seit 10 Jahren aufstellt, werden vom G20 übernommen aber nicht umgesetzt. Hat sich das WSF überlebt?
In Dakar wurden zentrale Fragen vertieft, wie Migration, Diaspora und das Recht auf Bewegungsfreiheit. Die Rekolonialisierung durch die Aneignung von Land und Rohstoffen. Die Rolle der Frauen in den neuen Kämpfen für Befreiung.
Das WSF ist nach wie vor energiegeladen und voller Tatendrang.
Audio
13:11 min, 12 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 03.03.2011 / 20:05

Dateizugriffe: 873

Entstehung

AutorInnen: Bianca Miglioretto, AMARC
Radio: LoRaZH, Zürich im www
Produktionsdatum: 02.03.2011
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Jingle
Musik

Am Nachmittag des 11. Februars, dem Letzten Tages des WSF 2011 in Dakar fand auf der grossen Bühne auf dem Universitätsgelände von Dakar, die Abschlussveranstaltung des diesjährigen WSF's statt. Guisse Martial vom Internationalen Organisationskomitee situierte das Forum in den Kontext der vorhergegangenen Foren und hob seine Wichtigkeit, Schwerpunkte und neuen Diskussionen hervor.

O-ton

Das WSF von Dakar hat sich in den Prozess der Weltsozialforen eingereiht. Die Schwierigkeiten hier waren sehr gross, trotzdem hat dieses Forum viel erreicht und war ein grosser Erfolg.
Und das dank einem doppelten Wunder: Das Wunder der Entwicklungen der Weltsozialforen, die vielen sozialen Organisationen, die sich in ihrer Vielfalt an alle Schwierigkeiten hier anpassen konnten. Und das zweite Wunder, die Teilnahme des Afrikanischen Volkes. Die Afrikanischen Leute haben uns gleich zwei riesige Geschenke gemacht: Zuerst die wunderbare Eröffnungsdemonstration am ersten Tag, die eine der grössten und wichtigsten von Dakar war. Und zum Abschluss des Forums gab es ein weiteres riesiges Geschenk. Zur Stunde dieser Abschlussveranstaltung, erreicht uns die Nachricht dass der Diktator Mubarak zurückgetreten ist. Das Ägyptische Volk zeigt uns, dass mit dem Kampf für Freiheit und Demokratie, mit friedlichen Mitteln, eine Diktatur oder zumindest einen Diktator zum Fall gebracht werden kann.

O-Ton

Vor der Abschlussveranstaltung fanden die Versammlungen zu den 12 transversalen Themen des Weltsozialforums statt. Alle Organisationen, die zum Beispiel zum Thema Kommunikation arbeiten, trafen sich und verabschiedeten eine gemeinsame Erklärung oder Plattform.
An der Abschlussveranstaltung wurde kurz über diese 12 Versammlungen berichtet. Im Folgenden der Bericht der Afrikanischen Versammlung:

O-Ton

Liebe Freunde ich habe eine gute Nachricht: Der Kapitalismus befindet sich in der Selbstzerstörung und diejenigen, die nach Davos gehen werden in der Erinnerung krepieren, denn die Zukunft findet hier statt.
Die Afrikanischen Bewegungen haben sich heute morgen getroffen, um die Resultate der Veranstaltungen und Workshops der letzten vier Tage untereinander auszutauschen:
Die TeilnehmerInnen und Teilnehmer fühlen sich gestärkt durch die riesige Demonstration und die hohe Qualität der Debatten, die trotz den vielen Schwierigkeiten, die bereits erwähnt wurden, statt gefunden haben.
Sie unterstreichen ihre Entschlossenheit, das soziale und politische Bewusstsein zu stärken, um ein anderes Afrika zu erreichen.
Dabei handelt es sich nicht um irgend ein Afrika. Das Afrika von dem wir träumen ist ein vereintes, unabhängiges und souveränes Afrika der Völker. Ein demokratisches Afrika, dass seine Zukunft selbst bestimmt. Das ist die grosse Herausforderung, der sich die sozialen Bewegungen von Afrika stellen.

O-ton
Musik

Die Venezuelanische Band Ritual Negro spielte an der Abschlussveranstaltung.

Musik

Immer wieder sind kritische Stimmen gegen das Weltsozialforum zu hören, das ihm der Energie verloren gegangen sei, das es nicht ernst genommen werde und nichts erreiche. Guisse Martial vom internationalen Organisationskomitee meinte dazu:

O-ton

Das WSF sprüht immer noch vor Energie. Und denen, die behaupten, dass das WSF überholt sei, weil unsere Argumente vom G20 übernommen werde . Ja das stimmt, unsere Forderungen, die wir seit 10 Jahren stellen, wie die von Attac geforderte Steuer auf Finanztransaktionen, die Aufhebung der Steuerparadiese und die Kontrolle der Finanzinstitute werden vom G20 übernommen. Dies ist ein Beweis dafür, dass wir ernst genommen werden. Gleichzeitig sind wir uns bewusst, dass dies reine Lippenbekenntnisse sind, ohne die Absicht diese Forderungen umzusetzen. Deshalb reagieren wir seit dem WSF in Belem in 2008 auf zwei Arten darauf reagiert. Einerseits müssen wir den Druck verstärken, damit sie gezwungen werden, diese Forderungen umzusetzen und andererseits haben wir in Belem festgehalten, dass wir uns in einer Zivilisationskrise befinden. Der Kampf der Indigenen Völker und der Kampf für den Umweltschutz, macht uns deutlich, dass die herrschenden Zivilgesellschaft, durch ihre eigenen Werte in Frage gestellt wird.

O-Ton

Am Forum von Dakar haben wir auch einigen fundamentalen Fragen weiterentwickelt, die schon früher diskutiert wurden, aber hier vertieft wurden. Die Frage der Migration, Diaspora und Bewegungsfreiheit. Die Frage einer neuen Welle der Rekolonialisierung durch die habgierigen Aneignung von Land und Rohstoffen Die Rolle der Frauen im Kampf um Freiheit.

O-ton

Die Rechte von Migrantinnen und Migranten und das Recht auf Bewegungsfreiheit für alle, war sehr präsent am Forum in Dakar. Im Folgenden der Bericht der Versammlung der Migrationsorganisationen:

O-Ton

Genossinnen und Genossen, das WSF in Dakar und die Weltcharta zu Migration, die am 11. Februar auf der Insel Gore unterzeichnet wurde, fordern: Die Ratifizierung und Umsetzung der UNO-Konvention über die Rechte von Arbeitsmigrantinnen und -migranten und ihre Familien. Reisefreiheit und das Recht sich dort niederzulassen wo jede und jeder will. Die Schliessung aller Flüchtlingslager und die Aufhebung aller Abkommen, die die Menschenrechte an den Grenzen verletzen. Wir verurteilen die Folgen der neo-kolonialen und neoliberalen Ausbeutung und wir halten fest, dass Migrantinnen und Migranten Vorreiterinnen und Vorreiter sind, für eine universelle Staatsangehörigkeit.

O-ton

Der Bericht der Versammlung der Frauenorganisationen war sehr kurz, weil die Versammlung an der Frage der Unterstützung des Kampfes der Saharouischen Frauen gegen die marokkanische Besatzung der West-Sahara gespalten war.

O-ton

Wir sind von zwei verschiedenen Dynamiken gekommen, der internationalen und der lokalen Dynamik in Senegal und haben einen reichen Austausch gepflegt. Dank der senegalesischen Gastfreundschaft haben wir gut zusammengearbeitet. Im Frauendorf herrschte ein reges Treiben und es war sehr heiss in klimatischer und politischer Hinsicht. Da wir uns auf einer Frage nicht einigen konnten, haben wir keine gemeinsame Erklärung verabschiedet. Aber wir haben das Engagement aller anwesenden Frauen, den Kampf fortzusetzen gegen Gewalt an Frauen, für die Selbstbestimmung der Frauen und die Souveränität all unserer Völker.

O-Ton

Abschliessend meinte Guisse Martial vom internationalen Komitee des WSF:

O-Ton

Das WSF von Dakar ist Teil einer neuen Entkolonialisierung, wie wir sie in Tunesien und Ägypten erlebt haben. Nach 50 Jahren staatlicher Unabhängigkeit eröffnet sich heute ein langer Marsch für eine neue Unabhängigkeit, diejenige der Völker.

O-Ton

Mit dieser senegalesischen Frauenmusik verabschiede ich mich vom WSF in Dakar, Senegal. Für AMARC International und Radio LoRa, Bianca Miglioretto.

Kommentare
17.02.2013 / 19:58 Sylvia Schmidt,
wird gekürzt gesendet 03.03.2013 zwischen 14-15h in der Sondersendung von radioflora.de
danke schön!