Menschenrechtssituation und politische gefangene Frauen auf den Philippinen

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Seit dem Amtsantritt von Präsident Rodrigo Duterte auf den Philippinen im Juli 2016 wurden über 20'000 Menschen ermordet. Interview mit Christina Palabay, Generalsekretärin von der Philippinischen Menschenrechtsorganisation Karapatan.

200 politische Aktivistinnen und Aktivisten wurden ohne Prozess hingerichtet. Es gab über 2500 illegale Verhaftungen. Über 500 Personen befinden sich nach wie von in Haft. Und fast eine halbe Million Menschen wurden durch Bombardierungen und Militäroperationen vertrieben.
Interview mit Christina Palabay, Generalsekretärin von der Philippinischen Menschenrechtsorganisation Karapatan.
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13:31 min, 19 MB, mp3
mp3, 192 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 01.01.2019 / 19:52

Dateizugriffe: 2113

Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Internationales, Frauen/Lesben, Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: Radio LoRa, Bianca Migliorett
Radio: LoRaZH, Zürich im www
Produktionsdatum: 01.01.2019
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Interview mit Cristina Palabay Secretary General of Karapatan a human rights organisation in the Philippines

M
Christina Palabay, die Generalsekretärin der Philippinischen Menschenrechtsorganisation sagt :
Ü
"Präsident Duterte missachtet alle internationalen Menschenrechtgesetze rigoros"
M
Seit dem Amtsantritt von Präsident Rodrigo Duterte auf den Philippinen im Juli 2016 wurden über 20'000 Menschen in Armenvierteln im Rahmen des sogenannten Kriegs gegen Drogen ermordet. Das Morden geht weiter, diesmal trifft es auch die politische Opposition.
200 politische Aktivistinnen und Aktivisten wurden hingerichtet. Über die Hälfte davon sind Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten. Es gab über 2500 illegale Verhaftungen. Über 500 Personen befinden sich nach wie vor in Haft. Und fast eine halbe Million Menschen wurden durch Bombardierungen und Militäroperationen vertrieben. Dies trifft vor allem die indigene Bevölkerung in Gebieten, wo das Duterte-Regim die natürlichen Resourcen skrupellos durch ausländische Firmen ausbeuten lassen will.

Ich sprach mit Christina Palabay, der Generalsekretärin von der Philippinischen Menschenrechtsorganisation Karapatan über die Menschenrechtssituation, die Politische Gefangene Hedda Calderon und über die Kampagne für die Freilassung von politschen gefangenen Frauen : Free our sisters – free ourselves ! Oder auf Deutsch : Befreien wir unsere Schwestern – Befreien wir uns !

Auf die Frage, wie sie die Menschenrechtssituation auf den Philippinen beschreiben würde, meinte Christina Palabay :
Ü
Es wäre untertrieben die Menschenrechtssituation im dritten Amtsjahr von Präsident Duterte als katastrophal zu bezeichnen. Die Situation ist völlig aus dem Ufer gelaufen und verschlimmert sich schnell in Richtung einer offenen faschistischen Diktatur.
Mit anderen Worten alle Menschenrechtsstandards werden völlig missachtet. Von Rechtsstaatlichkeit kann keine Rede mehr sein. Im Gegenteil, diejenigen an der Macht sind und ihre Verbündeten haben freie Hand und ihre Straftaten werden nicht verfolgt, während die politischen Gegnerinnen und Gegner, insbesondere Menschenrechtsaktivistinnen und die Opfer des sogenannten Kriegs gegen Drogen ihrer Rechte beraubt werden.


Dazu kommt die frauenverachtende und macho Haltung des Regims. Denn die frauenverachtenden Handlungen und Bemerkungen des Präsidenten haben direkte Auswirkungen auf die Frauen an der Basis.
M
Ich bat Christina ein solches Statement des Präsidenten Duterte zu nennen.
Ü
Alle sind schlimm aber das schlimmste für mich war, als er seinen Männern befahl Rebellinnen in die Vagina zu schiessen.
Und das in einem Zeitalter in dem die universellen Menschenrechte seit über 100 Jahren anerkannt sind. Es ist nicht nur absolut sexistisch sondern archaisch, denn man befiehlt seinen Männern nicht wild auf Menschen zu schiessen und geschweige denn ihnen mit sexueller Gewalt zu drohen.

Generell herrscht Unfrieden und Unsicherheit im Land. Dies entgegen aller Wahlversprechen von Duterte. Er versprach Frieden und Rechtsstaatlichkeit, als Rechtfertigung für den Krieg gegen Drogen. Er versprach wirschaftlichen Aufschwung, und rechtfertigte damit die Repression die Rebellen und Rebellinnen. Aber die Wirtschaftzahlen zeigen klar auf, dass nichts davon eingetroffen ist.
M
Ich fragte Christina Palaby von der Menschrechtsorganisation Karapatan auf den Philippinen nach politischen gefangenen Frauen.
Ü
Bei einer der jüngsten illegalen Verhaftung von Menschenrechtsaktivisten und einer Aktivistin wurde Hedda Calderon verhaftet. Sie ist eine Entwicklungsfachfrau und berät seit Jahren Frauenorganisationen, darunter auch die GABRIELA Frauenpartei. Sie wurde im Oktober mit vier Kollegen zusammen verhaftet. Unter ihnen ist ein Friedensaktivist, der die Nationale Demokratische Front bei den Friedensverhandlungen mit der Regierung berät.
Für die Friedensverhandlungen untersuchten die Fünf die sozio-ökonomischen Bedürfnisse der Bevölkerung in einer Provinz ausserhalb von Manila.
Ihre Verhaftung ist ein weiteres Beispiel dafür, wie Regierungskräfte gefälschte Anklagen erheben, indem sie Beweise unterschieben.
Auf einmal tauchten Waffen, Bomben und Granaten wie durch ein Wunder im Auto der Verhafteten auf. Natürlich bestreiten Hedda und die anderen vehement, dass sie Waffen mitgeführt haben. Als politische Aktivistin und Aktivisten leben sie gefährlich und sind unter Beobachtung. Es absolut unmöglich, dass Waffen bei sich hatten.
M
Ich fragte Christina, was Hedda und ihren Kollegen denn genau vorgeworfen wird.
Ü
Sie wurden ohne Haftbefehl verhaftet. Die Anklagen sind absolut absurd, denn mehr als 300 Polizisten und Militärs haben die fünf Personen bei der Verhaftung umzingelt, dabei konnte irgendjemand die Waffen ins Auto gelegt haben.
Die Anklage lautet auf illegalen Besitz von Schusswaffen und Sprengstoff. Dafür gibt es keine Kaution.
Es ist ein weitverbreiteter Trend von Staatsakteuren, Aktivistinnen und Aktivisten wie Hedda und ihre Kollegen Beweise unterzuschieben, wie Waffen, Granaten oder Drogen. So kann die Regierung die Angeklagten für sehr lange Zeit im Gefängnis einsperren und regierungskritische Menschen zum Schweigen zu bringen.
M
Hedda Calderon ist in einem Vorort von Manila im Knast. Christina Palabay hat sie besucht und beschreibt die Situation im Gefängnis folgendermassen.
Ü
Die Situation in den Gefängnissen im ganzen Land hat sich unter Duterte stark verschlimmert, speziell mit dem Krieg gegen Drogen. Die Gefängnisse sind hoffnungslos überfüllt. Mit 3 – 4 mal so vielen Insassen als vorgesehen. In einer kleinen Zelle befinden sich also 20 – 30 Frauen. Bei Hedda sieht es genauso aus. Extrem überfüllte Zellen, schlechte sanitäre Anlagen. Es ist sehr schwierig medizinsche Versorgung zu bekommen. Die Situation der politischen gefangenen Frauen wird also noch verschlimmert durch die Missstände im Gefängnis.
M
Hedda kann nicht auf Kaution aus dem Gefängnis kommen. Wie geht es weiter im ihrem Fall :
Ü
Juristisch fordern ihre Anwälte, dass die Beweise als ungültig erkärt werden. Viel mehr kann im Moment nicht getan werden. Aber es braucht natürlich eine öffentliche Kampagne, um auf die Richter auszu-üben, die Anklagen gegen Hedda und ihre Kollegen fallen zu lassen.

Die Kampagne der Frauenorganisation GABRIELA free our sisters – free ourselves fordert die sofortige Freilassung von Hedda und den 44 anderen politischen gefangenen Frauen auf den Philippinen.
M
Ich wollte von Christina Palabay wissen wie Menschen ausserhalb der Philippinen die Kampagne free our sisters – free ourselves unterstützen können.
Ü
Am wichtigsten sind Protestbrief an die verschiedenen Stellen der Philippinischen Regierung einschliesslich Präsident Duterte und die Gefängnisbehörden. Die E-Mail-Adressen findet ihr auf unserer Webseite www.karapatan.org.
Ganz wichtig ist aber auch, dass ihr über die Regierung in Eurem Land politischen Druck ausübt, indem ihr dem Aussenminister schreibt sowie den Parlamentsabgeordneten, die im Menschenrechtskomitee sitzen, dass sie von der Philippinischen Regierung fordern, politische gefangene Frauen wie Hedda freizulassen und die internationalen Menschenrechtsgesetze zu befolgen. Die Angriffe gegen Menschenrechtsaktivistinen und -aktivisten müssen einfach aufhören.

Ihr könnt uns auch direkt schreiben an karapatan@karapatan.org, wenn z.B. ihr Hilfe braucht beim Verfassen von Protestbriefen und Forderungsschreiben.
M
Briefe und Emails können auch direkt an politische Gefangene wie Hedda Calderon geschickt werden.
Ü
Briefe als moralische Unterstützung für die politischen gefangenen Frauen sind sehr wichtig und höchst willkommen. Ihr könnt die Briefe, an Hedda zum Beispiel, direkt an Karapatan schicken und wir sorgen dafür, dass sie den Frauen im Gefängnis übergeben werden und hoffen, dass sie Antworten können.
M
Soweit Christina Palabay, die Generalsekretärin der Philippinischen Menschenrechtsorganisation Karapatan zur Situation auf den Philippinen und der Kampagne Free our sisters – free ourselves für die Freilassung aller politischen gefangenen Frauen auf den Philippinen.

Wer mehr Informationen zur Kampagne free our sister – free ourselves möchte, findet diese auf der facebook-Seite free our sisters free ourselves. Dort findet ihr weitere politische gefangene Frauen, und Bilder von Hedda Calderon.

Die Adressen für Protestbriefe findet ihr unter www.karapatan.org, wenn ihr dort unter Appeals for action geht, findet ihr am Ende jedes Aufrufs die Adressen von Präsident Duterte und andern Regierungsleuten, an die ihr Protestbriefe schicken könnt.

Wer direkt an Hedda Calderon oder andere politische gefangene Frauen einen Brief schreiben möchte, kann diesen per E-Mail an Karapatan schicken.

Wer Aktivitäten mit Karapatan absprechen möchte, erreicht diese am besten via E-Mail. Hier die E-Mail-Adresse von Karapatan : karapatan@karapatan.org

Das war ein Bericht von Bianca Miglioretto, die Musik ist von Susanne Fernandes Magno.

Kommentare
02.01.2019 / 19:20 Magazin, coloRadio, Dresden
Coloradio03
Danke