Schlemmertöpfchen Feine Gürkchen von Kühne

ID 41201
 
AnhörenDownload
Jede Woche stellt Radio F.R.E.I. in Zusammenarbeit mit abgespeist.de eine weitere Werbelüge der Nahrungsmittelindustrie vor. Heute: "Schlemmertöpfchen Feine Gürkchen von Kühne"
Audio
07:50 min, 11 MB, mp3
mp3, 192 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 27.05.2011 / 07:56

Dateizugriffe: 1013

Klassifizierung

Beitragsart: Feature
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Politik/Info
Serie: Aufgetischt - Die Werbelügen
Entstehung

AutorInnen: johannes
Radio: Radio F.R.E.I., Erfurt im www
Produktionsdatum: 27.05.2011
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Schlemmertöpfchen Feine Gürkchen von Kühne

„Erlesene Kräuter“, „Liebe“ und „Leidenschaft“ sind laut Etikett des Schlemmertöpfchens „Geschmacksgeheimnis“. Kühne rühmt sich zudem mit „besten, kontrollierten Rohwaren“. Aroma steckt trotzdem drin. Laut Kühne unvermeidlich, da die Gewährleistung hoher Qualitäts- und Geschmacksstandards sonst nicht möglich sei. Ist das nun ein Armutszeugnis oder nur eine ziemlich armselige Ausrede? Dass sich Gewürzgurken auch ohne Aromen herstellen lassen, beweisen zahlreiche Bio-Produkte. Die sind oft sogar günstiger sind als Kühnes vermeintlich erlesenes „Schlemmertöpfchen“.

Die Aromatisierung macht nicht bei den Gurken halt. Egal ob Gemüsekonserven, Senf oder Leberwurst. Schon längst sind viele vertraute, einfache Produkte mit den hochgradig verarbeiteten Geschmacksstoffen versehen, werden uns aber gleichzeitig als Traditions- oder „Premium-Produkte“ verkauft. Die Hersteller wollen ihre ganz normalen, industriell hergestellten Standardprodukte so zu höheren Preisen absetzen.

Gewürzgurken sind ein einfaches Produkt, das Menschen seit Jahrhunderten herstellen. Viel braucht es nicht: Gurken, Gewürze, Essigaufguss, fertig. Doch während Hersteller wie Kühne gern mit dem Image des einfachen Traditionsproduktes aus „besten natürlichen Zutaten“ hausieren gehen, haben die Lebensmitteltechnologen längst Hand an die gute alte Gewürzgurke gelegt: In den meisten Gurkenkonserven stecken inzwischen Aromen. Soviel also zu besten natürlichen Zutaten.

Aromen finden in unzähligen Produkten und inzwischen in den allermeisten Gurkenkonserven Verwendung. Kein Wunder, sie haben für die Industrie entscheidende Vorteile: Sie sind billiger als echte Gewürze und Kräuter, benötigen weniger Lagerkapazitäten, sie beschleunigen und vereinfachen den Produktionsprozess. Weitere Vorteile: Aromen gleichen nicht nur Geschmacksverluste aus, die bei der industriellen Verarbeitung entstehen, sondern bringen auch qualitativ unterschiedlichste Rohwaren auf einen einheitlichen Geschmack. Egal also, was in der Packung landet – am Ende schmeckt alles nach demselben Aroma.

Foodwatch-Experte Oliver Huizinga erklärt:

Huizinga1

„Kühne Schlemmertöpfchen – hier kommt nur beste Qualität ins Glas!“ heißt es auf Kühnes Website. Die „feinen Gürkchen“ aus „besten natürlichen Zutaten“ mit den „erlesenen Kräutern“ haben auch ihren Preis. Sie kosten etwa doppelt so viel wie viele andere Gewürzgurken, sind sogar deutlich teurer als zahlreiche Kühne-Produkte. Was bekommt man für den satten Aufpreis? Zugesetzte Aromen – wie in fast allen Kühne-Gurken. Nur mit aufwändigeren Etikett. Tja, so ein schönes Etikett und so ein ausgefuchstes Marketing gibt’s eben nicht umsonst!

Ein „Premiumprodukt“ aus „besten natürlichen Zutaten“ sei das Schlemmertöpfchen, so Kühne. Warum der umsorgte Schatz trotzdem Aromen statt einfach nur Gewürze enthält? Aromen haben vor allem einen Vorteil: sie sparen Kosten. Das würde Kühne natürlich nie zugeben und hat darum folgende Erklärung parat: „Naturbedingte Sachzwänge.“ Zur Gurkenreife stünden angeblich oft nicht genug Kräuter zur Verfügung. Liebe Firma Kühne, wenn das so ist, dann sollte man aber auch keine „Premium“-Werbung mit „besten natürlichen Zutaten“ machen.

Doch wie reagiert Kühne auf die Vorwürfe von Foodwatch? Oliver Huizinga erklärt:

Huizinga1

Wer dick aufträgt, muss sich auch an den selbstgesetzten Maßstäben und Versprechen messen lassen: Kühne verspricht für das „Schlemmertöpfchen“ nicht weniger als „beste natürliche Zutaten“, „erlesen“ gar, mit Hingabe und besonderer Sorgfalt verarbeitet. Dafür sollen Verbraucher einen satten Aufpreis zahlen. Aber was genau sind denn nun die „besten natürlichen Zutaten“, die den Premium-Preis wert sein sollen? Laut Kühnes Antwort an die Unterzeichner der abgespeist.de-Mitmachaktion ist das offenbar vor allem eine Frage der Geometrie und Ästhetik, denn ins Schlemmertöpfchen kämen „nur gerade gewachsene Cornichons mit einer genau festgelegten Größe“. Aha, gerade Gurken also – die haben natürlich ihren Preis, das ist verständlich. Daneben enthalte der Gurkentopf jedoch auch die „besten natürlichen Zutaten“ „Senfsaat, Zwiebeln, Pfefferkörner und Dillkräuter“ – das ist allerdings nicht gerade außergewöhnlich für Gewürzgurken. Und dann wären da natürlich noch die Aromen und der Farbstoff – Zutaten, die ein angebliches Premium-Produkt aus besten Zutaten doch eigentlich gar nicht brauchen sollte.

Woraus die Aromen im „Schlemmertöpfchen“ konkret bestehen, will Kühne nicht verraten. Der Hersteller verstrickt sich zudem in Widersprüche, was die Herkunft und die Zusammensetzung der Geschmacksstoffe angeht. In einem Schreiben an foodwatch vom August 2010 antwortete Kühne auf die Frage, welche Aromen im „Schlemmertöpfchen“ eingesetzt würden: „Die in unseren Schlemmertöpfchen enthaltenen Aromen werden ausschließlich aus pflanzlichen Rohstoffen gewonnen. Es handelt sich bei diesen pflanzlichen Rohstoffen allerdings nicht um solche, die frisch auch als Kräuter und Gewürze verwendet werden könnten.“ Im Schreiben an die Unterzeichner der Mitmach-Aktion heißt es plötzlich: „Der Gurkenaufguss wird abgerundet durch natürliche Aromen, die ausschließlich aus pflanzlichen Rohstoffen - nämlich aus Kräutern und Gewürzen - gewonnen werden.“ Ja, was denn nun?