"Aus neutraler Sicht" von Albert Jörimann - Köln

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Ich bin etwas verwirrt bei der Wahrnehmung und Einschätzung des großen Sylvester-Grabschens, -Betatschens und -Vergewaltigens in Köln und in weiteren Städten Deutschland. Die Meldungen hatten allzu stark den Charakter der Fleischwerdung der Ur-Befürchtung deutscher Männlichkeit: Der Araber sitzt auf die deutsche Frau auf! – Das ist allzu offensichtlich, so etwas kann man zum Vornherein nur unter dem Aspekt der Massenpsychose wahrnehmen, noch bevor man sich mit der tatsächlichen sexuellen Nötigung befasst.
Audio
10:07 min, 23 MB, mp3
mp3, 320 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 12.01.2016 / 11:19

Dateizugriffe: 640

Klassifizierung

Beitragsart: Kommentar
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Wirtschaft/Soziales
Entstehung

AutorInnen: Albert Jörimann
Radio: Radio F.R.E.I., Erfurt im www
Produktionsdatum: 12.01.2016
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Die hat offensichtlich stattgefunden, und zwar über die alltägliche Praxis bei öffentlichen Besäuf­nis­sen hinaus, wobei mir zunächst die Begriffe fehlen. Noch einmal: Ist es tatsächlich auch nur denkbar, dass sich hunderte oder tausende von Maghrebinern und Syrern absprechen, um Frauen zu begrabschen und in einem halben Dutzend Fällen auch zu vergewaltigen? Eine kriminelle Ver­eini­gung mit dem Zweck, deutschen Frauen an den Hintern und an die Brüste zu langen? Das klingt derart absurd, dass der Kopf sämtliche rationalen Alarmsysteme in Betrieb nimmt. Soll das etwa die spezifisch deutsche Form des islamistischen Terrors sein? Nachdem der Islamerer die eige­nen Frauen in Säcke eingepackt hat, reißt er den ungläubigen deutschen Huren die Kleider vom Leib?

Es mag absurd sein, aber die Realität ist nun mal oft absurd, und am absurdesten ist sie sowieso da, wo das öffentliche Bewusstsein das Absurde als normal ansieht, aber das ist ein anderes Kapitel. Jedenfalls steht fest, dass man sexuelle Belästigung, Nötigung und Vergewaltigung unter allen Umständen verfolgen und bestrafen muss, und wenn sie bandenmäßig begangen wird, dann fällt auch noch der letzte Rest des Anstrichs eines Gentlemen’s-Deliktes, mit welchem diese Taten oft beschönigt werden.

Die Frage bleibt trotzdem bestehen: Was treibt diese Saftsäcke an, so etwas wie eine Frauen-Hatz zu veranstalten, so, wie die Neonazis hin und wieder Flüchtlinge oder Antifas hetzen? – Diese In­spi­ration muss irgendwo aus dem Nirwana, also aus einer ganz anderen Religionssparte ge­kom­men sein, und vor allem muss man einfach immer wieder klarstellen, dass es sich offensichtlich um Nordafrikaner und Syrer und andere Jungmänner aus dem Flüchtlingsspektrum gehandelt hat, dass sie aber in keiner Art und Weise für alle Nordafrikaner, Syrer und andere Flüchtlinge stehen, so wenig wie die Hell’s Angels oder die Mongols für alle EinwohnerInnen Hamburgs stehen. Soviel ich sehe, war die deutsche Öffentlichkeit in ihrer Mehrheit auch in der Lage, diese Unterscheidung zu machen, während die Polizeiverantwortlichen in Köln offenbar gerade aus Furcht vor dieser Öffentlichkeit beziehungsweise vor ihrer Unfähigkeit zu differenzieren, die Tatsache lange unter der Decke hielt, dass es sich hier um eine veritable Frauen-Razzia durch einen Araber-Mob handelte. – Und immer wieder, wenn ich das sage, frage ich mich, ob das auch wirklich stimmen kann, mindestens im beschriebenen Ausmaß beziehungsweise in jenem Ausmaß, das die Übergriffe unterdessen in der Öffentlichkeit angenommen haben, gerade wegen der Vertuschungsversuche der Polizei.

Egal. Ich habe Schwierigkeiten, es zu glauben, wie gesagt, weil es auf allen Ebenen absurd er­scheint und weil die negative Erfolgsbilanz mit nicht mal einem halben Dutzend Verge­wal­tigungen auf gefühlte 10'000 Nordafrikaner dann doch etwas mager aussieht, aber es bleibt mir gar nichts anderes übrig, als es zu glauben. Und damit muss ich die Sache einigermaßen auf sich beruhen lassen in dem Sinne, dass Straftaten nicht in meinen Zuständigkeitsbereich fallen, sondern in jenen der Polizei und der Strafverfolgungsbehörden, und noch viel mehr in dem Sinne, dass ich auch zu sexuellen Belästigungen keine weiteren Kommentare abzugeben habe bis auf jenen: Vielleicht besinnen sich die Frauen wieder mal auf den militanten Feminismus? Wenn es tatsächlich so wäre, wie ich dies in ein paar spärlichen Äußerungen in Blogs gelesen habe, dass es sich bei den sexuellen Übergriffen um einen Versuch handelte, die Frauen insgesamt zu bedrohen und unter die Knute zu kriegen, dann wäre der militante Feminismus sicher eine patente Reaktion darauf.

Allerdings glaube ich nicht an diese symbolische Demonstration der Übergriffe, im Gegensatz zum Feminismus, zu dem ich mich als Mann im Übrigen nicht weiter zu äußern habe. Vielmehr glaube ich an die zweite Dimension, nämlich jene der sexuellen Belästigungen als Ablenkungsmanöver für Diebstähle, welche für die Kölner Neujahrsfeier ebenso eindeutig belegt sind wie die ersteren. So oder so erreicht das kollektive Vorgehen in aller Öffentlichkeit eine neue Stufe der Dreistigkeit. Man kann es so sehen, dass sich bei einer kleinen kritischen Masse an Migranten aus dem ara­bi­schen Raum im Laufe der Flüchtlingsdebatte und zusammen mit den unverhohlenen Referenzen der Isla­misten auf die Attentate in Paris und die älteren auf die Zwillingstürme in New York im Jahr 2001 eine gewisse Bewusstseinsebene ausgebildet hat, welche sich gegen all das richtet, was im öffentlichen Diskurs mit «Integration» umschrieben wird.

Sei’s drum. Ich jedenfalls bin ziemlich perplex. Diese Ereignisse und auch ihre Darstellung passen überhaupt nicht in mein Weltbild, aber wenn es sein muss, pinsle ich da halt einfach eine Schicht drüber. Und wie gesagt: Was sexuelle Belästigung, Nötigung und gar Vergewaltigung angeht, wozu es durchaus keiner Nordafrikaner bedarf, so hätte ich gegen eine verschärfte Portion Feminismus nichts einzuwenden. Auf einem viel beachteten Spickzettel vom Kölner Domplatz waren die wichtigsten Begriffe aus dem Vokabular des kleinen Anmachers von Deutsch auf Arabisch übersetzt oder umgekehrt; dieses Fachwörterbuch belegt nicht so sehr die Anmache der Araber, sondern das kriegt man in den einschlägigen Diskotheken jederzeit zu hören, wenn man will. Allerdings ist der Besuch dieser Diskotheken in der Regel freiwillig.

Im Großen und Ganzen scheint sich Europa wirtschaftlich ganz ordentlich zu entwickeln, während die verschiedenen Länder daran sind, die kleinen Völkerwanderungen der Gegenwart auf ihre jeweils eigene Art und Weise zu verdauen, in der Regel mit Schüben von Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit. Dafür geht es in China seit einiger Zeit nicht mehr auf allen Ebenen ungebremst nach oben. Die aktuellen Verluste an den chinesischen Börsen betreffen wohl eher die Vermögensbildung der chinesischen Wohnbevölkerung, wo eine Zäsur überfällig war; das sagt noch nichts aus über die weitere Entwicklung der Finanzindustrie und vor allem nicht in der Wirtschaft. Für die Anlegerpsychologie auf der ganzen Welt bringt der Kursrückgang in China eine dringend erwartete Entspannung, sodass man sich in Bälde an das nächste Börsenhoch machen kann, ihr wisst schon: bis dann bei Gelegenheit wieder mal der Crash kommt, nach welchem man dann wieder so richtig aus dem Vollen schöpfen kann. Auch die Rohstoff- und Energiepreise werden in absehbarer Zukunft wieder anziehen; eine erste Möglichkeit hat der Weltmarkt allerdings verpasst, nämlich anlässlich der Exekution eines schiitischen Geistlichen durch die saudiarabischen Sunniten; das wäre doch eine erstklassige Gelegenheit gewesen, um Krisenszenarien aufzubauen und damit eben den Rohölpreis in die Höhe schnellen zu lassen. Aber es war nichts damit, ein kurzes Zwischenhoch erwies sich als nicht nachhaltig, und somit graben wir verzweifelt in den Geschichtsbüchern und kommen darauf, dass die Bereinigung der Territorialfrage zwischen England und Frankreich vor 800 Jahren ja auch gut 100 Jahre gedauert hat. Und der dreißigjährige Krieg, der hauptsächlich in Deutschland ausgetragen wurde und die Bevölkerung um, was weiß ich, einen Drittel reduzierte, ist gar erst 500 Jahre alt, in zwei Jahren können wir seinen Ausbruch gebührend feiern. Ungefähr mit diesen Perspektiven oder vor diesem Horizont blicken wir gegenwärtig auf den Nahen Osten.

Zwischendurch blicken wir aber auch woanders hin, nämlich auf die Leinwand. Kürzlich habe ich den Film «Le tout nouveau testament» gesehen, auf Deutsch «Das brandneue Testament», in welchem der belgische Komiker Benoît Poelvoorde niemand anderen spielt als den lieben Gott den Allmächtigen, und dieser liebe Gott wohnt beiläufig in einem 4-Zimmer-Appartement in Brüssel. Das kann man von der Anlage her blasphemisch finden oder nicht, ich habe schon andere Filme gesehen, in denen Gott selber die Menschengestalt annimmt, welche er, rückschlüssig aus der Schöpfungsgeschichte, ja auch selber haben müsste. Wenn man sich aber mal damit abgefunden hat, dass Gott in seiner allmächtigen Allmacht durchaus auch die Form von Benoît Poelvoorde annehmen könnte, dann wird der Film außerordentlich lustig; nämlich macht sich die kleine Schwester von Jesus auf, draußen im richtigen Leben eben das brandneue Testament schreiben zu gehen, weil es ihr überhaupt nicht passt, wie ihr Alter da mit der Welt umspringt an seinem großen Computer. So richtig viele Lehren aus der Geschichte kann man nicht ziehen, das Hauptspektakel ist schon der griesgrämige Spießer Poelvoorde beziehungsweise die Tatsache, dass man sich den lieben Gott unter vielen Gestalten vorstellen kann, aber eben nicht ausgerechnet unter Poelvoorde. Als dann Frau Gott das Szepter ergreift, nachdem sie offensichtlich Ewigkeiten lang nur geschwiegen und die Wohnung rein gehalten hat, wird es dann ganz bunt und hippig mit einem Blümchen-Tapeten-Himmel und solchen Sachen, über welche wir richtigen Männer uns dann wieder beschweren würden, wenn es denn so käme, aber darum geht es ja wohl nicht. Das war auf jeden Fall ein sehr schönes Kinoerlebnis. Dagegen hatte ich ein sehr schlechtes Heimkino-Erlebnis, als ich nämlich über die Feiertage beim TV-Zappen mal auf den Film «Robin Hood» von Ridley Scott gestoßen bin, der in seiner unbedarften Machart, den Reihen von historischen Fehlern – unter anderem drücken der kleine Robin Hood und sein Vater ihre Hände in einen frisch gegossenen Zementstein, und dies im 12. Jahrhundert – und der mehr als klischierten Übertreibung von Gut und Böse nur eine Frage aufwirft: Weshalb gibt sich Catherine Blanchett her, in einem solchen Streifen mitzutun? So einen grauslich schlechten Streifen habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Das heißt, gesehen habe ich ihn dann logischerweise erst recht nicht. Dafür ist das Zappen ja da, Gottseidank.

Kommentare
15.01.2016 / 00:18 Dieter, Radio Unerhört Marburg (RUM)
am 15.1. in der Frühschicht zum Wochenende gesendet
Vielen Dank!!