Die Plastikflasche - Fluch oder Segen?

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Wie umweltfreundlich ist denn nun die Plastikflasche? Kommt darauf an - Einweg oder Mehrweg, das macht den Unterschied. Hierzu und mehr dieser Beitrag.
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07:42 min, 14 MB, mp3
mp3, 256 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 31.01.2012 / 12:29

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Klassifizierung

Beitragsart: Kommentar
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Umwelt
Serie: Grünfunk (Greenpeace München)
Entstehung

AutorInnen: Anna Bäumner (Greenpeace München)
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 26.05.2011
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Die Plastikflasche

Knapp 130 Liter Mineralwasser trinkt der Durchschnittsdeutsche im Jahr – immer häufiger aus einer Flasche aus Poly-Ethylen-Terephthalat, kurz PET. PET-Flaschen sind ja auch wahnsinnig praktisch! Sie sind viel leichter als Glas, daher einfach zu transportieren und verbrauchen aufgrund ihres geringeren Gewichtes beim Transport weniger Energie. Außerdem macht die flexible Beschaffenheit des Materials die Flasche unzerbrechlich.
Und wer schon einmal lange an der Leergutannahme Schlange gestanden hat, um seine Pfandflaschen zurückzubringen, der hat sich vielleicht gefragt, was mit diesen unzähligen Plastikflaschen passiert. Eine PET-Flasche kann schließlich bis zu 25 Mal wiederverwendet werden, danach landet sie im Recycling.

Kunststoffe bestehen aus langen Molekülketten. Das heißt viele hunderte Moleküle sind zu Ketten verknüpft. Diese Ketten können untereinander entweder stark verknüpft oder - wie im Falle von PET - nur relativ leicht verbunden sein. Entscheidend für die Art des Recyclings ist das Verhalten der Moleküle beim Erhitzen. Man unterscheidet zwischen dem werkstofflichen Recycling, dem rohstofflichen Recycling und dem thermischen Recycling.
Beim werkstofflichen Recycling zerkleinert man die Plastikflaschen mechanisch und schmelzt das entstehende Granulat ein. Hierbei werden die einzelnen Molekülketten voneinander getrennt und können sich neu anordnen, also auch eine neue Flasche formen. Allerdings werden einige dieser Ketten beschädigt, weshalb der recycelte Kunststoff eine geringere Qualität besitzt. Verbessern lässt sich dies zum einen durch eine gute Sortierung der Ausgangsstoffe, damit möglichst gleiche Molekülketten vorliegen. Oder durch den Zusatz von fabrikneuem Kunststoffgranulat, wobei dieser Anteil bis zu 70 % betragen kann.

Innerhalb des rohstofflichen Recyclings werden die Plastikflaschen bereits auf 600° bis 900° erhitzt. Dabei werden nicht nur die Molekülketten voneinander getrennt, sondern die Ketten werden aufgebrochen und es entstehen die einzelnen Bausteine (Methan, Ethan, Ethen, Benzol). Diese können mit diesem Verfahren getrennt und neu verwendet werden. Zwar muss das verwertete Material weniger gründlich sortiert werden, allerdings ist der Energieaufwand schon deutlich höher.

Die höchsten Temperaturen entstehen beim thermischen Recycling. Hierbei wird der Kunststoff einfach verbrannt und als sogenannter Sekundärrohstoff entsteht Wärmeenergie. Betrachtet man dies aus chemischer Sicht, so werden hier sogar die einzelnen Moleküle gespalten und es entsteht im Wesentlichen CO2. Allerdings können - wie bei Verbrennungen üblich - auch zahlreiche giftige Stoffe entstehen was aufwendige Filteranlagen nötig macht. Ob es sich bei diesem Vorgang noch um eine Wiederverwertung im eigentlichen Wortsinn handelt ist fraglich.

Eine andere Art der Wiederverwertung von PET-Flaschen ist die Weiterverarbeitung zu Kleidung. Der zerkleinerte Kunststoff wird geschmolzen und in Fäden gezogen, die dann zu Fasern verwoben und zu Fleece oder Polyesterfasern verarbeitet werden. Das kalifornische Textilunternehmen Patagonia will so für seine Sportbekleidung seit dem Jahr 1993 zwei Millionen Liter Öl eingespart sowie seinen CO2-Ausstoß drastisch gesenkt haben.

In vielen Ländern stellen Plastikflaschen ein wesentliches Müllproblem dar. Der Deutsche Andreas Froese, gelernter Zimmermann, hat sich etwas einfallen lassen: Er baut aus Plastikflaschen ganze Häuser, denn die Flaschen eignen sich hervorragend als Baumaterial. In Ländern wie Honduras, Kolumbien oder Indien haben Millionen Menschen kein Dach über dem Kopf, doch PET-Flaschen haben sie mehr als genug! Andreas Froese hatte die Idee, die Plastikflaschen mit Erde zu befüllen und als Bausteine zu verwenden. Aufeinandergeschichtet, mit Lehm vermauert und mit einer Schnur verbunden, entstehen so stabile Wände, die sogar einem Erdbeben der Stärke 7 sowie tagelanger Überschwemmung standhalten. Froese sieht die Ursache dieser Standfestigkeit in der nachgiebigen Konstruktion der sogenannten ECO-TEC-Häuser, die Naturgewalten eben besser standhält als billiger, dann meist unflexibler Beton.

Das Projekt „United Bottle“ der beiden deutschen Architekten Dirk Hebel und Jörg Stollmann geht sogar soweit, dass sie speziell entworfene quadratische Flaschen verwenden, die nach dem Baukastenprinzip ineinander gesteckt werden. Neun Flaschen lassen sich zu einer stabilen Einheit verbinden und mit lokal vorhandenen Stoffen wie Sand befüllen. Geringes Gewicht, einfache Montage und kurze Lieferwege ermöglichen diese Wiederverwertung der PET-Flasche ohne größeren energetischen Aufwand. Bleibt die Frage, ob es bei der Fülle an leeren Plastikflaschen weltweit unbedingt notwendig ist, eine neue Form der PET-Flasche zu erfinden.

Doch Plastik hat leider nicht nur Vorteile: Zum einen wird für die Herstellung der immer knapper werdende Rohstoff Erdöl benötigt. Zum anderen ist Plastik nicht biologisch abbaubar – zumindest dauert es lange: Erst nach 450 bis 500 Jahre ist eine PET-Flasche abgebaut. Ganz zu schweigen von den fatalen Folgen für die Tiere, die Plastikteile mit Futter verwechseln und daran elendig zugrunde gehen.

Auch für den Menschen ist PET nicht ungefährlich. In der Kunststoffherstellung kommen als Additive unter anderem Weichmacher vor, wie beispielsweise Bisphenol A. In den letzten Jahren ergaben mehrere Studien deutlich erhöhte Konzentrationen östrogenähnlicher Stoffe in Mineralwasser. Die Belastung bei Plastikflaschen war etwa doppelt so hoch wie bei Glasflaschen. Grund hierfür sind die Weichmacher, die den Hormongehalt im Wasser erhöhen. Auch wenn bis heute laut Ansicht der staatlicher Behörden keine Gefährdung von diesen Substanzen ausgeht, empfehlen Kritiker den Kontakt zwischen Kunststoffen und Lebensmitteln möglichst zu vermeiden.
Bei der Herstellung und Lagerung von PET-Flaschen entsteht außerdem Acetaldehyd, das schädliche Auswirkungen auf die Leber haben kann.

Die Glasflasche hingegen kann weder fremde Substanzen aufnehmen noch abgeben. Das IFEU-Institut hat im Jahr 2009 unter Berücksichtigung der Faktoren CO2-Emmission, Energie- sowie Rohstoffverbrauch eine Gesamtökobilanz errechnet. Daraus hat sich ergeben, dass eine PET-Mehrwegflasche eine geringfügig bessere Ökobilanz ausweist als eine Mehrwegflasche aus Glas. Die PET-Einwegflasche schnitt hingegen um 1/3 schlechter ab als die Mehrweg-Varianten.


Fazit für den ökologisch bewussten Konsumenten: Die PET-Einwegflasche ist eher zu meiden, denn sie ist genauso schlecht wie ihr Ruf – also ökologisch nicht zu vertreten. Die PET-Mehrwegflasche überrascht durch ihre gute Ökobilanz und hat einige Vorteile, bei denen die Glasflasche nicht mithalten kann. Wobei die gesundheitliche Problematik der Plastik-Variante einen fahlen Beigeschmack hinterläßt.

Eine Alternative ist übrigens die gute alte Aluminium-Trinkflasche, mit der sich jahrelang das ausgezeichnete Münchner Leitungswasser genießen läßt!