Der Gelbe Physalis von Pfanner

ID 41471
 
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Jede Woche stellt Radio F.R.E.I. in Zusammenarbeit mit abgespeist.de eine weitere Werbelüge der Nahrungsmittelindustrie vor. Heute: "Gelbe Physalis" von Pfanner
Audio
07:08 min, 10 MB, mp3
mp3, 192 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 10.06.2011 / 06:25

Dateizugriffe: 552

Klassifizierung

Beitragsart: Feature
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Wirtschaft/Soziales
Serie: Aufgetischt - Die Werbelügen
Entstehung

AutorInnen: johannes
Radio: Radio F.R.E.I., Erfurt im www
Produktionsdatum: 10.06.2011
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Der Gelbe Zitrone-Physalis von Pfanner

„Der Gelbe Zitrone-Physalis“ steht groß auf der Packung, darunter prangen zwei Physalis. Ein Getränk aus Gelbem Tee mit Physalis also? Inzwischen schon. Noch im Januar 2010 fand sich im Tee keine Spur echter Physalis, ein Aroma imitierte den Geschmack. Nachdem sich jedoch mehr als 3.000 Verbraucherinnen und Verbraucher direkt beim Hersteller über die Tee-Täuschung beschwert hatten und Pfanner auch noch den 2. Platz bei der Wahl zur dreistesten Werbelüge 2010 belegte, reagierte das Unternehmen. Der Zitrone-Physalis-Tee enthält nun neben Aroma tatsächlich Physalis. Allerdings nur eine winzige Menge. Die exotische Frucht ist nach wie vor nicht mehr als ein Marketinggag.

Pfanners Unternehmens-Leitbild laut Homepage: „Die Kommunikation ist klar und ehrlich zum Vorteil aller Beteiligten. […] Wir sehen Fehler als Herausforderungen, denn sie sind Erfahrungen, die uns helfen, noch besser zu werden. Wir beweisen Mut zur Wahrheit auch in kritischen Situationen.“ Mit der Kommunikation um seinen Physalistee hat das Unternehmen erfolgreich belegt, dass das Leitbild mit der tatsächlichen Unternehmenspolitik nichts zu tun hat.

Foodwatch-Experte Oliver Huizinga erklärt:

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Pfanner weigert sich, den genauen Physalisanteil anzugeben. Und zwar, weil der Fruchtgehalt keine „wertbestimmende“ Rolle spiele. Komisch, dass die Physalis in der Werbung trotzdem allgegenwärtig ist, dem Produkt seinen Namen gibt und der „fruchtige Zitronen-Physalissaft“ angeblich für einen „erfrischend vollmundigen Geschmack“ sorgt. Laut Gesetz muss der Gehalt einer beworbenen oder namengebende Zutat nicht angegeben werden, wenn sie nur in geringer Menge zur Geschmackgebung eingesetzt wird. Gering ist also nicht nur immer noch der Physalisanteil, sondern auch Pfanners Bereitschaft, Verbraucherinnenkritik ernst zu nehmen

Nach dem Protest von Tausenden von Verbraucherinnen und Verbrauchern und dem 2. Platz bei der Wahl zur dreistesten Werbelüge 2010 hat Pfanner sich entschlossen zu reagieren. Was dabei rausgekommen ist? Eine homöopathische Menge Physalis im Tee. Werbegeschwurbel von mythischen Kräuterkelten bleibt uns erspart. Der Zuckergehalt wurde von 47 auf 44 Stück Würfelzucker pro Packung gesenkt. Kurzum: Minimalmaßnahmen statt echter Veränderungen. Offenbar ist das Unternehmen nicht bereit, Verbraucherinnenkritik ernst zu nehmen. Und ein schönes Beispiel dafür, warum Verbraucherinnen und Verbraucher Lebensmittelunternehmen so wenig über den Weg trauen.
Foodwatchexperte Oliver Huizinga erklärt wie das Unternehmen nur scheinbar auf die Kritik reagierte:

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Ein Grund, warum Pfanner seinen aromatisierten Tee im Tetrapack Verbrauchern als „Wellness-Getränk“ unterjubeln will, ist der angeblich niedrige Zuckergehalt. 30% weniger Zucker als herkömmliche Softdrinks enthalte der Wohlfühltrank. Tja, so einfach geht das mit der Wellness, wenn man sich Cola als Messlatte zulegt. Blöd nur, dass in jedem 2-Liter-Tetrapak des doch so zuckerarmen Wellness-Tees trotzdem immer noch 44 Stück Würfelzucker stecken. Die Lebensmittelampel würde Pfanners Wellness-Schwindel sofort enttarnen und beim Zuckergehalt auf Rot springen.

Welche Farbe sollte ein Tee haben, der „Der Gelbe“ heißt? Gelb wäre schon nicht schlecht. Dumm nur, wenn das Getränk, wie in diesem Fall nur zu 15% aus Gelbem Tee besteht. Deshalb findet sich in der Zutatenliste auch Färberdistelextrakt – um „ein zusätzliches Gelb ins Produkt zu bringen“, wie es in der Marketingabteilung von Pfanner heißt. Mehr Gelber Tee wäre auch eine Möglichkeit gewesen. Der ist allerdings ziemlich teuer. Aber wozu in Gelben Tee investieren, wenn man Färberdistel hat...