Mein persönlicher Feind - die Plastiktüte

ID 41207
 
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Wie werden wir die Geister wieder los, die wir (in Form der Plastiktüte) riefen? Unser Beitrag ruft auf zum bewussten Umgang mit der eigentlich so praktischen, aber umweltpolitisch äußerst bedenklichen Plastiktüte.
Audio
08:30 min, 16 MB, mp3
mp3, 256 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 31.01.2012 / 12:29

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Klassifizierung

Beitragsart: Kommentar
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Umwelt
Serie: Grünfunk (Greenpeace München)
Entstehung

AutorInnen: Nicole Ritter (Greenpeace München)
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 26.05.2011
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Mein persönlicher Feind – die Plastiktüte


Ich kann es, auch nach so vielen Jahren, immer noch nicht fassen:
Im Kaufhaus wird der Lippenstift gekauft…..dann passiert´s….an der Kasse: „Möchten Sie ein kleines Tütchen dazu?“………“Oh ja, das wäre toll. Ja, sehr gerne!“
Der Lippenstift – selbstverständlich in der obligatorischen Originalverpackung – kommt in das kleine Plastiktütchen, das kleine Plastiktütchen kommt in die kleine Handtasche. Zuhause angekommen, wandert das kleine Plastiktütchen nach einigen Sekunden in den Müll, die Originalverpackung gleich hinterher. Meine Damen, wozu das?? Nur zur Erinnerung: der Kassenbeleg ist der Beweis dafür, dass Sie diesen Lippenstift nicht unrechtmäßig in Ihre Handtasche aus dem Kaufhaus entwenden wollten, nicht das Plastiktütchen!
Die Kommunikation zwischen Käufer und Verkäufer die Plastiktüte betreffend hat seltsame Formen angenommen.
Brauchen wir wirklich immer die Plastiktüte in der Handtasche? Denken wir vielleicht es wäre unhöflich sie abzulehnen? Oder ist es inzwischen in unserem Unterbewusstsein so fest verankert, dass wir etwas das uns umsonst angeboten wird, auf gar keinen Fall ablehnen dürfen? Schließlich ist das Leben teuer genug und wo gibt es heutzutage noch etwas umsonst?
Ich kann es auf jeden Fall schon seit Jahren nicht mehr hören: „Darf ich´s Ihnen einpacken?“ „Sie bekommen auch eine Tüte dazu.“ „Ich packe Ihnen das noch schnell ein.“
Ich antworte seit Jahren: „Nein, danke, nein, keine Tüte. Kein Plastik. Bitte bloß keine Plastiktüte. Ich habe immer, wie sich das gehört, meine Tasche dabei. Nein, vielen Dank. Nein!Nein!Nein!“
Nicht selten wird es trotzdem eingepackt……der Kunde hat keinen Willen zu haben, vor allem dann nicht wenn er bereits bezahlt hat. Denn wer will schon das schlechtgelaunte Gesicht eines Verkäufers sehen, der der alles wieder auspacken muß?
Oft selten höre ich das weit verbreitete Argument: ja, ich nehme doch die Plastiktüte als Müllsack noch mal her. Tja, nur leider hat die – noch dazu bedruckte – Plastiktüte aus dem Kaufhaus einen weitaus höheren Plastikanteil und somit eine wesentlich schlechtere Energiebilanz als der einfach Müllbeutel.
Und, liebe Leute, seid mal ehrlich: soooo schwer kann es doch wohl nicht sein, daß man, wenn man Einzukaufen geht, eine Tasche oder einen Korb mitnimmt, so wie früher halt. Oder, meine Damen, es gibt – man höre und staune – kleine faltbare Einkaufstaschen, die man in der Handtasche mit sich herumtragen kann, falls man dann doch mal unerwartet etwas einkaufen muss.
Sehen wir uns ein paar Zahlen und Fakten an:
Seit Anfang des Jahres sind in Italien die beliebten Plastiktüten verboten, von denen jeder Italiener pro Jahr 330 Stück verbraucht hat. Die Alternative in Italien ist nun die vermeintlich biologische Bio-Plastiktüte. Doch hat sie wirklich eine bessere Energiebilanz als eine Erdöl-Tüte?
Laut einer Pressemitteilung des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ist das ein reines Wunschbild, um das Gewissen der Bürger zu beruhigen. Plastik und Verpackungsmaterial wird weiterhin aus Erdöl gewonnen, wodurch es später aus dem kompostierbaren Müll gefischt und separat verbrannt wird. Die Herstellung von Bioplastik ist sehr energieintensiv und mit hohen Treibhausemissionen verbunden, deswegen lässt sich im Vergleich zu konventionellen Kunststoffen auch keine bessere Ökobilanz nachweisen. Deswegen ist hier Bio gleich Erdöl, man spart sich lediglich die Gewissensbisse des nicht-umweltbewussten Verbrauchers.
Die einzige Möglichkeit zum Umweltschutz und zur Ersparnis von Erdöl besteht darin, Verpackungsmaterialien und Tragetaschen z.B. aus Stoff zu benutzen. Diese haben weitaus bessere Ökobilanzen und können jahrelang verwendet werden. Man muß sich erst mal klar machen , daß eine Kunststofftüte im Durchschnitt 25 Minuten lang benutzt wird.
In Ländern, in denen es keine Verwertungssysteme für Abfall und Wertstoffe gibt, gelangt die Plastiktüte nach ihrem Gebrauch unkontrolliert in die Umwelt. Der Zersetzungsprozess dauert je nach Plastiksorte zwischen 100 und 500 Jahren.

Ein Blick in andere Länder.
2002 hat Irland eine Steuer auf jede Plastiktüte von 15 Euro-Cent eingeführt. Dies führte zu einer neunzigprozentigen, jawohl: neunzigprozentigen Verringerung der Verwendung von Plastiktüten und verstärkte den Einsatz von wieder verwendbaren Taschen. Der Erlös dieser Steuer floß in Umweltprojekte.
In San Francisco wurden 2007 Kunststofftüten per Stadtratsbeschluss verboten. Im Jahr zuvor waren dort noch 180 Millionen Kunststofftüten verteilt worden. In Los Angeles beschloss der Stadtrat ein Plastiktüten-Verbot, das seit 2010 gilt. In der DDR waren westliche Kunststofftüten von offizieller Seite aus anderen Gründen nicht gerne gesehen. Schüler wurden manchmal aufgefordert, die Tüte zu wenden, d. h. die Werbeaufschrift nach innen zu tragen. Der Gesamtverbrauch hielt sich in Grenzen.
In der gesamten Türkei sind Plastikeinkaufstaschen ein großes Umweltproblem. Derzeit verwendet jeder Türke im Durchschnitt 1,2 Beutel pro Tag, von denen viele nicht ordnungsgemäß entsorgt werden.
Plastiktüten sind im Inselstaat Papua-Neuguinea seit 2003 offiziell verboten. Grund ist die zunehmende Verschmutzung der Umwelt durch weggeworfene Plastiktüten.
Australien will die Kunststofftüten mit einem Totalverbot abschaffen. Derzeit werden dort etwa 4 Milliarden Kunststofftüten jährlich verteilt. Soweit die Auslandsbilanz.
Ich wollte einmal wissen, wie denn das „Plastiktütenverhalten“ bei uns in den so genannten Bio-Läden aussieht und habe dazu Anneliese Oberpriller vom Tagwerk in Dorfen befragt.
- INTERVIEW -